Brilon/Winterberg. Die Jugendherbergen in Brilon und Winterberg machen längere Pausen als sonst. Der Kostendruck hat weitere Auswirkungen auf Betrieb und Preise.
Kostensteigerungen bei Energie und Lebensmitteln sowie die Inflation machen auch vor den Jugendherbergen nicht Halt. Saisonale Schließungen gab es immer schon – aber diesmal werden sie ausgeweitet. Die Einrichtung in Brilon wird ihren Betrieb daher vom 5. Dezember bis 12. März einstellen. Das ist mehr als ein Vierteljahr. Winterberg-Neuastenberg pausiert bereits seit Ende Oktober und öffnet Weihnachten wieder.
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Eine Winterruhe sei nicht ungewöhnlich, sagt Maike Braun. Sie ist Pressesprecherin des Deutschen Jugendherbergswerks, Landesverband Westfalen-Lippe. „Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gehen nicht in Kurzarbeit; hier und da werden Überstunden-Kontingente ausgeglichen. Eine Grundreinigung wird vorgenommen, kleinere Reparaturen werden ausgeführt“, sagt Braun. Die Zeiträume der Schließung seien ganz individuell auf die einzelnen Einrichtungen zugeschnitten.
Preise werden angehoben
Aufgrund der Energiekrise musste der Landesverband Westfalen-Lippe im Juli einen Energiezuschlag einführen. Dieser beträgt je nach Gästegruppe 3 bzw. 3,50 Euro je Übernachtung.
Dieser löste den vorherigen „Hygienezuschlag“ von 2 bzw. 2,50 Euro ab, der aufgrund der Corona-Pandemie und damit einhergehender Kostensteigerungen (z.B. erhöhter Reinigungsaufwand) erhoben wurde. Für den Gast bedeutet dies also eine Preissteigerung von 1 Euro je Übernachtung.
Mit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine haben sich die Rahmenbedingungen für die Arbeit der Jugendherbergen dramatisch verändert. Maike Braun: „Wohl wissend, dass dies gerade als gemeinnütziges Unternehmen ein schmerzhafter Schritt ist, müssen auch wir für 2023 unsere Preise anpassen, um in diesen schweren und unübersichtlichen Zeiten ein gewisses Maß an Planungssicherheit für die kommenden Monate zu gewährleisten – nicht zuletzt für unsere mehr als 450 Mitarbeiter*innen im Landesverband Westfalen-Lippe.
Beispiel Übernachtungspreis Brilon für Gästegruppen Junior (6 bis 26 Jahre), Gruppen (6 bis 26 Jahre) und Familien (wobei für die Kinder von 3 bis 5 und 6 bis 12 Jahre nochmal Rabatte gelten): der Preis steigt von 28,90 Euro für Übernachtung mit Frühstück auf 31,20 Euro.
„In den belegungsschwachen Wintermonaten pausieren einige Herbergen – vor allem die Häuser mit starkem Gruppenprofil wie zum Beispiel Brilon. Das ist auch in ,normalen‘ Zeiten so, aber jetzt eben länger. Wie bereits zu Jahresbeginn wegen Omikron haben wir die Pausenzeiten einiger Jugendherbergen jetzt u.a. wegen der Energiekosten ausgeweitet. Die Winterruhe richtet sich nach der Belegung und ist individuell von Jugendherberge zu Jugendherberge verschieden“, so die Sprecherin. Natürlich sei das Team für Gäste erreichbar, kümmere sich um Reservierungen und beantworte Buchungsanfragen.
Mit dem enormen Kostendruck kommt nun nach Corona die nächste Herausforderung für die Jugendherbergen. Maike Braun: „Nach zwei sehr schwierigen, von der Corona-Krise geprägten Jahren 2020 und 2021 und einem holprigen Start ins Jahr 2022 durch Omikron, haben wir uns im zu Ende gehenden Jahr über eine gute Buchungslage gefreut. Insbesondere bei Klassenfahrten gibt es in 2022 und auch in den Vorbuchungen für 2023 einen großen Nachholeffekt. Wir hätten in einigen Zeiträumen die Betten doppelt und sogar dreifach mit Schulklassen belegen können. Dies unterstreicht den wichtigen Stellenwert von Schulfahrten ebenso wie unsere gemeinnützige Rolle als außerschulischer Lernort und freier Träger der Kinder- und Jugendhilfe.“
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Teamtraining, Klettern, die Natur erforschen – das sind nur einige Möglichkeiten im Portfolio der Jugendherbergen: Denn ein Großteil der Schulklassen bucht ein solches erlebnis- oder umweltpädagogisches Programm gleich mit. Maike Braun: „Allein der September 2022 bricht aufgrund des Nachholeffekts bei Klassenfahrten die Übernachtungs-Rekorde vergangener Jahre - bezogen auf den Landesverband insgesamt mit derzeit 28 verfügbaren Jugendherbergen.“ Auch in Brilon und Winterberg sei die Nachfrage im September sehr hoch gewesen. Der Monat sei generell traditionell einer der stärksten Klassenfahrt-Monate des Jahres. „Die derzeitigen Entwicklungen – Stichworte Energiekrise und die Folgen der Teuerung durch die Inflation – stellen auch uns vor große Herausforderungen. Aufgrund der guten Buchungslage schauen wir aber grundsätzlich optimistisch auf das Jahr 2023.“ Die Übernachtungspreise von im Durchschnitt derzeit unter 30 Euro werden auf Dauer aber nicht haltbar sein.
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Trotz aller Probleme machen die Jugendherbergen das einzig Richtige. Sie gehen mit der Zeit: Erst 2020 war die Briloner Einrichtung von Grund auf renoviert worden. Auf Barrierefreiheit und Energie-Effizienz (100 neue Fenster) wurde ein besonderes Augenmerk gelegt. Der Landesverband Westfalen steckte rund eine Million Euro in die Modernisierung. Trotz Photovoltaik- und Wasseraufbereitungsanlage, so Braun, werde in Brilon aber zum Beispiel mit Gas geheizt.
Aktuell ist die Briloner Jugendherberge ohne Einrichtungsleitung. Die Stelle, die im September 2019 neu besetzt worden war, ist seit August dieses Jahres vakant. Das Bewerberverfahren läuft aktuell.