Winterberg. Der Gesetzesentwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zur Triage wird kritisiert. Auch in Winterberg gibt es Proteste und Ängste.
Der Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zur Triage bei knappen Behandlungskapazitäten stößt auf starke Bedenken bei den Grünen. „In der Grünen-Bundestagsfraktion gibt es erhebliche Vorbehalte gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Regelung der Triage“, sagte die für Behindertenpolitik zuständige Bundestagsabgeordnete Corinna Rüffer in einem Interview. „Ich bin ebenfalls sehr unzufrieden“, fügte sie hinzu. Bei der geplanten Neuregelung bestehe weiterhin die Gefahr, dass ältere und behinderte Menschen bei knappen Behandlungskapazitäten diskriminiert würden. Das sieht der der Vorsitzende des Seniorenbeirats Winterberg, Walter Hoffmann, genau so.
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Der Gesetzentwurf sehe als Entscheidungskriterium die sogenannte „kurzfristige „Überlebenswahrscheinlichkeit“ vor. Bei der Entscheidung, welcher Patient zuerst intensivmedizinisch behandelt wird (in einer Corona-Pandemie), darf man nicht „Leben gegen Leben“ abwägen. „Eine Diskriminierung von älteren und behinderten Menschen muss sicher ausgeschlossen werden. Im Falle knapper Ressourcen sollte nach der Diagnose beziehungsweise Indikation der Ärzte entschieden werden, wer zuerst behandelt wird“, sagt Hoffmann. Auch die Bundesärztekammer habe schon zum Gesetzesentwurf eine klare Stellungnahme abgegeben. „Außerdem bleibt für mich noch offen, wer entscheidet, ob eine Triage-Situation eingetreten ist“, sagt der Winterberger Hoffmann, der betont, dass dies seine persönliche Meinung sei.
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In dem Gesetzentwurf zur so genannten Triage bei pandemiebedingter Knappheit intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten heißt es, niemand dürfe bei einem solchen Selektionsverfahren „wegen einer Behinderung, der Gebrechlichkeit, des Alters, der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung“ benachteiligt werden. Unter Triage verstehen Mediziner ein System der Kategorisierung von Patienten, bei dem die hoffnungslosesten Fälle nicht mehr behandelt werden; das System kommt zum Tragen, wenn die Behandlungskapazitäten begrenzt sind und Ärzte eine Auswahl darüber treffen müssen, wen sie behandeln.
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Das Bundesverfassungsgericht hatte der Regierung im Dezember vergangenen Jahres auferlegt, unverzüglich Vorkehrungen zum Schutz behinderter Menschen bei der pandemiebedingten Triage zu treffen. Andernfalls sei zu befürchten, dass diese bei der Zuteilung intensivmedizinischer Behandlungsressourcen benachteiligt würden, erklärten die Richter. Geklagt hatten mehrere Menschen mit Behinderungen und Vorerkrankungen.