Brilon. Maßnahmen gegen den Hausärztemangel im ländlichen Raum gibt es schon seit einigen Jahren. Die Stadt Brilon geht jetzt einen neuen Weg.

In Brilon droht eine Unterversorgung mit Hausärzten. Die Stadt und auch die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen Lippe haben den Ärztemangel bereits seit einigen Jahren auf dem Schirm. Doch trotz Förderprogrammen und aktiver Suche nach Hausärzten, die sich in Brilon ansiedeln möchten, sieht die Situation aktuell nicht gut aus: Im Bereich der Städte Brilon und Olsberg liegt der Versorgungsgrad nur bei 76,1 Prozent. Sinkt der Wert unter 75 Prozent, spricht man von einer Unterversorgung. Um das zu verhindern, hat die Stadt nun eine finanzielle Förderung für die Ansiedlung von Hausärzten auf den Weg gebracht.

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Nachfolgersuche schwierig

„Wir sehen dringenden Handlungsbedarf. Aus vielen Gesprächen weiß ich, dass die Bürger und Bürgerinnen besorgt sind. Sie berichten, dass es in einigen Praxen Aufnahmestopps gibt, so dass es schwierig ist, nach Schließung einer Praxis einen neuen Hausarzt bzw. eine neue Hausärztin zu finden“, erklärt Bürgermeister Dr. Christof Bartsch. Die Ärzte und Ärztinnen wiederum würden berichten, wie schwierig es sei, Unterstützung für ihre Praxen oder einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin zu finden, wenn dies aus Altersgründen ansteht.

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Viele Hausärzte sind bereits älter als 60 Jahre

Aktuell gibt es im Bereich der Städte Brilon und Olsberg 8,5 freie Arztsitze. Die KVWL teilte auf Anfrage der WP mit, dass durch zwei überraschende Todesfälle in Brilon kurzfristig eine Lücke entstanden sei, die trotz aller Kraftanstrengungen bisher nicht geschlossen werden konnte. Verschärfend kommt hinzu, dass im Bereich Brilon/Olsberg derzeit etwa 45 Prozent der Hausärztinnen und Hausärzte älter als 60 Jahre als sind. Zum Vergleich: In Westfalen-Lippe insgesamt sind es im Moment rund 40 Prozent der Allgemeinmedizinerinnen und –mediziner. Und nach Angaben der Stadt steht in Brilon seit Ende Juni eine Praxis leer und zwei weitere Hausärzte suchen aktiv eine Nachfolge zur Praxisübernahme 2023.

KommaufsLand.Arzt-Projekt

Die KVWL erklärt, dass seit Jahren intensive Bemühungen laufen, die hausärztliche Versorgungslage zu verbessern. Auch Bürgermeister Dr. Christof Bartsch betont, die Stadt habe diese Entwicklung bereits vor einigen Jahren erkannt und durch verschiedene Maßnahmen versucht, diesem Trend entgegenzuwirken, so der Briloner Bürgermeister. Auch aus diesem Grund habe man zum Beispiel das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) gegründet. Von den 2,5 Arztsitzen seien 1,5 der Allgemeinmedizin und eine Stelle der Unfallchirurgie zugeordnet. Auch das vor einigen Jahren gestartete „KommaufsLand.Arzt“-Projekt sei eine Maßnahme, um Mediziner für die Ansiedlung auf dem Land zu gewinnen. Bisher habe man bereits fünf Interessenten gehabt, mit denen die Stadt bezüglich einer möglichen Niederlassung ins Gespräch gekommen sei - einer davon praktiziere inzwischen in Brilon.

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Finanziellen Anreiz schaffen

Das „KommaufsLand.Arzt“-Projekt ist ein Kooperationsprojekt mit den Städten Olsberg, Medebach und Winterberg. Es wirbt um Mediziner und macht deutlich, dass das Sauerland „ein idealer Ort ist, um Leben, Freizeit und Arbeit zu verbinden“, so Dr. Bartsch. „Work-Life-Balance“ sei diesbezüglich ein wichtiges Stichwort. In Gesprächen mit potenziellen Interessenten sei deutlich geworden, dass solche weichen Faktoren bei der Ärztegewinnung sehr hilfreich seien, aber auch als Standardleistung erwartet würden. Deshalb möchte die Stadt Brilon nun einen Schritt weitergehen und einen finanziellen Anreiz für Hausärzte und Hausärztinnen schaffen; zumal das „KommaufsLand.Arzt.-Projekt“ zum 31. März 2023 ausläuft.

Förderung mit 25.000 Euro möglich

Vor diesem Hintergrund hat der Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Brilon jetzt eine „Richtlinie zur Ansiedlung von Ärztinnen und Ärzten in der Stadt Brilon“ beschlossen, die voraussichtlich bis Ende 2027 laufen soll. Möglich ist die Förderung mit einem Betrag von 25.000 Euro als Unterstützung zur Neuansiedlung, Übernahme einer Arztpraxis oder Einrichtung einer Zweigpraxis auf dem Gebiet der Stadt Brilon. Geknüpft ist die Förderung an eine Bindung an den Standort in Brilon von fünf Jahren. Im Haushaltsentwurf für 2023 ist diese Summe bereits berücksichtigt. Die Stadt Brilon orientiert sich dabei übrigens am Beispiel des Kreises Herford, die eine solche Förderrichtlinie bereits schon länger hat. Dort seien in dreieinhalb Jahren insgesamt 14 Hausärzt/innen gewonnen worden, so die Stadtverwaltung.

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Grundproblem

Um das Grundproblem des Hausärztemangels im ländlichen Raum zu lösen, ist es nach Ansicht von Bürgermeister Dr. Christof Bartsch aber auch notwendig, künftig nicht nur Einser-Kandidat/innen für das Medizin-Studium zuzulassen, sondern das Studium für Studenten und Studentinnen mit weniger gutem Notendurchschnitt zu öffnen, wenn sie sich verpflichten, für einige Jahr als Arzt aufs Land zu gehen. „Eine solche Öffnung wäre der richtige Weg“, findet der Briloner Bürgermeister.