Hochsauerlandkreis. 19 Grad in Büros, kaltes Wasser beim Händewaschen: So kämpfen HSK-Städte wie Winterberg, Olsberg oder Brilon gegen die Energie-Krise an.

Kein Gas mehr aus Russland, steigende Energiepreise und ein bevorstehender Winter: Die Kommunen des Hochsauerlandkreises stemmen sich gegen die Kälte. Eine neue Regelung: In öffentlichen Gebäuden wird die Raumtemperatur auf 19 Grad Celsius herabgesetzt.

Vertrauen und Kontrolle

Basiert diese neue Regelung auf Vertrauen? Welche Maßnahmen treffen die Städte? „Die Verwaltungsgebäude, Schulen und weitere städtische Gebäude werden mit neuen Temperaturreglern ausgestattet. Durch die neuen Thermostate kann die Stadt Brilon direkt auf die Temperaturen einwirken. Die Thermostatventile werden gegen Behördenthermostate ausgewechselt“, erklärt die Stadt Brilon ihre Herangehensweise. Doch trifft diese Regelung auch auf die anderen Kommunen zu? Auch in Medebach werden die zentralen Thermostate auf 19 Grad Celsius eingestellt, die Flure werden nicht beheizt. In den Büros setzt die Stadt allerdings auf Eigenverantwortung – wie auch in Hallenberg, Marsberg und Winterberg. Die Stadt Olsberg geht ähnlich vor: „Im Rathaus wird die maximale Temperatur in den Büros und Besprechungsräumen durch die Haustechnik auf 19 Grad Celsius voreingestellt. Auch die Temperaturabsenkung in den Treppenhäusern, Fluren, Toiletten wird zentral geregelt.“ Vor Wochenenden, Feiertagen und vor Urlaubsantritt regeln die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Temperaturen in Eigenverantwortung herunter. Zusätzlich wurde das Warmwasser auf den Toiletten abgestellt, die Rathausfassade wird nicht mehr beleuchtet.

Die Stadt Winterberg arbeitet derweil an weiteren Lösungen, steht aber auch vor besonderen Herausforderungen: „In den Wintermonaten werden wir die Raumnutzung durch Desk-Sharing und Homeoffice optimieren, sodass wir dann gezielt ganze Heizstränge herunterfahren können. Eine große Herausforderung in Winterberg ist die denkmalgeschützt Gebäudesubstanz, die in den nächsten Jahren energetisch saniert werden muss.“

Weitere Einsparungen

Doch auch auf anderen Wegen versuchen die Kommunen Energie einzusparen. So sehen die Städte großes Einsparungspotenzial bei der Beleuchtung. „Die Beleuchtung von Gebäuden oder Baudenkmälern von außen - mit Ausnahme von Sicherheits- und Notbeleuchtung - ist untersagt. Ausgenommen sind kurzzeitige Beleuchtungen bei Kulturveranstaltungen und Volksfesten sowie allgemein alle Fälle, in denen die Beleuchtung zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit oder Gefahrenabwehr erforderlich ist. Zudem prüfen wir, ob bei der Straßenbeleuchtung Energieeinsparungen möglich sind“, weiß Marsbergs Bürgermeister Thomas Schröder. Zusätzlich werden die städtischen Brunnen abgeschaltet.

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Auch Winterberg kennt sich bestens mit dem Licht aus: „Derzeit beschäftigen wir uns intensiv mit den Thema Straßenbeleuchtung. Ein großer Teil der Straßenbeleuchtung ist mit Niedrigenergieleuchten ausgestattet. In diesem Jahr werden weitere Teile der Straßenbeleuchtung für 284.267 Euro auf sparsame LED-Leuchten umgestellt. Nach der Umstellung sparen wir jährlich 130.000 kWh Strom und 51.800 Kilogramm CO2. Das ergibt dann derzeit eine Ersparnis in Höhe von 28.000 Euro. Diese Berechnung basiert noch auf Zahlen von Ende 2021, die Entlastung wird bei den künftigen Strompreisen deutlich höher ausfallen.“ In Medebach wurden die Außenbeleuchtungen und Durchlauferhitzer abgestellt, auf eine großräumige Weihnachtsbeleuchtung in den Straßen wird verzichtet. Hallenberg wiederum findet eine weitere Lösung: „Vom 24. Dezember 2022 bis zum 1. Januar 2023 werden wir im Zuge von Betriebsurlauben die städtischen Gebäude während der Winterheizphase für insgesamt 9 Tage auf ein Minimum reduzieren können.“ Langfristig sollen die öffentlichen Gebäude saniert werden.

Die Sprungschanze in Winterberg wird angestrahlt, wie hier anlässlich des irischen Nationalfeiertages
Die Sprungschanze in Winterberg wird angestrahlt, wie hier anlässlich des irischen Nationalfeiertages "St- Patrick´s Day" in grün. Auf Beleuchtung wird jetzt erstmal aber verzichtet. © Rita Maurer

Schwimmbäder und Schulen

Im Hallenbad Brilon kommt es wohl nicht zu einer Energiekrise, das Hallenbad ist an ein Fernwärmenetz angeschlossen.
Im Hallenbad Brilon kommt es wohl nicht zu einer Energiekrise, das Hallenbad ist an ein Fernwärmenetz angeschlossen. © Stadt brilon

Für die Schwimmbäder und Schulen gelten eigene Regeln. Winterberg und Medebach verfolgen dieselben Strategien: In beiden Städten wurde die Temperatur in den Bädern gesenkt, die Schulen werden als geschützte Orte weiterhin beheizt. Mit Hilfe der Landesförderung werden „CO²-Ampeln“ angeschafft. Durch den Einsatz der CO2-Ampeln werden die Räume bedarfsorientiert gelüftet und weitere Energie kann gespart werden. Auch Hallenberg weiß um die Bedeutung der Schulen als geschützte Lernstätte, deshalb wird man sich hier aufs genauste an die geltenden Gesetzte halten. Die Temperatur des Schwimmbads wird nicht gesenkt, da es sich bei dem einzigen Schwimmbad um ein Lehrschwimmbecken handelt.

Das Hallenbad in Marsberg wird derzeit saniert und ist voraussichtlich bis Januar 2023 geschlossen, die Schulgebäude werden energetisch saniert. Das AquaOlsberg läuft momentan nach einem Großbrand wieder im Teilbetrieb. So wird Energie gespart. Die Olsberger Schulen wurden schon vor geraumer Zeit saniert, dadurch kann nun eine beachtliche Menge Energie eingespart werden. Weitere Maßnahmen sind für die Schulen nicht vorgesehen. Einzig die Stadt Brilon befindet sich in puncto Bädern in einer Luxussituation: „Das Hallenbad ist an das Fernwärmenetz, ein Blockheizkraftwerk, angeschlossen, so dass die Stadt Brilon nicht auf fossile Ressourcen zurückgreifen muss.“

Eigenverantwortung und Kosten

In einer Angelegenheiten sind sich aber alle Kommunen einig: Dem Bürger möchte man zu keinen weiteren Maßnahmen anhalten, die Städte setzten auf die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger. Einzelne Fördermaßnahmen, beispielsweise Unterstützung bei der Einrichtung privater Photovoltaikanlagen oder so genannter „Balkonkraftwerke in Olsberg sollen die Bürger der Region unterstützen. Und noch eines steht für die Kommunen fest: Es kommen gewaltige Summen auf die Städte zu. Nur über die Höhe der Kosten herrscht kein Konsens.

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Zur Einordnung: Der Bürgermeister von Limbach-Oberfrohna, 25.000 Einwohner, rechnet mit 1,5 Millionen Euro Mehrkosten. Doch wie schätzen die regionalen Kommunen die Kosten ein? Grundsätzlich halten Brilon, Winterberg und Medebach die Schätzung für realistisch. Natürlich müssen man auch mit höheren Kosten rechnen. Die Stadt Olsberg plant in der Gebäudewirtschaft mit einer prozentualen Steigerung über die Energiearten hinweg von rund 120 Prozent. Das entspricht Mehrkosten von circa 320.000 Euro. Dabei ist das AquaOlsberg außen vor, da durch die dortige Situation nach dem Brand mit dem derzeitigen Teilbetrieb die Verbräuche nicht mehr vergleichbar sind. Die Bürgermeister von Hallenberg, Enrico Eppner, und Marsberg, Thomas Schröder, wollen keine Angaben machen. „Gegenwärtig ist es kaum möglich eine verlässliche Höhe der Mehrkosten zu beziffern, sicher ist jedoch dass wir mit steigenden Energiekosten rechnen müssen“, so Eppner. Schröder findet deutliche Worte: „Zum aktuellen Zeitpunkt können dazu keine seriösen Angaben gemacht werden.“

Egal wie sich die aktuelle Situation entwickelt, eines ist sicher: Auf die Kommunen werden horrende Summen zukommen. Es kommt auf jeden an, nur Gemeinsam lässt sich der Winter stemmen.