Warstein/Hochsauerland. Die Warsteiner Gruppe wird zur Haus Cramer Gruppe. 200 Millionen Euro will das Unternehmen investieren. Die Neuausrichtung ist fast revolutionär.

Warsteiner steht vor allem für Bier, das auch im Hochsauerland gerne getrunken wird. Viele Gastronomen bieten das Bier an, auf etlichen Schützenfesten im HSK wird Warsteiner ausgeschenkt. Auf dem Briloner Schützenfest – einem der größten im Sauerland – wird zum Beispiel Warsteiner Bier gezapft. Jetzt kündigt die Brauerei-Gruppe eine strategische Neuausrichtung an – eine komplette Abkehr vom Bier ist nicht geplant, aber eine Erweiterung der Geschäftsfelder: „Die Haus Cramer Gruppe öffnet sich für neue Geschäftsfelder“, so das Unternehmen. Das Getränkeportfolio soll wachsen, weitere Kooperationen sind geplant. Dienstleistungen, auch für Fremdfirmen, zum Beispiel im Bereich der Logistik sind geplant. Dafür kündigt die Warsteiner Brauerei-Gruppe kräftige Investitionen an: In den nächsten zwei Jahren sollen rund 200 Millionen Euro in das Geschäft und in die Neuausrichtung fließen.

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Aus Warsteiner Gruppe wird Haus Cramer Gruppe

Mit dem Prozess verbunden ist eine Umstrukturierung der inhabergeführten Privatbrauerei. Das Unternehmen agiert ab sofort als Haus Cramer Gruppe. „Das Geschäft wird zukünftig mehr als die Herstellung und den Vertrieb von Biermarken beinhalten. Der unternehmerische Fokus wird zur Portfolioabrundung auf weitere Getränkesorten ausgeweitet. Er umfasst Kooperationen mit anderen starken Marken und zielt auf eine noch höhere Auslastung der eigenen Braustätten sowie eine weitere Stärkung des Auslandsgeschäfts ab. Daneben bietet die Gruppe unterschiedliche Dienstleistungen – auch für Fremdfirmen – an“, heißt es in einer Mitteilung.

Bierkästen in der Flaschenabfüllung der Warsteiner Brauerei: „Das Geschäft wird zukünftig mehr als die Herstellung und den Vertrieb von Biermarken beinhalten.“
Bierkästen in der Flaschenabfüllung der Warsteiner Brauerei: „Das Geschäft wird zukünftig mehr als die Herstellung und den Vertrieb von Biermarken beinhalten.“ © dpa | Hubertus Struchholz Fotografie

Investitionen in vielversprechende Start-ups

Des Weiteren würden Investitionen in vielversprechende Start-ups geprüft und Kooperationen mit anderen Firmen zur Hebung von Synergien eingeleitet.„Wir verstehen uns künftig nicht mehr als reine Bier-Company, sondern öffnen uns für alle Geschäftsbereiche, die in der Gastronomie und vom Konsumenten benötigt werden“, sagt Helmut Hörz, CEO & CFO sowie Vorsitzender der Geschäftsführung der Haus Cramer Gruppe. „Damit werden wir für unsere Partner in der Gastronomie, aber auch für unsere Endkunden noch einmal attraktiver. Wir möchten den Menschen über den ganzen Tag hinweg mit Getränkelösungen begleiten.“

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Die neue Unternehmensstruktur basiere künftig auf den Säulen Produktion, Beteiligungen, Supply Chain, Marketing & Vertrieb, Shared Services sowie Marken & Lizenzen. Darüber hinaus beabsichtige die Haus Cramer Gruppe, in den nächsten zwei Jahren rund 200 Millionen Euro in neue Mitarbeiter, die Marken, eine zukunftsweisende IT-Infrastruktur sowie in Maschinen und Beton zu investieren. Der Grundstein für die strategische Neuausrichtung sei bereits in den zurückliegenden Wochen und Monaten gelegt worden.

Die Details der Neuausrichtung

Produktion: Für die Zukunft ist es geplant, das Kerngeschäft der Haus Cramer Gruppe, die Produktion von alkoholhaltigen und alkoholfreien Getränken, zusammenzufassen und alle Betriebsstätten unter diesem Dach zu vereinen.

Beteiligungen: Hier wird das Beteiligungsgeschäft gebündelt. Die Haus Cramer Gruppe erwarb unter anderem Ende des letzten Jahres eine Minderheitsbeteiligung an der irischen Rye River Brewing Company, einer Brauerei für Spezialitätenbiere mit Sitz in Dublin. Damit wurde das Angebot für Handel und Gastronomie weiter ausgebaut. Ende des Jahres beteiligte sich die Haus Cramer Gruppe zum Beispiel an dem deutschen Getränke-Start-up hye, das sogenanntes Flavoured Functional Water in vier Sorten anbietet. Diese innovativen Getränke stellen eine vielversprechende und wachsende Kategorie im Lebensmittelmarkt dar. Weitere Beteiligungen werden folgen.

Supply Chain: Zu dem Geschäftsbereich Supply Chain zählt die im September 2021 gegründete BOXX Intermodal Logistics, die anderen Unternehmen Transportleistungen vom eigenen Gleisanschluss in Warstein bis München, Berlin, Hamburg oder Verona mit Zügen der Westfälischen Landes-Eisenbahn (WLE) und in Kooperation mit DB Cargo bietet. Damit wird der Containerumschlagplatz am Standort Warstein auch für branchenfremde Kunden interessant, die nach versorgungssicheren Transportalternativen suchen.

Absatzorganisation rund um den Vertrieb und das Marketing aller Getränke: Das Geschäft hat sich zuletzt äußerst positiv entwickelt und ist wesentlich stärker als der Markt gewachsen, so die Haus Cramer Gruppe. „Um den Aufwärtstrend weiter zu forcieren, wird unter anderem die Marke Warsteiner einer Neupositionierung unterzogen, die auch in einer völlig neuen Werbekampagne sichtbar wird.“ Seit Juni vergangenen Jahres vertreibt die Haus Cramer Gruppe in Deutschland bereits das spanische Bier Estrella Galicia, das durch die Netflix-Serie „Haus des Geldes“ international berühmt wurde. Im August kam der Gastronomievertrieb für den Berliner Brauer BrewDog hinzu, womit das Portfolio im Inland um weitere Bierspezialitäten ergänzt werden konnte. Die H. C. Drinks Solutions GmbH wurde Anfang Februar dieses Jahres gegründet. Die Tochtergesellschaft wird anderen Getränkeunternehmen ein umfassendes End-to-End-Dienstleistungsangebot von der Abfüllung bis hin zum Transport bieten. Erste Kunden sind bereits für das neue Unternehmen gewonnen worden. Um wen es sich handelt verrät die Haus Cramer Gruppe noch nicht. „Ab Februar bezieht bereits ein namhafter ausländischer Lebensmitteleinzelhändler eine Auswahl seiner Produkte aus dem nordrhein-westfälischen Warstein.“

Shared Services: Nach erfolgter Kartellfreigabe bündeln die Getränke-Gruppe und der Karlsberg Getränke Verbund ihre Kräfte und gründen eine gemeinsame, selbstständige Einkaufsgesellschaft. Hier stehen die optimale Versorgung der Kunden sowie verbesserte Einkaufs- und Lieferkonditionen im Mittelpunkt.

Marken & Lizenzen: Für die Marken- und Lizenzrechte der Haus Cramer Gruppe ist ebenso eine eigene Gesellschaft geplant. Das soll insbesondere Brauereien im Ausland effizienter die Möglichkeit bieten, Biersorten der Gruppe in Lizenz zu brauen und so die Internationalisierung der Marke weiter voranzutreiben.

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„Die Haus Cramer Gruppe befindet sich erst am Anfang einer weiten Reise“, sagt Helmut Hörz. „Verglichen mit einem Marathon würde ich sagen: Wir haben gerade die ersten Kilometer zurückgelegt und freuen uns jetzt schon sehr auf die nächsten Schritte.“