Hochsauerland. Firmen wollen abwandern, andere befürchten Pleiten und Entlassungen. Die Stimmungslage in der HSK-Wirtschaft ist dramatisch schlecht.
„Die Situation ist dramatisch.“ So hat der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Arnsberg, Andreas Rother, vor wenigen Tagen die Konjunkturlage im Hochsauerlandkreis und im Kreis Soest bewertet. Hintergrund ist eine Befragung, an der sich 430 Unternehmen beteiligt hatten. Und Hintergrund für die Erwartungshaltung, die noch nie so schlecht war, sind Rohstoffknappheit, Lieferengpässe, Fachkräftemangel, Inflation und in vorderster Front die Energiekrise. „Würde die Gaslieferung um ein Viertel gedrosselt, würde das in 38 Prozent der Betriebe einen Produktionsstopp bedeuten“, sagt Stefan Severin, Geschäftsbereichsleiter Kommunikation, Volkswirtschaft, Un-ternehmensförderung und International.
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Ukraine und Corona
Der IHK-Konjunktur-Klima-Indikator – er besteht aus Bewertungen der Lage und der Erwartungen – ist von 115,3 Punkten zum Jahresbeginn über 91 Punkte im Frühjahr auf jetzt 66 Punkte abgestürzt. „Das ist der tiefste je gemessene Wert bei einer IHK-Konjunkturumfrage. Und das sind dustere Aussichten. „Der Konflikt in der Ukraine ist nach Corona das nächste schwer Bündel, das die Wirtschaft schultern muss. Wir können nicht genau sagen, wie viele heimische Betriebe aus dem Hochsauerland Vertretungen in Russland oder in der Ukraine haben. Aber die Geschäftsbeziehungen dürften komplett heruntergefahren sein. Auch wir stehen aktuell nicht mehr in Kontakt mit unseren ukrainischen Kollegen“, so Severin. Es sei außerdem schwierig, Branchen, einzelne Firmen oder Regionen zu benennen, die besonders betroffen seien. „Es zieht sich quer durch alle Bereiche. Mal kommen Rohstoffe wie Kupfer oder Zink nicht nach, die dann in der metallverarbeitenden Branche fehlen. Aber immer wieder ist es das Thema Gas, das die Firmen umtreibt. Und wegen der weltweiten Konkurrenz können längst nicht alle Unternehmen die gestiegenen Energiepreise an die Kunden weitergeben“, so Severin.
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Pleitewelle droht
Die Erwartungen der Branchen sind durchweg negativ. In der Industrie, im Bau, im Einzelhandel und der Verkehrswirtschaft finden sich keine oder nur noch einzelne Betriebe, die optimistisch in die Zukunft blicken, so das Ergebnis der Befragung. Eine Verschlechterung erwarten hingegen in der Industrie 58 Prozent der Betriebe, im Bau 89 Prozent, in den Dienstleistungen 52 Prozent, im Großhandel 78 Prozent, im Einzelhandel 69 Prozent, in der Verkehrswirtschaft 50 Prozent und im Gastgewerbe 54 Prozent. Alle Branchen zusammen genommen bleiben 36 Prozent der Betriebe, die zumindest von einer unveränderten Situation ausgehen. 12 Prozent der Unternehmen, in der Industrie sogar 20,5 Prozent, ziehen bereits Standortverlagerungen in Betracht und für sieben Prozent der Unternehmen ist die Energiepreissituation existenzbedrohend, so das Ergebnis der Umfrage. Severin: „Sechs Prozent der Befragten sind bereits dabei, einen Teil ihrer Produktion in andere Länder zu verlagern. Aber die Möglichkeit hat nicht jeder. Gerade für kleinere Betriebe ist das nur selten eine Option.“
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Wenn Unternehmen ihre Produktion einstellen, weil sie von der Gasversorgung abgeschnitten sind, folgen hohe Arbeitslosigkeit und eine Pleitewelle. „Das würde der Region mit ihrer starken Industrie nachhaltig schaden“, betont Präsident Rother. Es sei gut, dass der Staat einen Preisdeckel installiert habe, damit Unternehmen und Haushalte die Gaskosten etwas besser geschultert bekommen. „Ich befürchte allerdings, dass bei vielen damit die Motivation nachlassen könnte, Energie einzusparen.“ Damit Unternehmen ihre Mitarbeiter auf die Notwendigkeit, auch zu Hause Gas zu sparen, hinweisen können, startet die IHK eine Kampagne. Plakate mit der Aufschrift: „Sparen Sie Gas im Job und zu Hause“ sollen verteilt werden. „Ansonsten unterstützen wir die Betriebe z.B. durch Informationen über Energie-Effizienz, Nachhaltigkeit und regenerative Energien, setzen uns ein für schnellere Genehmigungsverfahren beim Einsatz alternativer Brennstoffe und stehen ganz konkret mit der Bundesnetzagentur, Behörden und Energieversorgern im Austausch, um über Folgen möglicher Gasmengen-Kürzungen hinzuweisen. Außerdem kommunizieren wir die prekäre Lage der Unternehmen auch in Richtung Politik“, so Severin.