Olsberg. Krieg in der Ukraine. Menschen auf der Flucht. Viele nehmen ihre Hunde mit. Aber nicht überall in Deutschland geht das. Eine Olsbergerin hilft:

Für manche mag es zynisch klingen. Da sterben Menschen in der Ukraine im Bombenhagel, verlieren ihr Hab und Gut. Und dann wird Hilfe für Tiere aus den Kriegszonen angeboten. Wer aber die furchtbaren Bilder von traumatisierten Menschen sieht, entdeckt ganz oft, dass sie fast alles in ihrer Heimat zurücklassen. Dass sie aber zum Beispiel mit ihrem Hund auf dem Arm oder an der Leine vor dem Schrecken fliehen.

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„Man darf ja eines nicht vergessen: Auch das ist menschliches Leid, wenn Menschen von ihren liebgewonnenen Tieren getrennt werden“, sagt Birgit Büttner. Sie ist Sprecherin des Verbandes für das Deutsche Hundewesen (VDH) mit Sitz in Dortmund. Und der hat eine tolle Idee: Auf www.help.vdh.de können sich freiwillige Helfer anmelden, die Hunde und/oder auch Flüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen und ihnen helfen möchten.

Kiew: Ein Mädchen umarmt seinen Hund während der Evakuierung aus gefährlichen Gebieten der ukrainischen Hauptstadt.
Kiew: Ein Mädchen umarmt seinen Hund während der Evakuierung aus gefährlichen Gebieten der ukrainischen Hauptstadt. © dpa | Ukrinform

Eine von den Hundehelferinnen ist Natascha Thoridt aus Olsberg. Seitdem ihr Name in der Liste auftaucht, ist kein Tag mehr wie vorher. „Ich habe inzwischen eine Art ,Fressnapf‘-Filiale auf dem Dachboden. Futter, Leinen, Decken – lauter Spenden für Tiere werden hier gesammelt“, sagt die Olsbergerin. Wer etwas abgeben möchte, bringt es an die Adresse „Niethaken 7“. Aber auch wer etwas braucht, kann dort hingehen. Das ist die eine Seite der Hilfsmedaille. Die andere ist die Vermittlung von Pflegestellen:

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„Viele Menschen aus der Ukraine finden bei Verwandten Unterkunft. Jetzt habe ich den ersten Fall, dass eine Familie mit einem Hund angekommen ist und die Gastgeber eine Hundehaarallergie haben. Und speziell in größeren Einrichtungen wie Sammelunterkünften oder auch in manchen Wohnungen sind Hunde nicht erlaubt“, erklärt die Olsbergerin. Seit zwei Jahren hat sie eine eigene Hundepension und „hütet“ außerdem stundenweise auch die Hunde berufstätiger Menschen in ihrer „Huta“ - also ähnlich wie in einer „Kita“. Binnen weniger Tage hat sie ein Netzwerk von 16 Helferinnen und Helfern aufgebaut, die alle bereit sind, vorübergehend ein Tier aufzunehmen. Kostenlos. „Wenn sich jemand bei mir meldet, geht die Anfrage in unsere WhatsApp-Gruppe und wir schauen, wer helfen kann“, sagt Natascha Thoridt.

Große Unterstützung

In 90 Prozent der Fälle seien es angenehme Telefonate. Aber es gibt auch Neider, „Rambos“, wie sie sagt, die ihr unterstellen, das Ganze als Werbung für ihre Pension zu nutzen. „Das habe ich gar nicht nötig. Und außerdem machen wir alles unentgeltlich. Wenn sich die Situation hoffentlich bald wieder beruhigen sollte und ich zum Beispiel noch Futterspenden übrig behalte, wird alles an Tierschutzorganisationen wie die Pfotenhilfe gespendet.“ Deswegen nimmt sie auch kein Geld an, weil sie nicht als eingetragener Verein handelt und offiziell nicht als gemeinnützig anerkannt ist. Ganz wichtig ist der gelernten Pflegekraft aber, dass die Flüchtlinge weiterhin Kontakt zu den Tieren halten dürfen. Denn wer selbst Hunde hat, der weiß, wie unverzichtbar das gerade jetzt in diesen schwierigen Zeiten für das seelische Wohlbefinden ist - von Mensch und Tier.

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Einreise eigentlich verboten

Sorge bereitet ihr ein anderes Problem: „Streng genommen dürften die Tiere gar nicht ohne Weiteres nach Deutschland einreisen. Da die Ukraine immer noch Tollwutgebiet ist, müssen die Hunde 30 Tage in Quarantäne.“ Auch Staupe sei dort noch weit verbreitet. Wer auf der Flucht ist, denkt vermutlich nicht daran, den Impfausweis des Hundes mitzunehmen. Um aber das Tollwut-Risiko hier in Deutschland, das seit 20089 als tollwutfrei gilt, so gering wie möglich zu halten, bittet Natascha Thoridt die aus der Ukraine kommenden Flüchtlinge darum, sich mit der zuständigen Veterinärbehörde beim HSK in Verbindung zu setzen, um den Gesundheitsstatus des Tieres im Hinblick auf Tollwut bestimmen zu lassen, um gegebenenfalls Maßnahmen einleiten zu können. Dazu gehört etwa eine Isolierung des Tieres, eine Antikörper-Titer-Bestimmung, eine Tollwut-Impfung, Mikrochipping oder die Ausstellung eines Heimtierausweises.

Thoridt: „Um auf Nummer Sicher zu gehen, müssten eigentlich alle Tiere geimpft und ihr Blut müsste untersucht werden. Aber das kostet. „Beim Impfen hoffen wir, dass die Tierärzte uns helfen und preislich entgegenkommen. Aber die sogenannte Titer-Wert-Bestimmung ist ein Laborauftrag und den kann der Arzt nicht billiger machen.“

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Wer die Aktion unterstützen möchte, kann sich auf der Seite des Verbandes für das Deutsche Hundewesen (VDH) informieren (www.help.vdh.de) oder mit Natascha Thoridt, 0171 6881421 Kontakt aufnehmen.

Neulich hat eine 80-jährige Frau bei ihr angerufen: „Ich möchte Flüchtlinge bei mir aufnehmen und auch einen Hund. Und ich koche für sie“, hatte die Dame gesagt. Das sind so Momente, in denen Natascha Thoridt weiß, warum sie sich engagiert: „Ich mache das einfach gern. Und wenn ich aus meinem Land fliehen müsste, wüsste ich was ich mitnähme: Meinen Hund, meine Familie und meine Scheckkarte.“