Hochsauerland/Winterberg. Bieralarm im Sauerland. Die Kosten fürs Brauen steigen. Steigt nun auch der Preis für Biertrinker? Das sagen Bierbrauer und ziehen eine Bilanz.

Mit ihren Schlagzeilen will die Bild-Zeitung viele Bier-Trinker in Panik versetzen. So warnt das Boulevardblatt vor Preisen bis 7,50 Euro pro 0,5 Liter und stellt sogar die Frage, ob ein Joint demnächst günstiger ist als ein Bier. Droht auch ein „Bieralarm in Sauerland“?

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Bierkästen in der Flaschenabfüllung der Warsteiner Brauerei.
Bierkästen in der Flaschenabfüllung der Warsteiner Brauerei. © dpa | Hubertus Struchholz Fotografie

.„Die aktuellen Horrormeldungen zu eklatant steigenden Bierpreisen sind für uns durchaus nachvollziehbar, betreffen uns aber nur zweitrangig“, sagt der Chef des Hallenberger Brauhofs Valentin Schöttke. Natürlich seien auch die Hallenberger, wie alle anderen Brauereien, von den teils drastischen Preissteigerungen betroffen, konnten vieles aber durch „vorausschauende Bestellungen und Gespräche mit den Lieferanten“ abfedern. „Gerade im Bereich Gläser und Flaschen sind wir nur so vor der Katastrophe bewahrt geblieben“, sagt Schöttke. Da seien schon einige Schweißperlen geflossen und teils ewig lange Telefonate mit Zulieferern geführt worden. Nur bei einzelnen Geschenkartikeln seien die Kosten so explodiert, dass man nun die Preise dafür anpassen müssen. Die Biere blieben vorerst im Preis gleich. Wie die Entwicklung für die nächsten Jahre aussieht, lasse sich aktuell allerdings nicht abschätzen. „Dass das Thema Bierpreis in Deutschland besonders sensibel ist, ist weitläufig bekannt. Gegen die Halbe für acht Euro können auch wir leider nichts tun“, sag Schöttke.

Die kleine Hallenberger Brauerei wird die Bierpreise erst einmal  nicht weiter erhöhen erhöhen.
Die kleine Hallenberger Brauerei wird die Bierpreise erst einmal nicht weiter erhöhen erhöhen. © WP | Brauerei

Steigende Kosten bei Energie und Personal seien für Gastronomen zu diesen Zeiten natürlich ein riesiges Thema und irgendwo müssten die Kosten auch umgelegt werden. In Hallenberg würden solche Schritte aber noch nicht anstehen. „Wir wollen ja auch, dass die Gäste sich das zweite Glas Bier noch gerne gönnen und nicht schon während des Trinkens den Kontostand kontrollieren müssen“, beruhigt der Bierbrauer. Insgesamt sei man passend dazu mit der Bilanz des vergangenen Jahres zufrieden. Auch wenn der Beginn des Jahres noch stark durch Corona und damit verbundene Einschränkungen bei den Besucherführungen geprägt war, haben man ab Mai durch viele kleinere Feste wieder einiges aufholen können. “Viele unserer Gäste hatten nach der langen Zeit strikter Einschränkungen sichtlich das Bedürfnis nach sozialem Austauschund haben unsere Angebote dankend angenommen“, sagt Schöttke. Insgesamt haben man ein solides Absatzplus erwirtschaften können, welches man in diesem Jahr stabilisieren und ausbauen möchte.

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Vor allem der Verkauf von Fassbier - sowohl an Gastronomen als auch Privatpersonen- sei für die Hallenberger ein großer Markt den man aktuell erschließe. Da man nicht über die Kapazität verfügen, um große Schützenfeste zu beliefern, bliebe den Hallenbergern vor allem kleinere Veranstaltungen wie das ‘’Masters of the Unicorn’’-Festival in Burgwald/Ernsthausen oder die eigenen Hoffeste um größere Mengen Bier zu verkaufen. „Die großen Ereignisse wie Wok oder Fußball WM bleiben uns so leider vorenthalten. Gegen die großen Sauer- und Siegerländer Brauereien kommen wir einfach nicht an, aber das müssen wir als Mikro-Brauerei auch nicht“, sagt er. Schon ein Schützenfest in kleineren Ortschaften wie Hallenberg würde innerhalb von Tagen die Monatsproduktion aufbrauchen. „Das wäre natürlich ein Traum für uns, aber ein Alptraum für uns treue Kunden“, sagt Schöttke.

Schichtleiter Alexander Schaff prüft eine Bierflasche der Marke Veltins am Transportband der neuen Abfüllanlage.
Schichtleiter Alexander Schaff prüft eine Bierflasche der Marke Veltins am Transportband der neuen Abfüllanlage. © dpa | David Inderlied

„Für einen „Bier-Alarm im Sauerland“ gibt es nun wirklich keinen Grund“, teilt der Pressesprecher von Veltins, Ulrich Biene, mit. In der Traditionsregion von Veltins fänden Gäste in der Gastronomie und Markenfreunde im Handel eine absolut bodenständige Preisstellung vor. Die Aktionspreise, die der Handel macht, lägen trotz Preiserhöhung nur geringfügig über den DM-Preisen vor 20 Jahren. Eine rasante Preissteigerung wie bei Milchprodukten lasse sich im heimischen Biersortiment nicht beobachten. „Bierbrauen war tatsächlich noch nie so teuer wie heute. Angesichts der Kostenexplosion in den zurückliegenden elf Monaten kommen wir dennoch nicht um eine Weitergabe der Kosten umhin, haben die Preisanpassung aber sehr moderat gestaltet“, sagt Biene. Fest steht, dass Veltins nicht alle Kostensteigerungen weitergeben will und stattdessen zusätzliche Sparmaßnahmen ergreift. „Wir wollen, dass die Menschen im Sauerland weiterhin Spaß an ihrem Bier haben – und das sowohl zu Hause als auch in der Gastronomie“, so der Pressesprecher.

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Die Brauerei habe 2022 so viel Bier gebraut wie nie zuvor. Innerhalb der drei Krisenjahre konnte die Brauerei um zehn Prozent wachsen. Seit der Jahrtausendwende legte der Ausstoß damit um rund eine Million Hektoliter (+42 %) zu. Das sei ein Plus von 42 Prozent.„Die Schützenfeste des vergangenen Sommers waren ein Selbstläufer! In einigen Orten bewegten sich die Fassbierabsätze noch über Vor-Pandemie-Niveau“, sagt Biene. Tatsächlich bedeute jedes Glas frisch gezapft Veltins auch „intensive und sympathische Kommunikation“ mit Nachbarn und Freunden. Vor diesem Hintergrund sei der Bierabsatz so etwas wie der Seismograph für die zurückkommende Normalität im Ausklingen der Pandemie. „Die Fußball-WM war hingegen auf ganzer Linie ein Flopp - für die Brauwirtschaft ebenso wie für die deutsche Mannschaft. Wo kein Sieg, da kein Jubel und kein Anstoßen. Zumal der Advent die wohl unglücklichste Zeit zum Fußball-Rudelgucken war“, so Biene.

Der Wegbierkiosk in Winterberg.
Der Wegbierkiosk in Winterberg. © WP | Benedikt Schülter

Sven Weisbrich vertreibt als Geschäftsführer und Gründer der Frankfurter Brauunion seine eigene Biermarke. Seit Ende 2021 betreibt er außerdem den Wegbierkiosk in der Schneilstraße in Winterberg und beliefert teilweise auch Winterberger Gastronomen und Händler. „Wir konnten auch im vergangenen Jahr einen deutlichen Zuwachs im Bierabsatz erzielen und sind zufrieden mit dem Ergebnis. Maßgeblich dafür waren die Lockerungen und die starke Outdoorsaison, die in den Jahren davor ausgeblieben war“, teilt der Geschäftsführer mit. Die Landkarte seine Produkte, allen voran das FXXXXFXXXXR HELLES, werde jeden Tag größer. Vor allem in Hotels und Restaurants, auf großen Events und Messen, über Lieferdienste und online haben man den stärksten Zuwachs verzeichnet.

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Winterberg sei für das Frankfurter Unternehmen weiterhin eine Herzensangelegenheit. „Wir haben gelernt, dass die Besuche in der direkten Umgebung stark von den Anlässen abhängig sind. Events wie die Wok WM oder das Dirtmasters Festival sind neben dem Winterbetrieb besonders wichtig für die Besuche im Wegbierkios am Berg“, sagt er. Sogar in den schneearmen Wochen direkt nach Weihnachten und zum Jahreswechsel sei die Schirmbar gut besucht gewesen. Mit dem Ergebnis in Winterberg sei man schlussendlich zufrieden. Zu den großen Events und in der Ferienzeit werde der Wegbierkiosk öffnen. Zusätzlich stehe dieser als Miet-Location für Unternehmen und private Gruppe zur Verfügung.

Auch die Warsteiner Brauerei hat das Jahr 2022 positiv abgeschlossen. Insgesamt stieg der Absatz um 9,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mit diesem deutlichen Plus entwickelte sich das Geschäft der inhabergeführten Privatbrauerei, laut Pressemeldung sogar wesentlich stärker als der Markt, der deutschlandweit zuletzt um 4,7 Prozent gewachsen ist. Im Handel konnte die Marke Warsteiner ihren Marktanteil ausbauen, während das Geschäft hier branchenweit um 4,6 Prozent schrumpfte. Gut entwickelte sich zudem der Gastronomiebereich des Familienunternehmens. Nicht nur die Zahl der Gastronomiepartner wuchs im vergangenen Jahr. Auch der Bierabsatz stieg in dieser Sparte überproportional. „Wir hatten eine ganz tolle Gastronomiesaison. Man hat einfach gemerkt, dass nach dem Ende der Coronarestriktionen die Menschen wieder in die Restaurants und Gaststätten gegangen sind“, sagt die Pressesprecherin von Warsteiner Simone Lápossy.