Winterberg. Kritik an der Stadt Winterberg: Betreiber des Kurvenreichs machen die Verwaltung mitverantwortlich für das Aus. „Es ging einfach nicht mehr.“

Nach mehr als 13 Jahren ist Schluss: Spätestens zum 15. Juni macht das Bekleidungs- und Dekorationsgeschäft Kurvenreich an der Hauptstraße in Winterberg dicht. Das Ehepaar Chris und Bettina van der Lugt hatten schon länger um die Existenz des Betriebs kämpfen müssen. Dabei werfen sie der Stadt Winterberg fehlende Unterstützung vor.

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Nun sei endgültig Feierabend. Bereits im Februar hatte Bettina van der Lugt sich gegenüber der WP skeptisch geäußert, dass ihr Geschäft weiter existieren könne. Doch nun sei die Entscheidung endgültig gefallen:

Der Räumungsverkauf ist bereits angekündigt: Das Modegeschäft Kurvenreich wird bald schließen. 
Der Räumungsverkauf ist bereits angekündigt: Das Modegeschäft Kurvenreich wird bald schließen.  © Benedikt Schülter

Scharfe Kritik am Förderkonzept

„Unser Steuerberater hat uns dazu geraten und wir selber haben auch das Gefühl, dass es so einfach nicht weiter gehen kann“, sagt die Geschäftsfrau Bettina van der Lugt. Dabei hätte nicht nur die Coronapandemie eine Rolle gespielt. Sie fühle sich vom Land und der Stadt Winterberg im Stich gelassen. Die von der Stadt „angepriesene Hilfen“ hätten ihrer Meinung nach nur Auswirkungen auf Existenzgründungen und Geschäftsneueröffnungen. Noch bis Ende 2023 läuft das Förderprogramm Innenstadt der NRW-Landesregierung. Mit verbilligten Mieten will man so unter anderem in Winterberg den Leerstand in zentralen Lagen bekämpfen.

Dieses Konzept kritisiert van der Lugt scharf: „Bestehende Läden haben da leider keinerlei Vergünstigungen erhalten“, schimpft sie. „Ganz im Gegenteil“, so van der Lugt. Unter anderem sei der von der Stadt geforderte Fremdenverkehrsbeitrag einer der Gründe gewesen, warum sich ihr Geschäft nicht mehr lohne.

Partytouristen stören das Geschäft

Der Fremdenverkehrsbeitrag wird seit 2013 von den Personen und den Unternehmen erhoben, denen durch den Fremdenverkehr unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile geboten werden, heißt es auf der Homepage der Stadt. Der Beitrag berechnet sich aus der Multiplikation des Umsatzes aus dem Vorvorjahr, dem Vorteilssatz, dem Gewinnsatz und dem vom Rat der Stadt Winterberg festgesetzten Hebesatz. Laut der Pressesprecherin der Stadt, Rabea Kappen, müssen 96 Prozent aller Betriebe in Winterberg diesen Beitrag leisten.

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„Uns macht es traurig, nach 13 Jahren unsere Tätigkeit aufzugeben“, sagt van der Lugt. Aber steigende Einkaufspreise, Heizkosten, Benzinkosten und Strom hätten ihr Übriges zum Niedergang des Ladens getan. Dabei habe sich ihrer Beobachtung nach das Touristenklientel - hin zu Partytouristen - verändert. „Früher hatten wir Touristen, die sich immer noch etwas Schönes gegönnt haben. Jetzt wollen viele Touristen wilde Partys feiern“, hatte van der Lugt bereits im Februar gesagt.

Besonders habe sie sich aber darüber geärgert, dass sie von der Stadt mehrmals ermahnt worden sei, ihre so genannten Kundenstopper (Werbeschilder) von dem Bürgersteig vor ihrem Geschäft zu entfernen. „Wir durften sie nicht aufstellen, aber in der Stadt standen sie überall“, so van der Lugt. Erst viel später sei dies dann doch gestattet worden.

Stadt Winterberg kontert den harten Vorwürfen

Die Vorwürfe will Stadtsprecherin Kappen so nicht stehen lassen. Im vergangenen Jahr habe es mehrere Beschwerden gegeben, dass aufgrund von Warenauslage und Kundenstoppern im Bereich der Hauptstraße die „notwendige Gangbreite für Kinderwagen oder Rollatoren“ nicht mehr gegeben gewesen sei. Daraufhin habe das Ordnungsamt alle Betriebe auf Einhaltung der in einer „gemeinsame erarbeiteten Richtlinie“ mit dem Einzelhandelsstammtisch geforderten Gangbreiten überprüft.

Auch sei im Juli des vergangenen Jahres ein Einzelhandelsstammtisch zu genau dieser Thematik durchgeführt worden. „Zu diesem Einzelhandelsstammtisch waren alle Einzelhändler eingeladen, leider hat Familie van der Lugt hieran nicht teilgenommen, obwohl das Thema gerade ihr Geschäft betraf“, schreibt Kappen auf WP-Anfrage. In diesem Einzelhandelsstammtisch seien Vereinbarungen für Innenstadtbetriebe zum Aufstellen von Kundenstoppern und Warenauslagen getroffen worden. Dabei hätten alle Einzelhändler bekräftigt, wie wichtig ihnen ein behindertengerechter und barrierefreier Durchgang sei.

In jedem Fall wird nun das Kurvenreich schließen. Alleine schon wegen ihrer weiten Anfahrt aus ihrem Wohnort Alme und den hohen Spritkosten lohne sich das Geschäft einfach nicht mehr. Nun konzentriere sich das Ehepaar van der Lugt auf ihre beiden anderen Läden in Bad Berleburg und Reinhardshausen. „Das ist wirklich schade. Aber zum Schluss ging es einfach nicht mehr“, sagt Bettina van der Lugt.