Alme. Ein Protest vor der Kirche in Brilon-Alme führt zu einem Polizeieinsatz. Worum es dabei geht und weshalb die Polizei nun ermittelt.
„Wir sind hier und wir sind laut, weil man uns die Orgel klaut“, so machte eine Gruppe Almer am Montagmorgen ihrem Unmut Luft über den anstehenden Abtransport ihrer Orgel. Gleichzeitig richtete sich die spontane Protestaktion auch gegen den geplanten Abriss des 1965 an die alte Kirche angebauten Gebäudeteils. Auch die Polizei war vor Ort.
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Türschlösser mit Kleber verschmiert
Gründe für den Polizei-Einsatz gab es mehrere: Offenbar waren in der Nacht zu Montag sämtliche Türschlösser der Ludgerus-Kirche zugeklebt worden, so dass nun wegen Sachbeschädigung ermittelt wird. Erkenntnisse zu Tätern lagen der Polizei gestern allerdings noch nicht vor. Polizei-Pressesprecherin Laura Burmann teilte auf Anfrage der WP mit, dass es sich bei der Protest-Veranstaltung um eine „unangemeldete Versammlung“ handele - auch deshalb sei die Polizei vor Ort gewesen. Darüber hinaus werde wegen Urkundenfälschung ermittelt, da eine Veränderung an einem Kfz-Kennzeichen festgestellt worden sei. Der Polizei-Einsatz wurde gegen 13 Uhr beendet.
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Orgel-Abbau zunächst verschoben
Nach längerer, teils emotional sehr aufgeheizter Diskussion, ist die Firma, die die Orgel abbauen und nach Polen bringen sollte, am Montag schließlich unverrichteter Dinge wieder abgefahren. Wie es jetzt weiter geht, ist noch unklar.
Vor Ort hatte Friedhelm Ebers argumentiert: „Wir sind erst am Wochenende darüber informiert worden, dass die Orgel heute schon abgebaut wird. Wir alle hier finden das respektlos. Wir verstehen das nicht. Wir wollen unsere Kirche behalten und fühlen uns schon die ganze Zeit total schlecht informiert.“
Und Doris Seifert ergänzt: „Wir sind total enttäuscht, wie das hier abläuft. Wir sind nicht mitgenommen worden und fühlen uns richtig vor den Kopf gestoßen.“ Auch Winfried Kühn nimmt an dem Protest teil: „Bevor man abreißt, sollte man über Alternativen nachdenken. Die hätte es hier gegeben. Ein Abriss ist das Letzte, was man macht“, sagt der Zimmermeister und verweist darauf, dass vor Jahren viele Almer Geld gespendet hätten, um den Anbau zu ermöglichen. Es könne doch nicht sein, dass das jetzt alles nicht mehr wichtig sei.
Pastor Tobias Kiene erklärte am Montag vor Ort: „Ich verstehe, dass die Menschen hier emotional sehr angefasst sind, aber man muss auch sagen: Alle, die es wissen wollten, konnten es wissen.“
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Das sagt der Kirchenvorstand
Heftig verbal angegangen wurde vor Ort Kirchenvorstands-Vorsitzender Franz-Josef Sürig. Im Gespräch mit der WP machte er deutlich, dass der Rückbau aus finanziellen Gründen und auch aufgrund von Gebäudemängeln notwendig sei. Die Almer Kirche sei zu groß, die Besucherzahlen zu gering. Zurzeit finden in dem Gotteshaus mehr als 360 Kirchgänger Platz; in der auf den denkmalgeschützten alten Teil reduzierten Kirche soll es künftig noch rund 100 Sitzplätze geben.
Mit dem Rückbau könne die große Orgel, die zudem renovierungsbedürftig sei, nicht mehr untergebracht werden. „Wir bekommen durch die Maßnahme eine durchmodernisierte, zukunftsfähige Kirche“, so Franz Josef Sürig. Die gesamt Rückbau-Maßnahme inklusive Sanierung des alten Kirchenteils soll insgesamt rund 2,5 Mio. Euro Euro kosten; ca. 80 Prozent trägt das Erzbistum.
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Propst: „Abriss steht fest“
Der Briloner Propst Dr. Reinhard Richter erklärt auf Anfrage der WP, dass Rückbau-Pläne für die Almer Kirche schon sehr lange ein Thema seien. Es habe dazu immer wieder seit 2012 auch öffentliche Informationen, Sitzungen und Gespräche gegeben. Deshalb könne er nicht nachvollziehen, wenn jetzt kritisiert werde, dass das Verfahren nicht transparent gewesen sei. Dr. Richter macht auch klar: „Der Abriss steht fest. Es gibt einen entsprechenden Beschluss des Kirchenvorstandes und des Erzbischöflichen Generalvikariats.“ Ein genauer Termin zum Rückbau könne derzeit noch nicht festgelegt werden. Als Gründe für den geplanten Rückbau nennt Dr. Richter erhebliche Baumängel, die sehr hohen Energiekosten und den Rückgang der Gemeindemitglieder. Er verweist darauf, dass im Zuge des Immobilien-Konzeptes des Erzbistums alle kirchlichen Gebäude auf dem Prüfstand stehen. „Das betrifft nicht nur Alme, sondern das wird auch noch in anderen Gemeinden Folgen haben.“
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Kirche bleibt vorerst geschlossen
Wenig Verständnis habe er dafür, wenn nun die Beschlüsse eines demokratisch gewählten Gremiums wie des Kirchenvorstandes in Frage gestellt würden. „Wenn nur sehr wenige an der Wahl teilnehmen, kann man sich hinterher nicht beschweren, wenn Beschlüsse gefasst werden, die einem nicht gefallen. Dann sollte man sich selbst zur Wahl stellen oder zumindest bei der Wahl seine Stimme abgegeben“, so Dr. Reinhard Richter. Noch weniger Verständnis habe er für Aktionen wie das Zukleben der Schlösser in den Kirchentüren. Er sagt: „Das ist Sachbeschädigung, die erhebliche Kosten mit sich führt. Die Folge ist, dass die Kirche in Alme bis auf Weiteres geschlossen bleibt und auch keine Gottesdienste stattfinden können. Ich bin zutiefst erschrocken, dass so etwas in Alme passiert, wo es doch auch viele Stimmen in Alme gibt, die großes Verständnis für die bauliche Veränderung in der Kirche zeigen.“