Giershagen. Die Fichten sind weg. Sturm, Trockenheit, Borkenkäfer. Jetzt muss neu gepflanzt werden. Wie in Marsberg aus Bucheckern neues Saatgut gezogen wird.

Die Rotbuchen am Klingelschacht im Stadtwald bei Giershagen stehen wie eine Eins. Gerade gewachsene Stämme, volle Kronen, das Laub leuchtet in den schönsten Herbsttönen. Noch hängen Blätter an den Ästen. Aber kaum noch Bucheckern. Die haben Mitarbeiter der Baumschule Jungermann aus Lippstadt im Auftrag des Gemeindeforstamtes Willebadessen vergangene Woche geerntet. Aber nur die von dem acht Hektar großen Rotbuchenbestand. „Der ist 176 Jahre alt und dient ausschließlich der Gewinnung von Saatgut“, sagt Revierleiter Lars Grothe. Die Rotbuchen müssen mindestens 60 Jahre als sein, um Saatgut produzieren zu können. „Dann können wir sicher sein, dass die Qualität stimmt.“

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Rotbuchenbäumchen

Die Fläche liegt im Naturschutzgebiet. Aus den geernteten Bucheckern zieht die Baumschule Jungermann junge Rotbuchenbäumchen heran. „Und die werden dann wieder in unserem Stadtwald angepflanzt“, verdeutlicht der Stadtförster. Vor allem auf den Flächen im Naturschutzgebiet, auf denen vorher Fichten standen, die wegen Trockenheit und Borkenkäferbefall in den vergangenen Jahren gefällt worden sind.

Der Berg aus Laub, Zweigen und Bucheckern kommt in die Drahttrommel. Übrig bleiben die Bucheckern.
Der Berg aus Laub, Zweigen und Bucheckern kommt in die Drahttrommel. Übrig bleiben die Bucheckern. © wp | Annette Dülme

Bestes Saatgut

„So sorgen wir mit unserem eigenen Saatgut für die Wiederbewaldung unseres Stadtwaldes“, sagt Bürgermeister Thomas Schröder. Doch bis es soweit ist, heißt es, erst einmal die Bucheckern ernten. Dazu haben die Mitarbeiter der Baumschule schon vor rund sechs Wochen 5000 Quadratmeter Netze unter den sogenannten Mutterbäumen ausgebreitet.

Ernte am Klingelschacht

Vergangene Woche ist die Baumschule mit zehn Mitarbeitern zur Saatguternte am Klingelschacht angerückt. Mit einem Traktor fahren sie den Hang hinauf, legen die mit Bucheckern und Laub gefüllten Netze zusammen und bringen sie an die Sammelstelle unterhalb des Rotbuchenbestandes. Dort schüppen weitere Mitarbeiter die Eckern samt Laub und heruntergefallenen Zweigen in eine sogenannte Bucheckernreinigungstrommel.

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„Die haben wir selber konzipiert und gebaut“, erklärt Max Jungermann. An der rechten Öffnung der rund fünf Meter langen Drahttrommel schippt ein Mitarbeiter die Bucheckern mit Begleitmaterialien in die Trommelöffnung. Durch Rotieren fallen die Bucheckern durch den Maschendraht in darunter bereitgestellte Kästen. Blätter, Zweige und Hülsen fallen an der anderen Seite aus der Trommel heraus. Eine Mitarbeiterin fegt sie wieder in den Wald zurück.

Anerkannte Saatgutbestände

Das Gemeindeforstamt Willebadessen verfügt über rund 50 Hektar anerkannter Saatgutbestände. Davon allein zehn Hektar im Stadtwald Marsberg. Das sind zwei junge Douglasienbestände am Priesterberg und in Helminghausen (Friedhof), ein Traubeneichenbestand in Padberg am Kahlenberg und die acht Hektar Rotbuchenbestand am Klingelschacht in Giershagen.

Der Stadtwald Marsberg ist rund 2000 Hektar groß und gehört zum Gemeindeforstamt Willebadessen. Die Trockenfichten haben eine Freifläche von 650 Hektar hinterlassen.

620.000 junge Bäume sind dort inzwischen angepflanzt und bilden einen Mischwald neben heimischen Baumsorten u. a. mit Douglasien, Mammutbäumen, Lebensbäumen Roteichen, Eisbeeren, Winterlinden, Bergahorn, Esskastanien, Wallnussbäumen und Nordmanntannen.

„Übrig bleibt allerbestes Saatgut“, ist Max Jungermann überzeugt von der Qualität, die im Stammzertifikat für Saatgutstellen und Erntebestände im Gemeindeforstamt Willebadessen festgehalten ist. Revierleiter Grothe nickt zustimmend: „Die Frische und die Herkunftssicherheit sind unser größter Schatz“, sagt er und reibt die kleinen braunen Bucheckern zwischen seinen Fingern. Bürgermeister Thomas Schröder nickt zufrieden.

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15.000 Rotbuchenpflanzen

Nicht ganz so zufrieden ist Max Jungermann allerdings über die Erntemenge: „Sie ist relativ bescheiden“. Wegen der Trockenheit der vergangenen Jahre. Alle drei bis vier Jahre seien sogenannte Mastjahre, da falle die Saatguternte entsprechend besser aus. Max Jungermann rechnet damit, dass die Bucheckernernte Ende des Tages etwa 300 bis 400 Kilogramm betragen wird. In sogenannten Mastjahren íst es gut und gerne auch schon mal mehr als das Doppelte.

In der Baumschule werden die Bucheckern nochmals feingereinigt und dann daraus kleine Setzlinge gezogen. 10.000 bis 15.000 kleine Buchen werden nach zwei bis drei Jahren Wachstumszeit wieder im Stadtwald Marsberg eingepflanzt.

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Sie werden dann ohne Erde an den Wurzeln angeliefert und kommen sofort in den Waldboden. „Für etwa drei Viertel unser Wiederbewaldung verwenden wir diese wurzelnackten Pflanzen“, sagt Lars Grothe. Den Rest bepflanzen wir mit sogenannten Containerpflanzen.