Brilon. Ein Briloner Bestatter erzählt, wie Menschen heute Mitgefühl zeigen und was sie sich für Trauerfeiern wünschen. Vor Jahren war das nicht denkbar.

Individuell Abschied nehmen, Trauer und Erinnerungen an einen geliebten Menschen mit anderen teilen. Das ist heute vielen trauerenden Menschen sehr wichtig. Und wie die gesamte Gesellschaft, so verändert sich auch die Art und Weise, wie Menschen mit diesem (Tabu)-Thema umgehen. Wir haben mit dem Briloner Bestatter Christian Schirm darüber gesprochen.

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Digitales Licht anzünden

Heute gibt es nicht nur die Möglichkeit, persönlich zu kondolieren und auf dem Friedhof eine Kerze für einen Verstorbenen anzuzünden, sondern man kann das auch digital über Gedenk- und Trauerportale tun. Auch Christian Schirm bietet seit fünf Jahren ein solches Gedenkportal an. „Anfangs waren die Menschen hier bei uns sehr zurückhaltend. Doch inzwischen hat sich das sehr verändert. Viele Angehörigen haben das bei anderen Sterbefällen gesehen, finden das gut und fragen von sich aus danach“, so seine Erfahrung. Wie gut das digitale Angebot angenommen wird, sieht der Bestatter auch an den Klickzahlen, die bei 6000 bis 8000 im Monat liegen.

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Gedenkportal

„Wenn die Totenglocke für einen Verstorbenen läutet, dann merken wir, dass die Leute in unserem Gedenkportal gucken, weil sie wissen möchten, wer in ihrem Ort gestorben ist“, erzählt Christian Schirm. Manchmal gibt es nur einige wenige Kerzen und Einträge für einen Verstorben, manchmal aber auch mehr als 200, so die Erfahrung des Bestatters. Auch viele ältere Menschen würden inzwischen die Möglichkeit nutzen, auf diese Weise Anteil zu nehmen. Zum Gedenkportal gelangt man über die Traueranzeige in der Zeitung, die mit einem QR-Code versehen ist oder direkt über die Internetseite des Bestatters. Dort findet man für jeden Verstorbenen einen persönlichen Bereich mit Foto, Geburts- und Todesdatum, einem individuellen Spruch aus der Todesanzeige und die Möglichkeit, ein digitales Licht anzuzünden. Wer möchte, kann eine persönliche Beileidsbekundung dazu schreiben - ähnlich wie man es sonst mit einer handgeschriebenen Trauerkarte macht. Blickt man in die Einträge, findet man dort teilweise sehr persönliche Erinnerungen und Worte des Trostes.

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Christian Schirm, Inhaber des Bestattungsinstituts Schirm in Brilon.
Christian Schirm, Inhaber des Bestattungsinstituts Schirm in Brilon. © Jutta Klute | Jutta Klute

Erinnerungsfotos hochladen

Möglich ist es auch Bilder hochzuladen. Und so findet man unter manch einem Eintrag eine bunte Auswahl an Fotos. „Eine schöne Erinnerung daran, wie der Verstorbene zu Lebzeiten war“, findet Christian Schirm. Jeder, der im Gedenkportal etwas veröffentlichen möchte, muss seine E-Mail-Adresse angeben. Bevor ein Eintrag öffentlich für alle zu sehen sei, finde eine Überprüfung statt, so der Bestatter. Ganz individuell sind auch die Erinnerungsbücher, die Christian Schirm nach der Beerdigung an die Angehörigen übergibt. Die Resonanz darauf sei positiv. Die Gestaltung übernimmt er selbst, indem er darin Fotos vom Friedhof, aus der Trauerhalle mit Sarg und Blumenschmuck, mit Sprüchen aus der Anzeige, Texten, Liedern und Gebeten aus der Trauerfeier zusammenstellt.

Individuelle Trauerfeier

Auch mit Blick auf die Gestaltung der Trauerfeier hat Christian Schirm in den vergangenen Jahren einen deutlichen Wandel festgestellt. „Die gesamte Bestattungskultur ist in einem Umbruch. Vielen Menschen ist es zum Beispiel wichtig, einen individuellen, auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten Abschied zu gestalten“, so die Erfahrung des 48-jährigen Briloners. Er hat festgestellt: „Viele möchten die Beerdigung nicht mehr in so konservativer Form, sondern wünschen sich, dass bestimmte Lieder gespielt werden oder, dass ein Trauerredner spricht.“

Möglichst wenig pflegeintensive Gräber

Einen Wandel hat er auch mit Blick auf die Art der Bestattung festgestellt. Dabei gehe es nicht nur um das Thema, ob eine Erd- und Urnenbestattung gewünscht werde. Vielen Menschen sei es heute wichtig, dass sie ihren Nachkommen möglichst wenig Aufwand mit der späteren Grabpflege zumuten möchten. Dementsprechend würden, so der Bestatter, zum Beispiel Rasengräber, die eine Erdbestattung ermöglichen, aber nur mit einem Grabstein und der Möglichkeit für einen kleinen Blumen- oder Kerzenschmuck versehen sind, sehr gut angenommen.

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Schmuck mit Fingerabdruck des Verstorbenen

Christian Schirm ist Tischler- und Bestattungsmeister. 2001 hat er das Bestattungsunternehmen Schirm in Brilon gegründet. Sein Betrieb bildet aus, ist durch den TÜV Rheinland zertifiziert und Mitglied im Bundesverband Deutscher Bestatter. Durch eine Zusatzqualifikation ist der 48-jährige Briloner auch befähigt, Unfallopfer zu rekonstruieren. „Mir ist es wichtig, die Angehörigen sehr individuell und persönlich zu begleiten“, sagt Christian Schirm. Er erklärt, sein Anliegen sei es, durch Fortbildungen und ein deutschlandweites Netzwerk mit anderen Bestattungsunternehmen, zeitgemäße Bestattungs- und Trauerangebote zu machen und immer wieder auch Neues aufzugreifen. So gibt es bei ihm auf Wunsch zum Beispiel auch ganz besonderen Erinnerungsschmuck, versehen mit dem Fingerabdruck des Menschen, um den man trauert.