Hochsauerlandkreis. Bier, Mineralwasser und Co: Ohne Kohlensäure geht nichts. Doch genau die ist derzeit knapp. Der Getränkehersteller Germete steht vor Problemen.

Die Energiekrise trifft auch die Lebensmittel- und Getränkeindustrie. Auch im Hochsauerland haben viele Brauereien und Getränkehersteller Probleme, genug Kohlensäure für die Produktion zu beziehen. Thomas Grah, Geschäftsführer der Heil- und Mineralquellen Germete GmbH, bewertet die Lage kritisch.

Kohlensäure wird zur Mangelware. Die Energiekrise schlägt sich in der Produktion von technischem CO2 nieder, was vor allem für Betriebe in der Lebensmittelherstellung zum Problem wird. Durch Lieferengpässe und auch komplette Lieferausfälle werden viele Hersteller dazu gezwungen, ihre Produktion einzuschränken oder auch vollständig stillzulegen. „Wir sind da stark betroffen“, sagt Thomas Grah, „Für die Herstellung von Mineralwasser sind wir komplett auf zuverlässige Lieferungen von CO2 angewiesen.“

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Thomas Grah, Geschäftsführer von Germete
Thomas Grah, Geschäftsführer von Germete © WP | Heil- und Mineralquellen Germete GmbH

Kohlenstoffdioxid wird in der Getränkeindustrie vor allem für die Produktion von Erfrischungsgetränken und im Brauereigewerbe benutzt, unter anderem für die Herstellung von Kohlensäure in Mineralwasser und Limonaden, zur Abfüllung von Getränken und zur Reinigung von Produkten für einen gefahrlosen Verzehr.

Engpässe bedrohen Produktion

Die Geschwindigkeit, mit der sich die problematische Engpassentwicklung zugespitzt hat, traf viele Unternehmen unerwartet. „Wir waren da schon überrascht, als wir informiert wurden, dass Lieferschwierigkeiten bestehen“, berichtet Thomas Grah. Die Besorgnis aufgrund der Entwicklungslage sei groß, auch branchenübergreifend. „Die Situation ist sehr ernst. Niemand geht da unbesorgt durch die Wochen.“ Für viele Betriebe gebe es keine andere Möglichkeit, als ihre Produktion einzustellen. Ein Hauptproblem sei dabei die fehlende Planungssicherheit. „Auch wir können unsere Produktion nur in reduzierter Form weiterführen“, erzählt Thomas Grah. Dabei könne man nur von Woche zu Woche planen und hoffen, dass genügend CO2 geliefert wird, um die Produktion aufrechtzuerhalten. Eine kurzfristige Ausgleichstrategie bestehe in der Einschränkung von kohlenstoffintensiver Produktion und der Konzentration auf die Herstellung von Mineralwasser, das keine oder weniger Kohlensäure enthält: „Damit können wir zwar ein bisschen ausgleichen, aber mittelfristig ist das keine Lösung. Wenn wir irgendwann nichts mehr bekommen, stehen wir still.“

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Doch nicht überall sorgen die CO2-Engpässe für Probleme. In der Brauerei Westheim seien bislang noch keine starken Auswirkungen spürbar, berichtet Geschäftsführer Moritz Freiherr von Twickel. Bei der Herstellung von Bier entstehe viel natürliches Kohlenstoffdioxid, weshalb zusätzliche Lieferungen vor allem für die Herstellung von Limonaden benötigt werden. „Dahingehend ist unser langjähriger Lieferant aber immer sehr verlässlich gewesen.“ Die Besorgnis sei aber zunehmend bemerkbar, erzählt Moritz von Twickel: „Der Ernst der Situation ist auf dem Markt deutlich zu spüren.“ Ihm seien einige Betriebe bekannt, die ihre Produktion schon deutlich einschränken mussten, weil sie stärker von Lieferengpässen betroffen sind. „Wir hier in Westheim haben diesbezüglich aber noch keine Probleme.“

Moritz von Twickel führt in sechster Generation die Gräflich zu Stolbergsche Brauerei Westheim.
Moritz von Twickel führt in sechster Generation die Gräflich zu Stolbergsche Brauerei Westheim. © Brauerei Westheim | Brauerei Westheim

Folgen sind nicht abzusehen

Die Folgen der Situation sind laut Moritz von Twickel noch nicht vollständig zu überblicken, aber er erwartet eine Erhöhung der Getränkepreise: „Die Problematik ist natürlich immens, viele Lieferantenhaben bereits Preiserhöhungen angekündigt. Das betrifft branchenübergreifend alle Hersteller, die auf CO2-Lieferungen angewiesen sind.“ Die Preisentwicklung sei aber aktuell noch nicht absehbar und es müsse noch darüber diskutiert werden. „Da ist noch nicht klar, wo es hingeht. Aber eine Preiserhöhung ist insgesamt nicht unwahrscheinlich.“

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Ein Ausblick auf die kommenden Monate zeigt, dass dringend Lösungen gefunden werden müssen. Die Auswirkungen der Energiekrise auf die Lebensmittel- und Getränkeproduktion machen Maßnahmen erforderlich, um die Belieferung von Herstellern sicherzustellen, die zur kritischen Infrastruktur gehören. Thomas Grah sieht da einen klaren Handlungsbedarf: „Für uns im Mittelstand ist die Situation nicht befriedigend.“ Die Regierung fahre keine klare Linie, wie Engpässe gelöst und Betriebe unterstützt werden sollen, die Zuschüsse und Umlagen seien unsicher. „Unternehmen brauchen Planungs- und Versorgungssicherheit!“ Die grundlegende Energieversorgung müsse sichergestellt werden, damit die Lebensmittelversorgung für die Bevölkerung aufrecht erhalten werden kann, fordert Thomas Grah: „Daher muss eine schnelle Lösung der Energiekrise politisch Priorität haben.“