Brilon. Der Briloner Pastor Frank Unterhalt verbreitet in einem Netzwerk mit anderen Geistlichen radikale Ideologien. Was sagen Propst und Bistum dazu?

Der Briloner Seelsorger Pastor Frank Unterhalt ist erneut ins Zentrum der Kritik geraten: Mit verschwörungstheoretischen Inhalten, radikalen kirchlichen Anschauungen und fundamentalistischen gesellschaftlichen Positionen zieht der Geistliche aus Brilon massive Kritik auf sich. Pastor Unterhalt ist Sprecher der 2018 gegründeten Priestervereinigung Communio veritatis (Gemeinschaft der Wahrheit). Dort schreiben unter anderem er und andere Kirchenvertreter zu kirchlichen sowie gesellschaftlichen Themen – auch über die Corona-Pandemie und über Corona-Impfungen. Das Erzbistum Paderborn sieht wegen der Publikationen zwar unmittelbar keinen Handlungsbedarf. Inhaltliche Positionierungen der Gruppierung würden aber geprüft – vor allem auf mögliche antisemitische Äußerungen Unterhalts.

Corona Leugner und dein apokalyptisches Weltbild

Auf der Internetseite communiovertitatis.de postet Pastor Unterhalt seit Monaten Inhalte wie: „Die sogenannte Covid-19-Pandemie entspricht dem freimaurerischen Plan der Neuen Weltordnung und wird als Instrument des ,Great Reset’ verwendet“ oder „Der ,Great Reset’ will die ganze Weltwirtschaft in den Kollektivismus zwingen. Seine Propaganda gibt einen dreifachen Zweck vor: „die Reparatur des globalen wirtschaftlichen Schadens, […] das Aufhalten einer kommenden Klimakatastrophe und die Nutzung der beiden zuvor erwähnten ‚Krisen‘ als eine Gelegenheit, sozialistische Ideale voranzutreiben, einschließlich der Zerstörung […] der individuellen Rechte“. Oftmals sind die Publikationen Unterhalts eine Aneinanderreihung von Zitaten mit einer Vielzahl von Fußnoten. Der Briloner wettert in Beiträgen „Gegen die verderbliche „Impf“-Diktatur“ oder wendet sich „ entschieden gegen den Missbrauch, im Paderborner Dom eine Impfaktion durchzuführen“, wo im Dezember 2021 eine solche Impfaktion durchgeführt wurde. In Beiträgen auf der Seite wird ein ein apokalyptisches Weltbild gezeichnet und es wird gegen Homosexualität gewettert.

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Communio veritatis ist laut Angaben auf der Internetseite ein Priesterkreis, der bei seiner Gründung 2018 zehn Mitglieder hatte. Pastor Frank Unterhalt aus Brilon ist Sprecher der Vereinigung. Gegenüber der Westfalenpost wollte sich Unterhalt nicht äußern. Die Redaktion hatte in den vergangenen Wochen mehrfach versucht, ihn telefonisch zu kontaktieren, auch auf zwei Anfragen per Email antwortete er nicht.

Das sagt der Briloner Propst Dr. Reinhard Richter

Propst Dr. Reinhard Richter: . „Ich kann die Verärgerung über die Publizierungen nachvollziehen.“
Propst Dr. Reinhard Richter: . „Ich kann die Verärgerung über die Publizierungen nachvollziehen.“ © WP | Jana Naima Schopper

Der Briloner Propst Dr. Reinhard Richter hat nach eigenen Angaben nur begrenzte Möglichkeiten, auf Pastor Unterhalt einzuwirken. Dienstrechtlich habe er keine handhabe. „Ich kann die Verärgerung über die Publizierungen nachvollziehen“, sagte Dr. Richter zur Westfalenpost. Nachdem das WDR-Format Westpol zuerst über die Communio veritatis berichtet hatte, habe er einige Anrufe und Mails von Gläubigen aus Brilon erhalten. Die Aussagen von Pastor Unterhalt würden allerdings im privaten Raum getroffen. Der Propst räumte ein, aus seiner Sicht sei bei einem kirchlichen Würdenträger Privates kaum zu trennen von seinem Amt als Pastor, aber: Solange die Aussagen strafrechtlich nicht zu beanstanden seien und er sie nicht zum Beispiel innerhalb kirchlicher Räume tätige, seien ihm die Hände gebunden. Propst Richter betonte, er habe sich in der Vergangenheit wiederholt in der Angelegenheit Pastor Unterhalt ans Erzbistum Paderborn, den Dienstherrn, gewandt. Ohne Ergebnis. Er werde aber das Gespräch auch mit Unterhalt selbst suchen.

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Gereon Fritz, ein überzeugter Katholik aus Brilon, fordert unterdessen das Erzbischöflichen Generalvikariat zum Handeln auf. „Der Priesterkreis Communio veritatis hat die Symptome einer Sekte“, sagt er. Das Handeln von Pastor Unterhalt werde nicht nur in Brilon als schädlich wahrgenommen.

Das sagt das Erzbischöflichen Generalvikariat

Das Erzbistum distanziert sich zwar inhaltlich von den Positionen der Priestervereinigung. Konsequenzen würden zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gezogen. „Im Erzbistum Paderborn gibt es eine große Vielfalt und Bandbreite an Meinungsäußerungen und Positionierungen. Die Veröffentlichungen der kirchenamtlich nicht anerkannten und somit privaten Gruppierung wurden bisher vom Erzbistum Paderborn als Meinungsäußerungen von Privatpersonen zur Kenntnis genommen“, heißt es in einer Antwort auf eine WP-Anfrage. Die Verantwortlichen im Erzbischöflichen Generalvikariat hätten „die Vertreter der Gruppierung, soweit sie bekannt sind, sowie die Vorgänge und ihre Entwicklung im Blick“. Im Erzbischöflichen Generalvikariat würden aktuell die Ausführungen und Positionierungen der Gruppierung geprüft: „Sollten sich daraus Handlungsbedarfe – auch hinsichtlich des Vorwurfs antisemitischer Haltungen der Gruppierung ergeben, werden diese Gegenstand einer rechtlichen Prüfung sein.“

Pastor Unterhalt ist seit rund zwei Jahren nur noch sporadisch öffentlich in Brilon tätig – zum Beispiel bei Beerdigungen. Gottesdienste hält er nicht mehr ab. Ist es nicht das erste Mal, dass Pastor Unterhalt ins Fadenkreuz der Kritik gerät. Zuletzt hatte er im Oktober 2017 den AfD-Politikers Dr. Malte Kaufmann ins Pfarrzentrum Brilon zu einer öffentlichen Veranstaltung eingeladen. Das hatte zu heftigen Diskussionen innerhalb der Gemeinde geführt.