Hochsauerland. Die Fallzahlen sind auch im HSK rückläufig. Aber: Jeder fünfte Straftäter ist jünger als 21 Jahre. Polizei sagt Drogenkriminalität den Kampf an.

Wer viel sucht, der findet auch viel. Die Zahl der Drogendelikte hat im HSK zugenommen. Das liegt aber hauptsächlich daran, dass es seit geraumer Zeit einen eigene Einsatzgruppe für diesen Bereich gibt. Speziell zur Entwicklung der Jugendkriminalität im Hochsauerlandkreis referierte Stefan Diam vom Kriminalkommissariat Kriminalprävention/Opferschutz im Kreisjugendhilfeausschuss.

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Frage: Herr Didam, Sie sind beratendes Mitglied ohne Stimmrecht im Kreisjugendhilfe-Ausschuss. Und dort haben Sie als Polizeibeamter und Jugendschutzbeauftragter unlängst zum Stand der Jugendkriminalität im HSK referiert. Gibt es aufgrund aktueller Entwicklungen einen konkreten Anlass für dieses Thema und wie hat sich die Zahl der Straftaten entwickelt?

Es gab keinen konkreten Anlass für dieses Thema. Im Jahr 2021 sank die Anzahl sämtlicher Straftaten im Hochsauerlandkreis um 5,85 Prozent auf 11.709 Fälle und damit auf den niedrigsten Wert der letzten 20 Jahre. Aber so viel: Fast jeder fünfte Täter bei allen Straftaten im HSK ist jünger als 21. Die Altersgruppe der 18- bis 21-Jährigen ist mit 8,3 Prozent vertreten, die der 14- bis 18-Jährigen mit 7,2 Prozent und die der Kinder mit 2,3 Prozent.

Bis auf Drogendelikte rückläufige Zahlen

Im Jahr 2011 lag die Zahl der Tatverdächtigen unter 21 Jahren landesweit bei 124.953. Im Jahr 2020 verzeichnet die Statistik einen Rückgang um 29 Prozent.

Interessanter Aspekt: 15.921 Tatverdächtige standen 2011 bei der Tatbegehung unter Alkoholeinfluss. 2020 waren es „nur“ noch 6470 - ein Rückgang um 59,4 Prozent.’’

Angeführt wird die „Hitliste“ der Delikte von Diebstahl. 45.317 Fälle gab es davon 2011 in NRW; 2020 waren es 24.201.

Es folgen die Körperverletzungen (2011: 31.866 und 21.892 in 2020). Einen Rückgang gab es auch bei Sachbeschädigungen (8951 statt vorher 16.092).

Die Zahl der Straftaten nach Betäubungsmittelgesetz stiegen hingegen in NRW von 12.121 auf 14.274. Bei allen Delikten im HSK gilt: Je größer die die Städte, umso höher die Zahlen,

Die Anzahl der Straftaten sagt letztlich nichts über die tatsächliche Lage aus. Eine steigende Zahl aktenkundiger Drogendelikte könnte auch daher rühren, dass es im HSK eine Einsatztruppe Drogenkriminalität gibt. Heißt: Wenn ich intensiver suche, finde ich auch mehr. Ist das der Fall?

Die Polizeiliche Kriminalstatistik bietet kein exaktes Spiegelbild der Kriminalitätswirklichkeit, sondern eine je nach Deliktsart mehr oder weniger genaue Annäherung an die Realität. Es gibt Aspekte, die die Entwicklung der Zahlen in der Polizeilichen Kriminalstatistik beeinflussen können. Dazu gehört das Anzeigeverhalten - zum Beispiel unter Versicherungsaspekten - die polizeiliche Kontrollintensität - zum Beispiel durch Einsatztrupps - sowie Änderungen bei der statistischen Erfassung und die Änderung des Strafrechts. Bei intensiver Suche mit einem höheren Personalansatz kann auch mehr gefunden werden.

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Das gilt aktuell ganz speziell für die Bekämpfung der Drogenkriminalität…

Ja, die Polizei im HSK forciert ihren Kampf gegen die Drogenkriminalität. Es gibt einen speziellen Einsatztrupp. Er arbeitet sehr effektiv und wird in der Regel über einen längeren Zeitraum eingesetzt. Wir hatten im Herbst 2021 eine der größten Durchsuchungsaktionen, die wir je im HSK durchgeführt haben. Es gab dabei allein 19 Festnahmen und 27 Durchsuchungen. Das führte dazu, dass wir im vergangenen Jahr 1.403 Straftaten mit Betäubungsmitteln festgestellt haben. Zum Vergleich: 2017 waren es 681 Straftaten mit Betäubungsmitteln. Da waren natürlich auch Jugendliche betroffen, aber ebenso Erwachsene.

Lassen wir die Zahlen einmal außer Acht und betrachten nicht die Quantität, sondern die inhaltliche Qualität, sofern man bei Straftaten davon sprechen kann. Wo erleben Sie Zuwächse: Drogen, körperliche Gewalt (Stichwort Corona und da vermehrt zu Hause?)

Zuwächse gab es, wie gerade erläutert, bei Straftaten mit Betäubungsmitteln. Aber generell setzt sich die erfreuliche Entwicklung bei der Gewaltkriminalität der vergangenen Jahre fort – auch bei Jugendlichen. Unter dem Begriff der Gewaltkriminalität werden insgesamt u. a. Raubdelikte, gefährliche und schwere Körperverletzungsdelikte erfasst. 2018 wurden 507 Gewaltdelikte im HSK erfasst. Im Jahr 2021 waren es 377 Gewaltdelikte. Aber wir sprechen auch hier von der Gesamtzahl. Inwieweit Corona eine Rolle spielte, weil die Menschen vermehrt zu Hause waren, kann sich erst zeigen, wenn wieder Normalität herrscht.

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Gibt es vermehrt Mehrfachstraftäter bzw. Tatverdächtige? Gibt es eine Verschiebung/auffällige Entwicklung bei den unterschiedlichen Altersgruppen? Heißt: Werden Jugendliche früher/später straffällig?

Die Zahl der Mehrfachtatverdächtigen im Hochsauerlandkreis lag 2001 bei 180 Mehrfachtatverdächtigen und liegt seit 2011 unter 100 Mehrfachtatverdächtigen. Im Jahr 2021 wurden 45 Mehrfachtatverdächtige ermittelt. Das ist der zweitniedrigste Wert seit 2001.

Kann man auch eine Betrachtung anstellen, wo sich Jugendkriminalität abspielt. Gibt es häufig Zusammenhänge mit dem schulischen Umfeld?

Die Polizei erfasst auch Kriminalität im schulischen Kontext. Die Umstellung bei der Erfassung von Kriminalität im Kontext Schule im Jahr 2019 lässt eine Vergleichbarkeit mit den Polizeilichen Kriminalstatistiken der zurückliegenden Jahr nur begrenzt zu.

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Würden Sie sagen, dass Jugendkriminalität auf dem Lande ein eher zu vernachlässigender Aspekt ist oder ist die Entwicklung im Vergleich mit der Großstadt durchaus ähnlich?

In Großstädten gibt es andere Faktoren, die Jugendkriminalität begünstigen. Die Bekämpfung der Jugendkriminalität sollte auch auf dem Lande niemals vernachlässigt werden. Die Zahl der Minderjährigen und Heranwachsenden, die einer Straftat verdächtigt wurden, sank laut dem Lagebild Jugendkriminalität und Jugendgefährdung NRW 2020 um mehr als 10 Prozent auf noch 88.680. Ein Jahr zuvor waren es noch 98.680 junge Verdächtige gewesen.

Gibt es Stellschrauben/Veränderungsmöglichkeiten, die perspektivisch betrachtet ein Anwachsen der Kriminalität verhindern können (Stichwort Prävention) Wo müsste/könnte der Kreis sich da einbringen?

Der Netzwerkarbeit kommt eine hohe Bedeutung zu. Hier sind aber neben der Polizei noch viele andere Institutionen beteiligt.