Hochsauerland. Für den Fall eines Gas-Blackouts prüfen HSK-Städte, wo sie zentrale Aufwärmräume für Bürger einrichten können. Es gibt schon konkrete Vorschläge.

Noch vor wenigen Wochen hätte man diese Idee als Fantasterei eines Science-Fiction-Autors abgetan: Städte richten aufgrund von Energiemangel „Wärme-Inseln“ ein, damit sich Menschen im Winter aufwärmen können. In Anbetracht des Ukraine-Krieges und einer damit verbundenen, drohenden Energiekrise ist dieses Szenario aber keine Zukunftsmusik mehr. Als eine der ersten Städte in Hessen wird Wetzlar für den Winter solche Inseln im Stadtgebiet errichten. Das hat die Stadtverordnetenversammlung dort einstimmig beschlossen. Sieben Standorte wie u.a. Sporthallen, Bürgerhäuser, die Stadthalle und die Arena sollen entsprechend ausgerüstet werden. In den Wärmeinseln können sich 4.000 Menschen aufwärmen, bei denen die Heizung zu Hause kalt bleibt. Die Beschaffung der Geräte kostet die Stadt Wetzlar um die 300.000 Euro.

Arnsberg schon sehr konkret

Ist das bei uns auch denkbar? Wir haben bei den Städten nachgefragt; einige sehen das Ganze noch eher gelassen: „Entsprechende Überlegungen sind zurzeit bei der Stadt Olsberg kein Thema. Bedingt durch die Informationen der Bundesnetzagentur, dass die Gasspeicher gut gefüllt sind und Einschränkungen insbesondere für den Haushaltskundenbereich wohl eher nicht zu erwarten sind, sieht die Stadt Olsberg aktuell keine Notwendigkeit für entsprechende Aktivitäten“, bewertet Sprecher Jörg Fröhling die Situation.

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Das sieht die Stadt Arnsberg zum Beispiel ganz anders: „Wir haben eine Themenliste erarbeitet, die wir im Ernstfall umsetzen wollen. Dazu zählen auch Wärme-Inseln, für die z.B. die Stadtbibliothek, der Bürgerbahnhof, Schul-Aulen und andere öffentliche Gebäude in Frage kommen“, sagt Sprecherin Ramona Eifert.

Heißer Tee und Wolldecke - hoffentlich bleibt das nicht die einzige Form, um es sich im Winter warm zu machen.
Heißer Tee und Wolldecke - hoffentlich bleibt das nicht die einzige Form, um es sich im Winter warm zu machen. © dpa | Ole Spata

„Wir beobachten die aktuellen Krisenlagen sehr genau und haben dabei insbesondere unsere Infrastruktur wie Wasser und Abwasser sowie einen funktionierenden Feuer- und Katastrophenschutz im Auge“, antwortet Medebachs Bürgermeister Thomas Grosche. Der Stab für außergewöhnliche Ereignisse, den jede Stadt vorhält, sei ebenfalls eng eingebunden - z.B. bei Themen wie Stromausfall und weitere Einsatz- und Leistungsfähigkeit. Grosche: „Zudem stimmen wir uns dank der Koordination des Hochsauerlandkreises auf Kreisebene ab und versuchen so ein einheitliches Vorgehen und gegenseitige Unterstützung zu gewährleisten.“ Das Thema Wärmeinseln sei dabei seines Wissens noch kein Thema gewesen. Er halte wenig von Alleingängen einzelner Kommunen. Das schüre Unsicherheiten und helfe im Ernstfall nur punktuell. „Daher bin ich ein großer Freund von dem bei uns angestrebten koordinierten Vorgehen in der Region.“

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Dezentralität macht keinen Sinn

Kreissprecher Martin Reuther weiß zwar, dass es immer wieder regelmäßige Treffen und Gedankenaustausch zwischen den Kommunen und dem Kreis bei den Hauptgemeindebeamten-Konferenzen gibt. Kreisweite Lösungsansätze gebe es allerdings bei dieser konkreten Frage nicht. Zumal dezentrale „Wärme-Inseln“ laut Reuther gar keinen Sinn machten. „Wenn es generell zu einem solchen Szenario wie Stromausfall kommen sollte, wird natürlich der Krisenstab des Kreises eingesetzt, der dann wiederum mit den Stäben für außergewöhnliche Ereignisse der jeweiligen Kommunen zusammenarbeitet. Das ist vom Procedere her nicht neu.“ Ausdrücklich ohne Panik schüren zu wollen, erklärt Reuther aber auch: Bei einem kompletten Stromausfall könnte die Kommunikation mit den Städten zum Erliegen kommen. Keine Telefonate, keine Mails, kein Fax. „Denkbar wäre, dass dann wirklich Boten mit dem Auto ausrücken müssten, um Entscheidungen mitzuteilen.“ Damit die mit Sprit betankt werden können, gebe es derzeit zwei Tankstellen, die in einem Notfall per Notstromaggregat „tankfähig“ gemacht werden könnten. Das sei auch wichtig für Rettungsdienst, Katastrophenschutz und Feuerwehren. Aktuell suche der Kreis nach einer dritten Tankstelle. Die Standorte müssen strategisch günstig über den HSK verteilt sein. Wärmeinseln seien aber kommunale Angelegenheiten.

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Auch Marsbergs Bürgermeister Thomas Schröder verweist auf den HSK: „In der Krisenlage koordiniert der Hochsauerlandkreis die Zusammenarbeit der Kommunen, um ein einheitliches Vorgehen und gegenseitige Unterstützung zu gewährleisten. Wärmeinseln waren dabei - meines Wissens nach - bei uns bisher noch kein Thema.“

Wärmepumpen als Alternative

„Die Stadt Brilon wird sich in dieser Frage mit den anderen Kommunen im Hochsauerlandkreis absprechen. Eine potenzielle Wärme-Insel in Brilon könnte die Stadtbücherei sein, über weitere Orte ist die Verwaltung aktuell in der Diskussion“, heißt es aus dem Briloner Rathaus.

Die Stadt Hallenberg beobachte die Krisenlage durchgehend, versichert Bürgermeister Enrico Eppner: „Neben unserem kommunalen Stab für außerordentliche Ereignisse ist die kreisweite Abstimmung ebenfalls maßgeblich für uns. Ein besonderes Augenmerk legen wir auf die Infrastruktur, welche wir direkt beeinflussen können, so zum Beispiel bei der Wasser- und Abwasserversorgung. Hier ist es uns jetzt schon möglich, eine Notversorgung von 15 Litern Trinkwasser pro Kopf und Tag bereitzustellen.“ Dies gelinge beispielsweise mittels einer Handflügelpumpe komplett autark ohne Strom und Erdgas; mittelfristig plane man, weitere Sicherungsmaßnahmen umzusetzen.

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Eppner weiter: „Sollte im Falle einer Gasmangellage die Stromversorgung weiter gesichert sein, so sind neben unserem mit Holzpellets beheizten Bauhof zukünftig auch unserer Schulturnhalle in Hallenberg und ein geplantes Multifunktionsgebäude in Hesborn weiter geheizt, da wir dort bei der Planung auf erneuerbare Energien in Form von Wärmepumpentechnik setzen.“ Neben diesen Optionen sei das Thema „Wärme-Insel“ noch nicht Teil der Diskussionen gewesen. „Sollte es zu weiteren Bedarfen kommen, werden wir uns wie auch in der Vergangenheit gelebt, kurzfristig mit unseren Partnern auf Kreisebene abstimmen, da ein abgestimmtes Agieren die Maßnahmenakzeptanz in der Bevölkerung stärkt.“

In Winterberg sieht die Lage so aus: „Natürlich beschäftigen wir uns auch seit Beginn des Angriffskrieges von Russland gegen die Ukraine mit den unterschiedlichsten Szenarien, die auf uns zukommen könnten. Ein solches Szenario ist auch ein möglicher Stromausfall in einem ganzen Ortsteil, im ganzen Stadtgebiet oder auch kreisweit. Insbesondere beschäftigen wir uns damit, wie wir unsere kritische Infrastruktur am Laufen halten können oder wie auch der Stab für außergewöhnliche Einsätze arbeitsfähig bleibt“, schreibt Rabea Kappen von der Stadt Winterberg. Dazu zähle auch, dass man sich Gedanken zu möglichen Anlaufstellen in den Orten für die Bürgerinnen und Bürger mache. „So geht es uns darum, dass man von Gaswärme unabhängige Räumlichkeiten anbieten kann. Wir haben aktuell hierfür die ehemalige Verbundschule in Siedlinghausen vorgesehen, die über ein Hackschnitzelkraftwerk beheizt werden kann.“ Dank der Koordination des Hochsauerlandkreises stimme man auf Kreisebene ein einheitliches Vorgehen ab.