Oberschledorn. Das Dorf Oberschledorn bei Medebach im HSK plant eine eigene Energieversorgung. Wie das gehen soll? Ein Besuch im Ort schafft Klarheit.

Nicht länger vom Gas, Öl oder der Willkür Russlands abhängig sein. In Zeiten von Klimawandel ein Zeichen setzen. An nachfolgende Generationen denken. Bezahlbares Heizen ermöglichen. Energie vor Ort produzieren. Diese Grundgedanken verfolgt eine neunköpfige Arbeitsgruppe aus Oberschledorn schon seit geraumer Zeit. Unter dem Namen „Schleidern Bio Energy“ arbeitet sie völlig ergebnisoffen an einer regenerativen Nahwärmeversorgung für das 850-Seelen-Dorf. Um das Projekt voranzubringen, steht jetzt eine Bedarfsanalyse an oberster Stelle.

Bezahlbare und regenerative Energie, um es im Haus warm zu haben: An dieser Idee arbeitet die Projektgruppe „Schleidern Bio Energy.
Bezahlbare und regenerative Energie, um es im Haus warm zu haben: An dieser Idee arbeitet die Projektgruppe „Schleidern Bio Energy. © dpa | Hauke-Christian Dittrich

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„Der Krieg in der Ukraine hatte gerade begonnen, da haben wir schon zusammengesessen und gesagt: Wir müssen an die Folgen für die Energieversorgung denken. Wir sollten uns Gedanken machen, wie wir zum Beispiel Nahwärme ins Dorf bekommen“, erinnert sich Ortsvorsteher Willi Dessel. Seitdem hat sich die Arbeitsgemeinschaft alle 14 Tage getroffen und alle möglichen Szenarien durchgespielt. In der Freizeit, an Wochenenden, bei Urlauben wurden verschiedene Alternativen unter die Lupe genommen. „Wir haben uns die ganze Bandbreite angeschaut. Sehr viele Varianten gibt es in Süddeutschland und Österreich. Wir könnten uns vorstellen, dass bei uns vielleicht eine Holz-Hackschnitzel-Anlage als Basis zum Tragen kommen könnte. Aber über das Wie und Wo ist noch keine Entscheidung gefallen“, sagt Berthold Dessel.

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Der Projektgruppe geht es geht jetzt zunächst um eine Bedarfsanalyse: Jeder Haushalt im Ort ist angeschrieben worden: 275 potenzielle Anschlussnehmer kommen als Energie-Abnehmer in Frage. Anhand eines Fragebogens soll ermittelt werden, ob eine generelle Bereitschaft zum Mitmachen besteht, wie groß die zu beheizende Fläche und der bauliche Zustand des Gebäudes ist. „Wir müssen zum jetzigen Stand einfach wissen, wie viele Kilowattstunden zusammenkommen. Das ist die Ausgangslage für alle weiteren Überlegungen. Denn danach richtet sich ja auch die Dimension der möglichen Anlage“, erklärt Martin Gebracht und erinnert an die Abgabefrist 25. September. Ein Fernwärmenetz für das ganze Dorf, vielleicht auch nur eine kleinere Variante für ein zusammenhängendes Quartier, Unterstützung durch Kooperationspartner – alles ist denkbar. In jedem Fall geht es der Gruppe aber um eine Vollversorgung.

Abgabefrist bis 25. September

Die Fragebögen sollten bis zum 25. September bei Ortsvorsteher Willi Dessel, im Lebensmittelgeschäft „Frische Kiste“ oder per Mail an schleidernbioenergy@gmail.com abgegeben werden.

Nach Auswertung der Analyse sollen die Ergebnisse in einer Bürgerversammlung bekanntgegeben werden.

Bei Rückfragen stehen die Mitglieder des Projektteams (Willi, Berthold und Daniel Dessel, Markus Brass, Daniel Schlüter, Markus Mütze, Willi Hellwig, Wolfgang Padberg und Martin Gerbracht) zur Verfügung.

Unabhängig und bezahlbar

„Manchen ist gar nicht klar, wie so ein Fernwärmenetz funktioniert. Vereinfacht gesagt wird das an einer zentralen Stelle erhitzte Wasser über Leitungen in die einzelnen Häuser gebracht. Eine eigene Heizung und damit auch eine Wartung der Anlage wären damit nicht mehr nötig“, erklärt Willi Dessel. Wenn die Idee zum Tragen kommen sollte, will die Arbeitsgemeinschaft professionelle Hilfe mit ins Boot holen. Schon im Vorfeld hatte sie mit der Effizienzagentur NRW Kontakt aufgenommen, erste Gespräche geführt und Ratschläge eingeholt.

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Bislang steht die Idee lediglich auf den Füßen der Projektgruppe. Es gibt keinen Verein, keine Genossenschaft, keine Gesellschaft, keinen Betreiber. Die Stadt Medebach, so Bürgermeister Thomas Grosche, begrüße solche Initiativen, die sich mit Klimawandel und regenerativen Energien beschäftigen. In Titmaringhausen und Referinghausen bestehe bereits ein gut funktionierendes Fernwärmenetz. Kleinere Anlagen gebe es in Medebach und Deifeld. Oberschledorn könne ein weiteres Beispiel für eine Energiewende vor Ort werden.

Auf Rückmeldungen angewiesen

„Wir als Stadt sind über das Vorhaben immer auf dem neuesten Stand. Wir treten momentan nur motivierend und unterstützend auf. Wenn es um Leitungsrechte oder administrative Unterstützung Hilfe geht, helfen wir gern.“ Gespannt wartet die „Schleidern Bio Energy“ nun auf die Rückmeldungen. Die Arbeitsgruppe ist sich einig: Das Abfrage-Ergebnis entscheidet darüber, ob, wann und in welchem Umfang Oberschledorn eine lokale Energiewende einläuten kann.