Brilon. Im Haus Hövener Brilon ist eine Ausstellung von den Künstlerinnen Milein Cosman und Hilde Schrader zu sehen. Gäste reisen sogar aus London an.

Der Museumsgarten an einem warmen Sommerabend bietet ein wunderschönes Ambiente. Hier konnte Museumsleiter Carsten Schloemer jetzt bei einer Vernissage eine besondere Sonderausstellung eröffnen. „Bewegung und Begegnung in Strich und Farbe“ zeigt Werke der in Marsberg (heute Café Magnus) geborenen Milein Cosman (1921-2017) und ihrer Freundin Hilde Schrader (1921-2007). 2021 wären beide 100 Jahre alt geworden. Anlass sind die Kunstausstellungen im Berliner Reichstag und dem Düsseldorfer Stadtmuseum und jetzt im Museum Haus Hövener in Brilon.

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Milein Cosman beherrschte das Zeichnen wie kaum eine andere. Sie konnte mit wenigen Strichen Bewegung und Personen darstellen. Hilde Schrader war Malerin, sie liebte das Spiel von Licht und Farben. Beide verbrachten die Schulzeit am Rhein und blieben, trotz ihrer durch den zweiten Weltkrieg bedingten Emigration nach England und Italien, lebenslang in Kontakt.

Ein Gast reist sogar aus London an

Zur Vernissage waren auch Bürgermeister Dr. Bartsch sowie Frauke Brauer und Thomas Mester (beide BrilonKultour) gekommen, die diese Ausstellung im Rahmen von „SauerlandHop Tanz in der Fläche“ nach Brilon geholt hatten. Begrüßt werden konnten auch einige Verwandte und alte Freund*innen beider Künstlerinnen. Die weiteste Anreise aus London hatte Julian Hogg, seit 1965 ein Freund von Milein Cosman und ihrem Mann Hans.

„Es ist wirklich außergewöhnlich, was in Brilon möglich ist“, begrüßte Dr. Bartsch die vielen Besucher. „Die Gästeschar kommt aus London und vielen anderen Bereichen des Kontinents. Von einem Gast habe ich sogar gehört, dass er sich in Brilon verliebt hat. Diese Ausstellung ist ein Höhepunkt in unserem Kulturleben. Dass sie schon im Reichstag gezeigt wurde, erfüllt mich mit Stolz“, erklärte er. „Kultur ist Lebenselexier“, galt ein großer Dank auch Thomas Mester und Frauke Brauer für ihre jährliche Zusammenstellung des 180-Seiten-BrilonKultour-Programms.

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Museumsleiter Carsten Schloemer gab einen Einblick in die lebenslange Freundschaft und das künstlerische Wirken der Beiden, die aus völlig unterschiedlichen Lebensperspektiven stammten. Hilde Schrader, die Tochter aus „gutem Hause“ und Nachfahrin einer ganzen Dynastie erfolgreicher Unternehmer und Milein Cosman, eine Frau mit jüdischen Wurzeln. Bei oberflächlicher Betrachtung hatten sie wenig Berührungspunkte, so Schloemer. „Aber sie waren Freundinnen, ein Beweis für die Verschmelzung von Lebenswegen. Ihre Werke sind aber auch ein Beweis dafür, dass man beide Wege aus anderen Perspektiven sehen muss. Vielleicht haben Sie auch besondere Erkenntnisse, wenn sie durch die Ausstellung gehen. Es kommt nicht darauf an, was man sieht, sondern was man fühlt.“

Beide Künstlerinnen besuchten Düsseldorfer Kunstakademie

Thomas B. Schumann, ein privater Kunstsammler, kannte Milein Cosman persönlich und informierte über die Lebenswege der Künstlerinnen, die beide die Düsseldorfer Kunstakademie besuchten. „Hilde Schrader wurde in Düsseldorf geboren und entwickelte sich zu einer renommierten bildenden Künstlerin. Ihre Themen waren Landschaften, Portraits und das Spiel von Licht und Farben. Sie starb 2007 in Italien. Milein kritzelte schon in der Schule unter dem Schreibtisch, wenn ihr langweilig war. Als sie 1945 nach London übersiedelte, galt sie bald als hochtalentierte Zeichnerin bei den Zeitungen. Sie starb 2017 in Hampstead.“

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Julian Hogg erzählte in seinen Grußworten: “Milein zeichnete eigentlich immer, außer wenn sie redete. Eine außergewöhnliche Frau. Nur die Ordner mit den Zeichnungen lagen überall im Haus verteilt in Stapeln herum.“ Er habe ihr beim Sichten der Werke und Portraits von bekannten Musikern, Tänzern und Politikern geholfen, die oft ohne Namen und unsigniert waren. „Vielleicht kann ich mich an den Namen erinnern, wenn ich die Zeichnungen sehe“, meinte sie dann. Unter den namenlosen Politpromis fanden sich auch Konrad Adenauer und Ludwig Erhard.

Auch Caterina Thiel, eine Freundin von Milein war dabei. „Milein hat schon als Kind die Leute angeschaut und ein Bild von ihnen gezeichnet. Sie konnte mit wenigen Schritten blitzschnell Bewegungen zeichnen.“

Die Lebenswege von Hilde Schrader und Milein Cosmann:

Nach gemeinsam verbrachter Schulzeit trennten sich die Wege der beiden 1937, aufgrund der wachsenden Bedrohung durch den Nationalsozialismus.

Hilde überlebt den Krieg in Deutschland und wanderte mit dem Kriegsgefangenen Giovanni Vighi nach Friedensschluss nach Italien aus. Sie hat in München und Düsseldorf Bildhauerei studiert und machte in Italien unter dem Namen Ilde Schrader als Künstlerin Karriere. Ihre Werke zeigen die intensive Auseinandersetzung mit alten italienischen Meistern. Ihre Motive für Ölbilder, Aquarelle und Holzschnitte suchte sie im Umfeld: Landschaften, Menschen bei der Arbeit, Stillleben und religiöse Themen.

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Milein machte eine Schulausbildung in der Schweiz und emigrierte 1939 nach England. Dort studierte sie an der Slade School of Fine Art und galt schnell als hochtalentierte Zeichnerin, vor allem von Musikern und Tänzern. Sie hatte die besondere Gabe, Bewegung und Charakterzüge mit wenigen Strichen einzufangen. Sie porträtierte viele berühmte Zeitgenossen, aber auch Menschen im Alltag. Ihre Werke sind in vielen bedeutenden Museen zu finden.

Im Briefwechsel tauschten die Frauen sich bis an ihr Lebensende aus. „Oft denk ich an Dich mit großer Wärme und Dankbarkeit, dass wir uns zusammenfanden“, schrieb Milein an Hilde 2007.

Die wichtigsten Infos zur Ausstellung:

Die Ausstellung „Bewegung und Begegnung in Strich und Farbe“ von Milein Cosman und Hilde Schrader im Museum Haus Hövener:

•wurde von Frauke Brauer (Brilon Kultour), Caterina Thiel, Julian Hogg und Isabell Schrader zusammengestellt.

•Die Ausstellung ist noch bis zum 16.10.2022 im Briloner Stadtmuseum zu sehen.