Hochsauerland. Der Holzklau geht um. In Zeiten explodierender Energiekosten wird Brennholz zum kostbaren Gut - sogar zum Diebesgut. Waldbesitzer sind in Sorge.

Brennstoffe sind teuer. Und daher befürchten öffentliche und private Waldbesitzer, dass der Holzdiebstahl aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise zunehmen könnte. Aber tut er das tatsächlich? „Holzdiebstahl fällt unter die Rubrik der einfachen Diebstähle. Natürlich ist das strafbar. Wir führen aber keine Statistik darüber, wie oft in letzter Zeit Holz gestohlen worden ist“, sagt Polizeisprecher Volker Stracke. Konkrete Zahlen über Holzklau gibt es also nicht. Die Stadt Brilon schreibt auf Anfrage: „In jüngster Zeit gab es nur vereinzelt kleinere Holzdiebstähle im Briloner Stadtforst.“

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Kein Kavaliersdelikt

Das sind auch die Erfahrungen von Wald- und Holz NRW. Es habe bislang nur wenige Kamin- und Ofenbesitzer mit krimineller Energie gegeben, die mit dem Pkw-Anhänger illegal Holz aus dem Wald geholt haben. Es seien aber landesweit schon einzelne professionelle Holzdiebe angezeigt worden, die ganze Lkw-Ladungen im Wald geklaut hätten. Holzdiebstahl ist kein Kavaliersdelikt, betont Dr. Gero Hütte-von Essen, Fachbereichsleiter Hoheit bei Wald und Holz NRW: „Ein unerlaubtes Entwenden von Holz aus dem Wald oder Fällen von Bäumen, deren Holz dann mitgenommen wird, ist rechtlich gesehen Diebstahl und damit eine Straftat. Diese kann mit hohen Geldstrafen und in besonderen Fällen sogar mit Freiheitsstrafen geahndet werden.“

Ein GPS-Sender für Holzbestände steht auf einem Buchenholzstamm. Mit dem Einsatz von batteriebetriebenen GPS-Sendern können gestohlene Baumstämme geortet werden.
Ein GPS-Sender für Holzbestände steht auf einem Buchenholzstamm. Mit dem Einsatz von batteriebetriebenen GPS-Sendern können gestohlene Baumstämme geortet werden. © dpa | Swen Pförtner

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Problem ist der professionelle Holzdiebstahl

Holzdiebstahl ist kein neues, aber bislang eher unbedeutendes Phänomen. Die bisherigen finanziellen Schäden waren gering. Problematisch ist vor allem professioneller Holzdiebstahl, bei dem die geernteten und aufgestapelten Stämme mit mehreren Holz-Lkw aus dem Wald gestohlen werden. Der Diebstahl eines größeren Holzpolters, also von bereits gefälltem und am Waldweg gelagertem Stammholz, kann einem einzelnen Betrieb wirtschaftlich erheblich schaden. Deshalb setzt Wald und Holz NRW stichprobenhaft GPS-Tracker-Technik ein. Richtig angewendet können damit Holzdiebe auf frischer Tat erwischt werden, heißt es in einer Presse-Info. Die Stadt Brilon - waldreichste Stadt Deutschlands - hat noch keine solchen aktiven Maßnahmen eingesetzt, die den Holzdiebstahl verhindern sollen. „Hier setzen wir auf die Wachsamkeit der Briloner Bürgerinnen und Bürger. Außerdem planen wir, die bisher offenen Schranken an den Forstwegen wieder zu schließen.“

„Holzsammelscheine und Lesescheine“

In Deutschland gab es auch im Staatswald teilweise bis in die 1960er Jahre so genannte „Holzsammelscheine“ oder auch „Leseholzscheine“, die Einzelpersonen zum eigenhändigen Sammeln einer gewissen Menge im Wald herumliegenden Holzes berechtigten. Mit diesen Berechtigungen sollte es bedürftigen Menschen ermöglicht werden, im Winter ihre Wohnung zu heizen.

Damals war häufig die einzige Wärmequelle im Haus die „Küchenhexe“. Nur in der Küche wurde mit Holz gekocht und geheizt. Heute sind die allermeisten Haushalte über eine Zentralheizung mit Wärme versorgt. Wer mit Pellets, Hackschnitzeln oder Scheitholz heizt, versorgt sich mit größeren Mengen über den Brennholzhandel oder aus dem eigenen Wald. Wer die bei Holzlesescheinen üblichen kleinen Mengen benötigt, hat in der Regel neben der Zentralheizung einen Kamin oder Ofen, der das knisternde Holz abends auf dem Sofa eher zum Wohlfühlen nutzt.

Holzsammelscheine werden von Wald und Holz NRW nicht mehr herausgegeben, da es den ursprünglichen Zweck nicht mehr erfüllt, die Kontrolle der vereinbarten Sammelmenge kaum möglich ist und die Schäden durch abseits der Wege sammelnde Menschen zu groß sind. Außerdem locken sammelnde Menschen Nachahmer an. Zum Schutz des Waldes verbleibt dieses Holz am besten an Ort und Stelle.

Försterinnen und Förster berichten aber mancherorts von Menschen, die unbedarft trockenes, am Boden liegendes Holz sammeln und mitnehmen, um es als Brennholz zu nutzen. Ihnen ist offenbar nicht bewusst, dass sie damit eine Straftat begehen. Außerdem schaden sie dem Wald. Die Forstbehörde: „Dieses herumliegende Holz ist wichtig für den Erhalt des Ökosystems. Das Totholz ist zum einen Nahrung und Lebensraum für verschiedene Kleinstlebewesen – vor allem Insekten und Pilze, es speichert noch CO2 und Feuchtigkeit. Bei seiner Zersetzung werden wichtige Nährstoffe an den Waldboden zurückgegeben, die essenziell für das Wachstum und die Vitalität der Pflanzen sind. Häufig sind Wälder auch Naturschutzgebiete.“

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Auch Baumschnitt nicht einfach mitnehmen

Der Landesbetrieb Straßenbau NRW, Regionalniederlassung Sauerland-Hochstift, hat in jüngster Zeit keine Erfahrungen mit Holzdiebstahl gemacht. Das kann aber auch daran liegen, dass Arbeiten wie Gehölzpflege an Firmen vergeben werden und die Behörde nicht unbedingt informiert wird, wenn Diebe tatsächlich zuschlagen. Sprecher Oscar Santos: „Viele glauben, dass der Baum- und Strauchschnitt an den Straßenrändern Allgemeingut ist. Bei der Preiskalkulation haben die Fremdfirmen den Erlös des Holzverkaufs oder auch der kleinen Hackschnitzel aber schon einkalkuliert. Man darf dieses Material nicht einfach mitnehmen.“ Die nächste Gehölzpflegeperiode beginnt aber erst jetzt im Zeitraum 1. Oktober bis 28. Februar. Da kann also noch was kommen.

Förster und Försterinnen sind sensibilisiert

Die Försterinnen und Förster von Wald und Holz NRW sind aufgrund der angespannten Lage auf dem Brennholzmarkt sensibilisiert und achten auf ungewöhnliche Aktivitäten an den Holzpoltern im Wald. Edgar Rüther, Leiter des Regionalforstamtes Soest-Sauerland: „Wir als Forstamt machen ja seit zwei Jahren keine Holzverkäufe mehr aus Privatwäldern. Aber wir hören immer wieder mal, dass es beim Brennholz oder auch bei größeren Firmen zu Diebstählen kommt. Das Material ist halt momentan sehr gefragt.“ Auch Jägerinnen und Jäger, die vermehrt in den Abend oder frühen Morgenstunden und an Wochenenden im Wald unterwegs sind, kennen ihre Reviere und haben ein Auge auf mögliche Holzklauer.

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Michael Ester, Geschäftsführer der Waldbauernholz Sauerland-Hellweg eG, befürchtet, dass der Holzklau mit Beginn der Heizperiode zunehmen könnte: „Das war auch 2006 so, als die Preise für das Rundholz gestiegen sind. Wir haben bislang noch keine größeren Vorfälle erlebt. Ich habe von einem Zaunholz-Hersteller im Raum Finnentrop gehört, dem 1000 Raummeter gestohlen wurden.“ Ester geht davon aus, dass auch heimische Betriebe auf Tracker oder andere Überwachungsmethoden schwenken werden. Holzklauer sollten sich also in Acht nehmen.