Brilon. Der Seniorenbeirat der Stadt Brilon will sich für alle Interessenten öffnen. Und das stellt sich Vorsitzender Reinhard Prange vor:
Mit corona-bedingt einjähriger Verspätung soll in der zweiten November-Hälfte die konstituierende Sitzung des neuen Seniorenbeirats der Stadt Brilon erfolgen. Dabei steht schon eine zentrale Weichenstellung für die künftige Arbeit auf der Tagesordnung: Nach Auffassung des Vorstandes sollen künftig mehr als die laut Satzung auf maximal fünf begrenzten „Einzelpersonen“ in dem Gremium mitwirken können. Wir sprachen mit dem Vorsitzenden des Seniorenbeirats, Reinhard Prange, über das Thema:
Kling die Bezeichnung Senioren mittlerweile nicht ein wenig angestaubt?
Machen Sie einen Vorschlag?
Wen wollen Sie mit der geplanten Öffnung ansprechen und was wollen Sie damit erreichen?
Die gültige Satzung ist hier sehr eindeutig. Wir haben immer wieder Anfragen von interessierten Seniorinnen und Senioren, die sich gern beim Seniorenbeirat einbringen wollen. Was wir satzungsbezogen derzeit anbieten können, ist Mithilfe ohne Mitspracherecht, da laut Satzung nur fünf Privatpersonen aufgenommen werden können. Und diese Plätze sind vergeben. Das möchte der Vorstand gern ändern, damit wir Bürgerinnen und Bürger nicht abweisen müssen. Wer gern mitmachen möchte, dem sollten auch alle Vereinsrechte zustehen.
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Wie sind die Mitglieder des Seniorenbeirats auf die Kernstadt und die Dörfer verteilt und spielt das eine Rolle?
Die Bestimmungen in der Satzung sind hier sehr eindeutig. Jeder Verein, jede Gruppierung und jeder Verband sowohl in der Kernstadt als auch in den Ortschaften ist mit eingebunden. Die Bestimmungen in der Satzung sind hier sehr eindeutig: Laut § 5 kann jede gesellschaftliche Gruppe einen Vertreter/in und dessen Stellvertreter/in als Mitglied für den Seniorenbeirat benennen.
Gründungsjahr 2011
Der Rat der Stadt Brilon hat den Seniorenbeirat am 9. Juni 2011 gegründet.Ziel ist, den älteren Einwohnern eine bessere Beteiligung am kommunalen Geschehen zu ermöglichen.Der aktuelle Beirat wurde nach der Kommunalwahl 2014 gegründet.Er setzt sich aus 33 Mitgliedern zusammen, von denen 17 aus der Kernstadt und 16 aus den Dörfern kommen.Reinhard Prange (74), ist seit 2017 Vorsitzender des Seniorenbeirates. Der ehemalige Bänker ist Ratsmitglied der Partei Die Linke.
Was hat der Seniorenbeirat in der abgelaufenen Periode erreicht?
Das lässt sich nicht an den großen Projekten allein messen. Auf unsere Anregung oder Anstupser wurde die Bushaltestelle beim Krankenhaus auf den neuesten Standard gebracht. Ruhebänke in der Kernstadt wurden mit Sponsorengeldern errichtet. Der Fußweg von der Seniorenresidenz zur Bushaltestelle wurde gebaut. Mit der Verkehrswacht Brilon und der RLG haben wir ein Rollator-Training mit dem Titel „Wie steige ich sicher mit Rollator in einen Bus ein?“ veranstaltet. Mit einem heimischen Fahrradhändler und der Verkehrswacht Brilon wurde ein Kursus für das Fahren mit Elektrofahrrädern organisiert.
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Und wo sehen Sie noch Baustellen?
Bei der Toilettensituation in der Kernstadt von Brilon, bei den Fahrradwegen in Altenbüren und Brilon-Wald, es fehlt an weitere Ruhebänke in der gesamten Stadt und auf den Dörfern. Der Wohnungsverknappung - sprich Wohnungsnot - in der Kernstadt und auch auf den Ortsteilen müsste durch den Bau von bezahlbarem Wohnraum schnellstmöglich entgegengewirkt werden. Wir brauchen einen günstigen und auch gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr. Es müssen noch mehr Anstrengungen unternommen werden, um Altersarmut und Alterseinsamkeit entgegenzuwirken. Das ist für uns eine Messzahl mit großer Aussagekraft.
Können Sie das etwas konkretisieren?
Die Zahl der Bedürftigen, die vom Caritas-Warenkorb unterstützt werde, ist in den letzten sogenannten guten wirtschaftlichen Jahren gestiegen. Zurzeit werden nahezu 400 Personen vom Caritas-Warenkorb betreut. Die Dunkelziffer bei den von Altersarmut und -einsamkeit betroffenen Bürgerinnen und Bürgern ist beachtenswert. Wer gibt schon zu, dass er arm ist? Die Schamgrenze liegt sehr hoch. Auf unsere Hinweise zur staatlichen Grundsicherung, zum Caritas-Warenkorb, zu Kleiderkammern und anderen Einrichtungen erhalten wir die Antwort „Entschuldigung, ich will aber nicht betteln.“
Wie sieht es mit Mobilität, Armut und Einsamkeit im Alter in Brilon aus?
Unser Eindruck ist, durch die Pandemie verstärkt sich besonders die Einsamkeit im Alter auch hier in Brilon. Zur Weihnachtszeit und auch zum Jahreswechsel haben wir doch verschiedentlich Anrufe erhalten, die nach einem Weihnachtsessen für Ältere nachgefragt haben. Auf Grund der Corona-Pandemie konnten wir natürlich solch eine gelebte Gemeinsamkeit nicht organisieren. Leider! Gedanken und Sorgen mach wir uns um die Personen, die sich von der Gesellschaft losgesagt haben. Es ist uns bewusst, dass diese Menschen auch schwer zu erreichen sind!
Da haben Sie doch sicher schon etwas im Köcher, nicht wahr?
Beim Thema „Suppenküche“ befinden wir uns in der Findungsphase und müssen hier auch in engen Kontakt zur Caritas, den Verantwortlichen des Warenkorbes treten und uns mit denen abstimmen. Die Sommerfeste für Seniorinnen und Senioren werden wieder aufgegriffen. Und wir wollen die monatlichen Sprechstunden jeweils am ersten Mittwoch im Monat von 10 Uhr bis 12 Uhr wieder aufleben lassen.
Da geht es dann sicher nicht nur um große Themen?
Nein. Denn was natürlich für uns ebenfalls einen hohen Stellenwert hat: Die vielen, vielen Hilfen und Unterstützungen im Kleinen, die in der Außendarstellung kaum ins Gewicht fallen. Für Alleinstehende, die das Gespräch suchen, haben wir immer ein offenes Ohr! Auch auf den erstem Blick scheinbar Belangloses wird ernst genommen und stellt sich oft für die Betroffenen durchaus als Problem dar.