Winterberg. Im Rat der Stadt Winterberg ging es um die Flüchtlinge aus der Ukraine. Trotz stagnierender Zahlen gebe es keinen Anlass zur Entspannung.

Es war möglicherweise Martin Klaholz’ letzter Auftritt vor dem Rat der Stadt Winterberg am vergangenen Donnerstag (28. April). Schließlich gehe der stellvertretende Bereichsleiter für Arbeit und Soziales Ende diesen Jahres in den Ruhestand, verkündete Bürgermeister Michael Beckmann vor den versammelten Ratsfraktionen. Doch zuvor gab Klarholz noch einmal einen Überblick zur Flüchtlingssituation in der Stadt.

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Vorsicht trotz stagnierender Zahlen

Insgesamt stagnieren die Zahlen der geflüchteten Ukrainer in Winterberg, sagte er. Die Zahlen in ganz Nordrhein-Westfalen seien sogar rückläufig. „Ich sehe trotzdem keiner Grund zur Entspannung. Die Lage in der Ukraine ist dafür einfach nicht prognostizierbar“, sagte er. Die direkten Auswirkungen auf die Stadt seien davon abhängig, wie lange die Kriegsführung durch den Aggressor Wladimir Putin noch andauere. „Wir müssen weiterhin auf den Zustrom neuer Flüchtlinge in größerem Umfang gut vorbereitet sein“, sagte Klaholz. Dies sei der Stadt bisher gut gelungen, trotzdem müsse man unbedingt wachsam bleiben.

Vor grausamen Massakern an der Zivilbevölkerung fliehen viele Ukrainer unter anderem nach Winterberg. Ira Gavriluk hält ihre Katze, während sie zwischen den Leichen ihres Mannes, ihres Bruders und eines weiteren Mannes geht, die vor ihrem Haus in Butscha, am Stadtrand von Kiew, Ukraine,
Vor grausamen Massakern an der Zivilbevölkerung fliehen viele Ukrainer unter anderem nach Winterberg. Ira Gavriluk hält ihre Katze, während sie zwischen den Leichen ihres Mannes, ihres Bruders und eines weiteren Mannes geht, die vor ihrem Haus in Butscha, am Stadtrand von Kiew, Ukraine, © dpa | Felipe Dana

Insgesamt seien in Winterberg 179 ukrainische Flüchtlinge untergebracht, so die Statistik des Sozialamtes. Und die Zahlen spiegeln das allgemeine Bild in der gesamten Europäischen Union wieder. Die meisten ukrainischen Flüchtlinge seien weiblich und in Winterberg zu 43 Prozent unter 18 Jahren, so Klaholz. Insgesamt gebe es 59 männliche und 120 weibliche Ukrainer in Winterberg.

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Lediglich 20 ukrainische Männer ab 18 Jahren lebten mit Stand 28. April in der Region. In der Kernstadt seien 88 Menschen untergebracht, gefolgt von Züschen (52) und Siedlinghausen (12). In Silbach (7), Hildfeld (7) Neuastenberg (5) Niedersfeld (6) und Elkeringhausen (2) seien weitere Ukrainer untergebracht. Dort werde sich aber sicherlich in der kommenden Zeit noch einiges verschieben, da man Wohnraum teilweise nur befristet angemietet habe, sagte Klaholz. Insgesamt sei die Quote an beherbergten Flüchtlingen in Winterberg übererfüllt.

Die Aufnahmequote an Flüchtlingen richtet sich nach dem sogenannten „Königsteiner Schlüssel“: Demnach wird errechnet wie viele Flüchtlinge aufgenommen werden müssen. Mit Stand vom 25. April seien 44 Personen mehr in Winterberg als vorgeben - insgesamt seien dies 126 Prozent. Im Hochsauerlandkreis sei dies die zweithöchste Quote. Folge: Man müsse vorerst mit keinen offiziellen Zuweisungen durch das Land NRW rechnen.

Desaströs und katastrophal

Deutliche Kritik übte Klaholz an der ausländerbehördlichen Registrierung der Flüchtlinge. Diese laufe „desaströs und katastrophal“. Dabei sei sie eine zwingende Voraussetzung und habe große Bedeutung für den geplanten so genannten Rechtskreiswechsel. Diesen bräuchten die Flüchtlinge um beispielsweise arbeiten zu dürfen, beziehungsweise Leistungen wie Arbeitslosengeld oder Hartz 4 zu erhalten. Aktuell werden die Flüchtlinge über das Asylbewerberleistungsgesetz versorgt. Die Kosten tragen hierfür die Städte und Gemeinden. Doch das Verfahren, bei denen die Flüchtlinge registriert werden, laufe extrem schleppen. Über eine so genannte digitale PIK-Station im Kreishaus in Meschede sollen die Daten und Fingerabdrücke der Ukrainer erfasst werden. Doch das System hakt. Immer wieder scheitere es an der Datenübertragung.

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Statt der anvisierten 30 Minuten dauere der Prozess manchmal 60 Minuten oder länger, bestätigt auch der Pressesprecher des HSK Martin Reuther der WP. „Die Leitungen sind einfach total instabil und die Übertragung bricht immer wieder ab“, sagt Reuther. Mithilfe des sauerländischen Bundestagsabgeordneten Dirk Wiese (SPD) habe man mittlerweile eine zweite Station angeschafft. Demnächst hoffe man auf mobile Stationen, mit denen man dann die Flüchtlinge direkt vor Ort registrieren könne. Auch eine weiter Schicht am Samstag sei eingeführt worden, so Pressesprecher Martin Reuther.