Hochsauerland. Der Wind im Sauerländer Winter ist heftiger als sonst - im Schnitt mehrere Stundenkilometer. Woran das liegt und ob die Böden genug Wasser haben:

Geht es Ihnen auch so? Gefühlt ist es in den vergangenen Wochen immer stürmischer geworden. Gestern auch wieder! Die Ziegel auf dem Hausdach rappeln, die Balkonbespannung aus Stoff hat erstmals Risse bekommen und man hat das Gefühl, im Wald liegt jeden Tag ein neuer Baum flach. „In der Tat sind die vergangenen Wochen schon recht windig gewesen“, sagt Julian Pape vom Wetterportal Sauerland. Immer dienstags und freitags gibt er in unserer Zeitung regional bezogen sehr genaue Vorhersagen über die Wetterentwicklung. Einen Trend nach dem Motto „Immer stürmischere Zeiten im Sauerland“ will er daraus aber nicht ableiten. Nur so viel: Das Jahr ist spür- und messbar windiger als sonst gestartet.

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Die Papen`schen Wetterstation in Neuastenberg ist dem Wind direkt ausgesetzt und zeigt Erstaunliches: „Normal haben wir im Januar eine durchschnittliche Windgeschwindigkeit von rund fünf oder sechs Stundenkilometern. In diesem Januar waren es acht. Die letzten drei Wochen sogar dreizehn“, sagt der Dipl. Geograf. Die Werte klingen im ersten Moment harmlos. Aber gemeint ist das durchschnittliche Wind-Tempo von 30 Tagen und jeweils 24 Stunden. Orkanböen wie die von 112 km/h am 2. Februar auf dem Kahlen Asten fallen darunter und sind schon eine ganz andere Hausnummer. Aber: Sie pusten nur für wenige Minuten oder Sekunden in dieser Stärke. Dieser Wert mittelt sich quasi weg. Von daher ist der Durchschnittswert von 8 oder 13 weitaus beachtlicher. Nur nochmal zur Erinnerung: 2007 bei Kyrill waren es 130 km/h – und das über mehrere Stunden. Den letzten Orkan hatten wir am 21. Oktober 2021. Dann war es wohl „Ignatz“, der so manchen Baum entwurzelte.

Schön wär’s: Aber solche Wetterlagen mit Schnee und Sonne sind bislang in diesem Winter eher die Ausnahme gewesen.
Schön wär’s: Aber solche Wetterlagen mit Schnee und Sonne sind bislang in diesem Winter eher die Ausnahme gewesen. © WP | Thomas Winterberg

Immer nass und windig

Das windige Wetter hat einen Grund: „Im Sommer hatten wir lange Zeit eine stabile Wetterlage. Jetzt ist es eigentlich immer nass, feucht und windig. Die Lage ist sehr instabil und damit typisch für das Sauerland und den Winter hier bei uns“, sagt Julian Pape. Ein Tief löst das Nächste ab. „Ein richtig ruhiger Winter mit Kälte, blauem Himmel und Sonnenschein ist mehr durch Hochdruckeinflüsse geprägt. Die hatten wir bisher selten.“ Die Luftmassen bewegen sich dabei viel langsamer, es gibt geringere Luftdruck-Unterschiede und – dann hätten wir auch weniger Wind.

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Dass das Weltklima von steigenden Temperaturen geprägt ist, hat bereits das IPCC vorhergesagt. Das Intergovernmental Panel on Climate Change ist eine von den Vereinten Nationen im Jahr 1988 ins Leben gerufene Expertenkommission zum Thema Weltklima und Klimawandel. „In Sachen zunehmende Niederschläge und mehr Wind gibt es global noch keine belegbaren Aussagen. „Dass durch die nachweisliche Klimaerwärmung mehr Energie in der Atmosphäre herrsche und es dadurch zu mehr Niederschlag komme, sei bislang nur eine Annahme, erklärt Pape. Wetter sei nun mal ein „chaotisches System“, das von vielen und manchmal klitzekleinen Faktoren abhänge. „Das Beispiel vom Schmetterling, der in China mit den Flügeln schlägt und dadurch Wind und Wetter beeinflussen kann, ist sehr bildhaft, aber nicht von der Hand zu weisen.“

Freitag wieder knapp 80 km/h auf dem Kahlen Asten

Der gestrige Tag war ein Klassiker für die oben beschriebene, von Tiefdruckgebieten bestimmte Wetterlage. Auf dem Kahlen Asten pustete es heftig und bis zum Mittag erreichte der Wind Spitzengeschwindigkeiten von knapp 80 Stundenkilometern.

An Niederschlägen fielen bis zum Mittag sechs Liter – in Form von Flocken.

Wasser im Boden angekommen

Kommen wir noch einmal zum „gefühlten Wetter“. Denn eigentlich war es doch in den vergangenen Wochen viel zu nass, oder? „Das trifft höchstens auf den Januar zu. Dezember und November waren nachweislich zu trocken“, sagt Julian Pape. Aber auch da variieren schon innerhalb des Sauerlandes die Werte ganz enorm: Die Station in Marsberg-Westheim kam im Januar gerade einmal auf 75 Liter pro Quadratmeter; in Neuastenberg waren es 155, was gerade einmal etwas mehr als der Januar-Mittelwert von 140 ist. „Bislang ist in diesem Winter wenig Wasser verdunstet. Das bedeutet, dass die meisten Niederschläge in den Flüssen gelandet sind“, sagt der Fachmann. Vor allem im Bereich der Medebacher Bucht sei in Bodenschichten von rund 1,50 Meter Tiefe weiterhin Trockenheit vorhanden - die Erblast aus den vergangenen trockenen Sommern. Rund um Winterberg und im nördlichen Sauerland sei diese Dürre aber auch in der Tiefe kaum noch ausgeprägt.

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Während der kalendarische Frühlingsanfang erst am 20, März ansteht, ist der meteorologische Frühlingsanfang bereits am 1. März. Grund dafür: Die Wetterexperten rechnen wegen der besseren Vergleichbarkeit von Klimadaten die Jahreszeiten in vollen Monaten. Deshalb endet der Winter für sie mit Ende Februar, der Frühling umfasst März, April und Mai.

Skisaison bis in den März und April

Gilt das Winterende dann auch auf den Pisten? Julian Pape: „Die Wintersport-Saison gilt in der Regel bis Mitte März. Bis dahin wird auch beschneit. Aber trotz der sehr wechselhaften Bedingungen hat sich der Winter in den Höhenlagen gut gehalten. Dort, wo generell nicht beschneit werden konnte, weil es Naturschneegebiete sind wie zum Beispiel in Bruchhausen, hat es bisher nur drei Saisontage gegeben. In beschneiten Gebieten sprechen wir aber von mehr. Neuastenberg hatte in diesem Winter bislang 50. Im Bereich des Skiliftkarussells (dort waren es bislang 75 Tage) werde oft bis in den April Skifahren angeboten. Pape: „Ich gehe davon aus, dass bis Mitte März so viel Schnee auf den Pisten liegt, dass er bis in den April reicht.“ Und das trotz windig, nasser Witterung.