Brilon. Hauptberuflich ist Dr. Bernd Walters Arzt. Außerdem betreibt er zwölf Wasserkraftwerke in der Region und produziert damit ganz ordentlich Strom.
Durch steigende Energiepreise, Klimawandel und Ukraine-Krieg rücken alternative und regionale Möglichkeiten zur Energiegewinnung aktuell in den Fokus. Grund genug für ein Gespräch mit Dr. Bernd Walters aus Brilon, für den das Thema Wasserkraft schon von Kindesbeinen an eine ganz besondere Faszination ausübt. Heute betreibt er 12 Wasserkraftwerke in der Region, die insgesamt acht bis zehn Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr produzieren. „Damit kann man circa 3000 Haushalte versorgen“, rechnet er vor.
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Wasserkraftwerk in Giershagen
In Giershagen zum Beispiel läuft eine dieser Anlagen, die früher die alte Klostermühle des Klosters Bredelar versorgt hat. Der Generator wird heute angetrieben von einer Turbine, die aus dem Jahr 1948 stammt, erzählt Dr. Bernd Walters. Genutzt wird dafür Wasser, das aus der Diemel abgezweigt und über den Obergraben zu dem Wasserkraftwerk geleitet wird. Dort wird zur Energiegewinnung ein fünf Meter tiefes Gefälle genutzt, über das das Wasser in die Tiefe rauscht. „Die Anlage erzeugt so viel Strom wie 7000 LED-Birnen verbrauchen. Das funktioniert im Prinzip so wie ein Fahrrad-Dynamo - nur in groß“, erklärt der 69-Jährige Briloner und blickt in den Abgrund.
Verbindung von Natur und Technik
Ein Stück entfernt vom heutigen WEPA-Gelände, wo das kleine Wasserkraftwerk steht, befindet sich das Wehr, das zu dieser Anlage gehört. Ein idyllischer Ort, den nicht nur Dr. Walters, sondern auch sein kleiner Hund und Begleiter „Amor“ liebt, der dort fröhlich durchs Gras schnuppert. „Ich mag die Verbindung von Natur und Technik. Das fasziniert mich an der Wasserkraft“, erzählt der Bernd Walters, der hauptberuflich als Betriebsarzt arbeitet. In den 80er Jahren gründete er die „Sauerländischen Wasserkraftwerke“, nachdem er 1981 an der Möhne in Rüthen eine marode alte Mühle entdeckt, gekauft und selbst renoviert hatte. Nur einen Kilometer weiter flussabwärts steht eine weitere Mühle, die er ebenfalls erworben von Grund auf restauriert hat. Heute gehören ihm insgesamt zwölf Wasserkraftwerke im Sauerland und der angrenzenden Region unter anderem an Lenne, Diemel, Bigge, Ruhr und Möhne. Der Strom, der dort produziert wird, wird ins Netz eingespeist.
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„Wir brauchen jede Kilowattstunde, die auf diesem Weg produziert wird“
Schade findet der Walters, dass heute quasi keine neuen Anlagen mehr entstehen. Das Genehmigungsverfahren sei einfach zu schwierig und durch das in NRW geltende Verbandsklagerecht gebe es kaum noch Chancen für einen Neubau. „Dabei gibt es auch hier im Sauerland durchaus Potenzial“, findet der Wasserkraft-Experte. Vorteil der Wasserkraft zum Beispiel gegenüber der Windkraft sei, dass die Leistungsabgabe sehr gleichmäßig sei und nur jahreszeitlichen Schwankungen unterliege. Dort, wo Talsperren seien, würden die Anlagen sogar trotz der aktuellen Trockenheit weiter Strom produzieren. Er räumt allerdings auch ein, dass Wasserkraft in großem Stil aus seiner Sicht im Sauerland kaum Sinn machen würde, aber sie sei ein guter Mosaikstein, um umweltfreundlich Energie zu erzeugen. „Wir brauchen jede Kilowatt-Stunde, die auf diesem Weg produziert wird“, so seine Einschätzung.
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Politische Diskussionen
Unverständlich war für ihn deshalb der Vorstoß der Politik im Frühjahr dieses Jahres, kleine Wasserkraftanlagen aus Umweltschutzgründen nicht mehr durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zu fördern. Inzwischen sind diese Pläne aber vom Tisch. Die Wasserkraft wurde als „überragendes öffentliches Interesse“ eingestuft. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) kritisiert das: „Ein zentraler Zielkonflikt entsteht bei der Nutzung der erneuerbaren Energie Wasserkraft. Denn die dafür nötigen Stauwerke beenden die Durchgängigkeit eines Flusses – nicht nur für das Geschiebe aus Kies und Sand, sondern für Wasserlebewesen jeglicher Art.“
Dr. Walters kann diese Kritik nicht nachvollziehen und verweist darauf, dass es gute und funktionierende Lösungen wie zum Beispiel Fischtreppen gebe. Seine Faszination für die Wasserkraft wurde schon in seiner Kindheit geweckt. Der 69-jährige erinnert sich noch gut, wie er als kleiner Junge mit seinem Großvater die Mühlen und Wasserkraftwerke im Raum Herford besucht hat, wenn er dort zu Besuch war. Der Opa wiederum war von seinem Vater, der Betriebsleiter eine Spinnerei und Weberei war, für die Wasserkraft-Technik begeistert worden.
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Familientradition
„Und so wurde die Begeisterung in der Familie weiter gegeben“, freut sich der Briloner Arzt. Denn auch sein Sohn Jost ist ein „Wasserkraft-Werker“. Er arbeitet in dem Energie-Unternehmen des Vaters mit und studiert Wirtschaftsingenieurwesen mit dem Schwerpunkt Energietechnik. Die beiden Walters reparieren, restaurieren und halten alle Anlagen mit ihrer Firma selbst instand. Beiden ist es wichtig, diese traditionelle und für das Sauerland prägende Technik auch in Zukunft ein Stück weit am Leben zu erhalten. Und in Zeiten von Energieknappheit wichtig: „Mit unseren Anlagen kann man insgesamt immerhin circa 3000 Haushalte versorgen“, freut sich Dr. Walters.
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