Brilon. Schläger überfallen Team und Gäste der Ratsschänke Brilon. Sie brechen einem Mann sogar sein Bein. Was wirklich geschah – der Augenzeugenbericht:
Eine Diskussion über die Corona-Regeln eskaliert am Wochenende in der Ratsschänke Brilon: Drei Männer gehen Samstagnacht auf den Inhaber der Kneipe und sein Personal los – mit Faustschlägen und Tritten. Ein Gast kommt mit einem Bruch des Wadenbeins ins Krankenhaus, vier weitere Menschen werden leicht verletzt. Eine Mitarbeiterin wird, nachdem sie hyperventilierte, von einem Notarzt betreut. Jan Mittmann, Inhaber der Ratsschänke, steht noch unter Schock. Gegenüber der Westfalenpost schildert er einen Abend, der außer Kontrolle gerät. Die Polizei bestätigt den Vorfall und auch, dass ein Tatverdächtiger in polizeilichen Gewahrsam genommen wurde.
Von jetzt auf gleich wurde es rappelvoll, Menschen drängen in die Ratsschänke Brilon
Gegen 2 Uhr am Sonntagmorgen ist es recht ruhig in der Ratsschänke. „Wir waren vier Leute hinter der Theke, fünf Tische waren vorab reserviert“, sagt Jan Mittmann (24). Von jetzt auf gleich sei es dann „rappelvoll“ gewesen. Jan Mittmann vermutet, dass eine andere Briloner Kneipe geschlossen habe, die Leute von dort zu ihm gekommen sind. Immer mehr Menschen drängen in den Schankraum, in dem laut Corona-Schutzverordnung 2G plus angeordnet ist. Doch es kommen zu viele Gäste auf einmal. Jan Mittmann ordnet an, nur diejenigen zu bedienen, die einen gültigen Nachweis vorlegen können. „Wir sind wirklich sehr gründlich mit den Kontrollen, von Anfang an. Wer nicht ordentlich geimpft ist, den schicken wir weg“, betont der Inhaber.
Jan Mittmann steht zwei Tage später in der Ratsschänke vor der Theke. Er deutet auf einen Tisch in der Ecke, rechts neben der Theke. „Dort hat eine Gruppe gesessen, mein Kollege ist hin um sie zu kontrollieren, aber einer von ihnen hatte nur eine Impfung und keinen Test. Laut Corona-Schutzverordnung mussten wir ihn wegschicken. Wir haben ihn höflich darauf hingewiesen, zu gehen.“ Die Männer hätten aggressiv reagiert. Schimpfwörter wie „Nazi“ fallen. Jan Mittmann schüttelt den Kopf. „Ich bin kein Nazi. Wir müssen diese Regeln kontrollieren.“ Sein Kollege Max Becker*, der hinter der Theke arbeitet, will seinen Namen nicht nennen – zum eigenen Schutz. Er sagt: „Wir müssen 2Gplus umsetzen und diese Kontrollen durchführen.“
Die Gruppe weigert sich, Masken aufzusetzen, wird aggressiv
Es ist 2.14 Uhr, als es immer voller wird, sich immer mehr Menschen durch die Tür drängen. Jan Mittmann redet mit seinem Kollegen hinter der Theke. „Ich habe da schon angeordnet, dass wir nur noch diejenigen bedienen, die wir kontrollieren“, sagt Mittmann. Er stellt an diesem Abend die Musik aus, brüllt laut in die Menge und appelliert an die Maskenpflicht. „Maske auf, sonst ist hier gleich ganz schnell zu. Ich sag es nicht 50 Mal, nach zwei Jahren sollte man das wissen.“ Den Schankbetrieb stellen sie vorerst ein. Gleichzeitig diskutiert die Männertruppe rechts von der Theke noch immer. Einer brüllt: „Soll ich jetzt Maske tragen?“ „Das wäre ein Anfang“, entgegnet Jan Mittmann noch, nennt ihm die Gründe für sein Handeln und zählt die Regeln auf.
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Nur wenig später steht der ungeimpfte der Männer auf und verlässt die Kneipe, seine Freunde kommen um die Theke herum. Nach kurzer Diskussion landet ein Faustschlag am Kopf von Jan Mittmann, nur knapp an seinem Kollegen Max Becker vorbei. Dieser schubst den Angreifer zurück, daraufhin eskaliert die Situation. Der Angreifer schlägt und tritt auf die Ratsschänke-Mitarbeiter ein, eine Mitarbeiterin schreit. „Ich habe irgendwann gedacht, bevor es eskaliert, gehe ich mit ihm raus. Habe gesagt, er soll ruhig bleiben, wir können reden“, erzählt Jan Mittmann. Er schafft es, den Angreifer vor die Kneipe zu bringen. Der Freund des Angreifers bleibt an der Theke stehen, schlägt einem Gast in den Hals. Schlägt mit den Fäusten zu, ein Stuhl fliegt, ein Gast landet auf einem der Tische. Der Angreifer tritt zu. Ein weiterer Freund kommt dazu, teilt ebenfalls aus. Die Gäste drängen sich im Nebenraum zusammen, um der Prügelei zu entgehen. Jemand ruft die Polizei. Die Beamten kommen schnell, wirken laut Mittmann aber „überfordert.“ Max Becker sagt: „Sie waren zuerst draußen und haben sich um die Situation gekümmert. Dann kamen sie rein und haben uns darauf hingewiesen, dass im Nebenraum die Corona-Regeln nicht eingehalten werden, weil sich die Gäste dort zusammengedrängt hatten. Sie haben zu Jan gesagt, wenn sie das dem Ordnungsamt melden, dann würde er seine Konzession verlieren.“
Pressesprecherin der Polizei kann noch keine genauen Angaben zum Hergang machen
Laura Burmann, Pressesprecherin der Polizei im HSK, bestätigt, dass Beamte in der Nacht von Samstag auf Sonntag zu einer Körperverletzung ausgerückt sind. Genauere Angaben kann sie noch nicht zum Tathergang machen, der Polizei liege ein Video vom Tathergang vor, das sei aber noch nicht ausgewertet. Zwei Tatverdächtige habe die Polizei ermittelt. Ein 33-Jähriger Briloner mit türkischer Staatsangehörigkeit sowie ein 22-Jähriger Briloner mit deutscher Staatsangehörigkeit. Der 22-Jährige habe sich zudem dem Platzverweis der Polizei widersetzt und sei vorübergehend in polizeilichen Gewahrsam genommen worden. Jan Mittmann betont allerdings, dass der 22-Jährige keiner der Angreifer gewesen sei. „Das war keiner der Gruppe vom Ecktisch, sondern ein alkoholisierter Gast, der sich eingemischt hat und daraufhin angegriffen wurde.“ Die Polizei kann dazu keine Details nennen, gibt aber an, dass der 22-Jährige ebenfalls als Geschädigter auftrete. Wie genau der Abend abgelaufen sei, könne Laura Burmann noch nicht sagen. Max Becker sagt: „Es gab ja außerdem noch den dritten Mann, von dem die Polizei keine Personalien aufgenommen hat.“
Jan Mittmann steht unter Schock: „Der hat ein Glas in die Hand genommen, ein Glas“
Jan Mittmann steht noch unter Schock. Er sagt: „Der hat ein Glas in die Hand genommen, ein Glas. Was da hätte passieren können.“ Mehrere Menschen müssen noch am selben Abend ins Krankenhaus. Jan Mittmann erzählt, dass sein Kopf geröntgt wurde. Er hat Prellungen im Gesicht, die Nase ist beschädigt. In der Nacht sorgt der Schock für einen heftigen Neurodermitis-Schub. Sein Kollege hat eine Platzwunde am Oberbein, Prellungen am Jochbein. Seine Seite ist geprellt, der Kiefer muss von einem Spezialisten untersucht werden. Die Kollegin hat Prellungen an den Rippen. Sie ist nach dem Vorfall hyperventiliert und zusammengebrochen. Ein Notarzt hat sich um sie gekümmert. Drei weitere Gäste sind verletzt, einer von ihnen hat einen Bruch am Wadenbein durch den Angreifer davongetragen.
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Noch am Sonntag gehen Jan Mittmann und Max Becker zur Polizei. Montag sind sie wieder bei der Polizei, machen eine detaillierte Aussage. Geschlafen haben sie kaum. Zu tief sitzt der Schock und die Angst. „Sie haben gedroht, dass wir noch eins auf die Fresse bekommen“, zitiert Max Becker die Angreifer. Wenn die beiden etwas in der Ratsschänke erledigen müssen, sind sie nervös. Fürchten, dass die Angreifer zurückkommen.
Ratsschänke bleibt vorerst geschlossen
Jan Mittmann reagiert frustriert. „Alles ist so gut gelaufen. Wir sind immer vorsichtig, führen die Kontrollen gewissenhaft durch. Wir sind keine Schlägerkneipe und dann kommt die Polizei und wirft mir vor, dass ich mich nicht an die Regeln halte nachdem ich angegriffen werde.“ Die Ratsschänke schließt vorerst für diese Woche. Jan Mittmann will abwarten, was die Ermittlungen ergeben.
*Max Becker möchte seinen Namen nicht nennen, er ist der Redaktion bekannt