Marsberg. Viel Kritik prasselt auf die Grundsteuerreform ein. Zu schwierig, zu komplex, zu arbeitsintensiv. Dieser Marsberger sieht das ganz anders.
Viel Kritik gab es in den letzten Monaten an der Grundsteuer. „Zu schwierig, zu komplex, zu arbeitsintensiv“ sind nur einige der Vorwürfe an das neue Gesetz, das als Reaktion auf ein Urteil des Bundesverfassungsgericht (BVG) zurückgeht. Andere befürchten, sie müssten in Zukunft deutlich höhere Beiträge bezahlen und legen fürsorglich Einspruch gegen den neuen Grundsteuerwertbescheid ein. Auch der Bund der Steuerzahler oder Haus und Grund reihen sich bei den Kritikern ein und wollen gegen die Grundsteuerreform klagen. Vornehmlich in den Bundesländern, die bei der Reform vom Bundesmodell abweichen. Die Frist zur Einreichung der erforderlichen Unterlagen wurde mittlerweile bis Ende Januar verlängert. Die Einführung der neuen Grundsteuerberechnung in den Gemeinden/Kommunen ist für 2025 gesetzlich vorgesehen.
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Hilfe vom Finanzamt
„Im Finanzamt Brilon wurden bisher 19.100 Erklärungen abgegeben, rund 38 Prozent.“, erklärt Wilfried Apitz, Leiter des Finanzamts Brilon. „Wir appellieren an alle Eigentümerinnen und Eigentümer, die ihre Feststellungserklärung noch nicht abgegeben haben, dies jetzt zu tun. Die Abgabefrist endet am 31. Januar 2023.“
Informationen zum Ablauf nach Abgabe der Feststellungserklärung und zum Inhalt der einzelnen Bescheide stehen auf www.grundsteuer.nrw.de zur Verfügung.
Unterstützungsangebote der Finanzverwaltung: Die digitale Info-Plattform der Finanzverwaltung www.grundsteuer.nrw.de unterstützt Eigentümerinnen und Eigentümer bei der Erstellung der Feststellungserklärung. Grundsteuer-Hotline
Für individuelle Rückfragen zur Grundsteuerreform ist das Finanzamt Brilon unter 02961/788-1959 (Mo.-Fr. 9 bis 18 Uhr) erreichbar.
Die Abgabe der Feststellungserklärung ist über das Online-Finanzamt ELSTER unter www.elster.de möglich.
Gut zu wissen: Die Abgabe der Feststellungserklärung kann auch über den ELSTER-Zugang von nahen Angehörigen erfolgen.
Reform ist sinnvoll
Einer, der nicht zu den Kritikern gehört, ist Franz-Josef Schmelter, Finanzbeamter a.D. und nebenberuflicher Steuerberater aus Marsberg: „Bisher habe ich in den Medien überwiegend nur negative Mitteilungen oder Informationen zu der Grundsteuerreform zur Kenntnis genommen“, findet Schmelter, der den in NRW verarbeiteten Vorschlag zum „Bundesmodell“ für sinnvoll und zielführend zur Umsetzung des Auftrags aus dem Urteil des BVG hält. Es sei nun endlich an der Zeit gewesen die Grundsteuer grundlegend zu reformieren: „Aktuell wird die Grundsteuer anhand eines Einheitswertes berechnet, der in den alten Bundesländern auf 1964 zurückgeht; in den neuen Bundesländern werden sogar Werte von 1935 zur Berechnung herangezogen“.
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Immobilien im Wert gestiegen
Dadurch liege der heutige Verkehrswert meist höher als der Einheitswert: „Immobilien sind in den letzten Jahren beachtlich im Wert gestiegen“, weiß Schmelter, der selbst Hauseigentümer ist. Heute ist sein Haus fast doppelt so viel wert, wie zum Kaufzeitpunkt: „Diese Wertsteigerung muss man doch in die Berechnung mit einbeziehen“, sagt Schmelter. Im Ergebnis habe sich dadurch die festgesetzte Grundsteuer vom tatsächlichen Wert des Grundstücks oder der Immobilie entkoppelt.
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Die Kritik am Online-Portal Elster, das für die Übermittlung der Daten benötigt wird, hält er für überzogen: „Die einmalige Überlastung des ELSTER-Programms ist insgesamt als Einrichtungsmissgeschick verschmerzbar. Danach lief das Programm zuverlässig und einfach“, so sein Eindruck.
Es geht auch um Gerechtigkeit
Durch die neue Berechnungsgrundlage im Bundesmodell werde auch Gerechtigkeit hergestellt: „Es wird künftig ein Unterschied sein, ob ein Haus oder eine Wohnung in einer begehrten oder weniger gefragten Lage steht oder auch, ob ein Gewerbebetrieb in einer strukturschwachen Region angesiedelt ist oder in einer Großstadt“, weist Schmelter auf den neuen Aspekt hin. Auch das Gebäudealter sowie die Wohnfläche werden in die Bewertung miteinbezogen. Obwohl aus den Bescheiden über die Feststellung des Grundsteuerwerts und des Grundsteuermessbetrags bisher nicht hervorgeht, wie viele Abgaben ein Hauseigentümer zukünftig zahlen müsse -- für die Festlegung des Hebesatzes sind die Städte zuständig -- hält er „fürsorgliche“ Einsprüche gegen den Feststellungsbescheid für nicht zielführend, da sie die Finanzämter belasteten und am Ende auch nur in den seltensten Fällen überhaupt eine substanzielle Entlastung brächten: „Wir reden hier über ein- bis zweistellige Beträge bei der Zahllast der Grundsteuer, wenn überhaupt“, so beschreibt Schmelter die möglichen Steigerungen für Hausbesitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern anhand seiner bearbeiteten Fälle. Tatsächlich werden nach seiner Erfahrung die meisten Grundbesitzer aber weniger zahlen als bisher, zumindest bei gleichbleibendem Hebesatz aus 2022.
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Kommunen müssen Hebesätze anpassen
Problematisch könnten sinkende Einnahmen für die Kommunen werden. Die Grundsteuer ist eine der wenigen Abgaben, die direkt in den städtischen Haushalt fließt. Insgesamt 15 Milliarden haben die Kommunen in Deutschland eingenommen.
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Eine kleine Stadt wie Medebach geht in ihrem aktuellen Haushalt bei der Grundsteuer B von Einnahmen in Höhe von 1,42 Millionen Euro aus, in Olsberg sind es 2,5 Millionen. In Brilon sind es schon rund 4,9 Millionen Euro. Die Summe berechnet sich nach dem durch das Finanzamt festgelegten Einheitswert und dem von der Kommune festgesetzten Hebesatz. Der liegt am Beispiel Medebach bei 490 Punkten, in Brilon bei 480 und in Olsberg 520 Prozent. Damit Grundbesitzer in Zukunft nicht höher besteuert werden, müssen die Kommunen allerdings ihre Hebesätze anpassen. Möglich wäre aber auch, dass die Städte und Gemeinden den Hebesatz weiter erhöhen, sollten die Einnahmen aus der Grundsteuer nicht den Erwartungen entsprechen. Durch diese politisch vorgesehene Aufkommensneutralität kann es im Einzelfall zu Erhöhungen oder Minderungen kommen.