Brilon. . Der Auftritt des AfD-Politikers Dr. Malte Kaufmann im Pfarrzentrum Brilon sorgt für einen Zwist. Die Haltung der Gläubigen ist gepalten.

  • Viele Besucher protestieren im Vorfeld und während der Veranstaltung gegen den Auftritt
  • Ihrer Meinung nach sollte die Kirche Politikern kein Forum in ihren Räumen geben
  • Es gibt auf der Veranstaltung aber auch Zustimmung für den Pastoralverbund Brilon

Es ist 19.35 Uhr. Zwei Polizeiautos fahren durch die Dunkelheit vors Pfarrzentrum Brilon. Aus Furcht, die Veranstaltung mit AfD-Politiker Dr. Malte Kaufmann könne gesprengt werden, hatte Pastor Frank Unterhalt nach Schutz gerufen. Manche der rund 180 Besucher im Saal halten das für übertrieben. Kopfschütteln in den Stuhlreihen. Die vier Beamten stehen draußen im Herbststurm. Drinnen weht ein Hauch von Revolution.

Ein Brief aus Paderborn erhalten

Viele Gläubige sind nicht einverstanden, dass ihre katholische Kirche Kaufmann eingeladen hat. Kirche und Parteinahme? Kirche und AfD? Das passt nicht, sagen sie. Einige Gemeindemitglieder wenden sich Tage vor der Veranstaltung an den Propst und protestieren, andere schreiben nach Paderborn.

Pastor Frank Unterhalt hatte den Redner eingeladen.
Pastor Frank Unterhalt hatte den Redner eingeladen. © Boris Schopper

„Die Deutschen Bischöfe haben sich vom populistischen Vorgehen und zahlreichen Positionen der AfD klar und unmissverständlich distanziert“, heißt es im Antwortschreiben des Erzbischöflichen Generalvikariats. Und weiter: Es sei „Sache jedes einzelnen Christen, auch gerade im Rahmen eines solchen Veranstaltungsformats klar und eindeutig Stellung zu beziehen, wozu ich Sie ausdrücklich ermuntern möchte.“ Das tun auch viele Besucher an diesem Abend.

Demonstranten auch aus der links-alternativen Szene

Dr. Malte Kaufmann erntet indes auch Applaus. Für seine Positionen, für seine Vita, für das, wofür er steht. Es ist ein Riss, der an diesem Abend durch die Gläubigen im Pastoralverbund geht. Ein Besucher sieht am Ende der Veranstaltung keine Basis mehr, weiter im Kirchenvorstand mitzuarbeiten.

AfD-Politiker Dr. Malte Kaufmann.
AfD-Politiker Dr. Malte Kaufmann. © Boris Schopper

„Ist christliche Politik möglich?“ – unter diesem Titel hatte Pastor Frank Unterhalt im Namen des Pastoralverbunds Brilon Dr. Malte Kaufmann eingeladen. Demonstranten, darunter auch einige aus der links-alternativen Szene, stehen eine halbe Stunde vor Beginn des Vortrags am Eingang zum Pfarrzentrum. Sie halten Anti-AfD-Plakate hoch. Manche wollen mit Transparent in den Saal. Sie werden abgewiesen. Es wird diskutiert. Schließlich pappen sie ihre Schilder von außen an die Scheibe. Dennoch fürchtet Pastor Unterhalt, die Situation könne eskalieren. Der Polizeischutz wird geordert.

Ein ruhiger, sachlicher Streit bestimmt den Abend

Es bleibt aber ruhig. Es wird gestritten. Sachlich. Kaum ein lautes Wort fällt. Dr. Malte Kaufmann referiert. Nach zehn Minuten verlassen vier, fünf Besucher den Saal. „Ja gehen Sie ruhig“, ruft er ihnen hinterher. Kaufmann ist erzürnt. Über den offenen Brief, der – wie berichtet – aus den Reihen der SPD an den Probst verfasst wurde. Ein herber Protest gegen den Auftritt des AfD-Politikers in Räumen der Kirche und im Namen der katholischen Kirche. „Der offene Brief hat mich sehr schockiert“, sagt Kaufmann mit bebender Stimme und referiert dann 15 Minuten über Anfeindungen, die er ohnehin bei Wahlkampfauftritten erlebt habe.

14 Jahre war Kaufmann in der CDU in Heidelberg aktiv

Christen fordert er auf, sich politisch und darüber hinaus zu engagieren: Leserbriefe schreiben, in Sozialen Netzwerken posten. Es fehle an christlichen Impulsen in der Politik und in der Gesellschaft.

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Kaufmann zitiert Bibelstellen, er wirbt für ein Engagement gegen Abtreibungen, gegen die Frühsexualisierung von Kindern oder gegen den „Gender-Mainstream“. 14 Jahre war Kaufmann in der CDU in Heidelberg aktiv. Dann sah er nach eigenen Aussagen seine Partei politisch immer weiter nach links driften. Seine neue Heimat fand er in der AfD. Die christlichen Werte sieht er im Programm der Alternative für Deutschland am ehesten umsetzbar.

Viele Besucher kritisieren nach dem Vortrag, es habe sich um eine Partei-Werbeveranstaltung für die AfD gehandelt. „Ich bin als überzeugter Christ unendlich traurig, dass in diesem Haus eine solche Veranstaltung stattfindet“, erklärt einer. Ein anderer Besucher sagt: „Hier wurde ein Forum für eine Partei geschaffen.“

Am Schluss spricht Propst Dr. Reinhard Richter

Andere Besucher applaudieren. Zustimmung für die Positionen von Dr. Malte Kaufmann, Zustimmung für den Pastoralverbund Brilon, dass er diese Veranstaltung im kirchlichen Umfeld organisiert hat.

Am Schluss ergreift Propst Dr. Reinhard Richter das Wort. „Als Propst will ich das Haus bewusst offen halten“, sagt er. Auch wenn es manchmal kontrovers zugeht. Der Propst wirbt dafür miteinander zu ringen. Das sei schließlich das Wesen der Demokratie. Dafür erntet er Applaus – verhaltenen Beifall. Es ist ein Riss, der an diesem Abend durch die Gläubigen im Pastoralverbund Brilon geht.

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