Marsberg/Brilon. Eindrucksvolle Bilder lieferte das bei Haltern eingestürzte 240 Meter hohe Windrad. Auch im Hochsauerlandkreis stehen ähnliche Windriesen.

Unter den im Hochsauerlandkreis betriebenen oder beantragten Windrädern befindet sich keines, das mit dem in der vergangenen Woche bei Haltern eingestürzten Typ baugleich sei. Das sagte Felix Losada, Kommunikations-Chef der Fa. Nordex, auf Anfrage der WP. Es gebe insgesamt 23 mit dem Havaristen identische Anlagen. Die dem HSK nächstliegenden befinden sich bei Beckum und bei Nieheim im Kreis Höxter.

Die Reste des bei Haltern eingestürzten, rund 240 Meter hohen Windrades. Mittlerweile ist die Bottom-Box geborgen. Von ihr erhoffen sich die Hersteller Hinweise auf das Unglück.
Die Reste des bei Haltern eingestürzten, rund 240 Meter hohen Windrades. Mittlerweile ist die Bottom-Box geborgen. Von ihr erhoffen sich die Hersteller Hinweise auf das Unglück. © dpa | Guido Bludau

Bei dem eingestürzten Windrad handelt es sich um den Nordex-Typ N149 - davon gibt es allerdings kreisweit mehrere. Aktuell im Genehmigungsverfahren sind zum Beispiel mehrere im Bereich des Windparks Heubusch bei Meerhof. Und auch der Windpark Hamm-Stemmel bei Madfeld etwa plant mit einer N149er. Die allerdings erreicht längst nicht die 239 Meter des Halterner Havaristen. Hier sind es 199,5 Meter.

Lesen Sie auch:Brilon: Diese neue B7n-Variante soll den Bau möglich machen

Anlagen auf Windhöffigkeit abstimmen

Die Bezeichnung N149 bezieht sich auf den energetischen Block der Anlage, also das sogenannte Maschinenhaus und den Rotor. Für die Türme stehen grundsätzlich drei Ausführungen zur Verfügung: reine Betontürme, reine Stahlrohrtürme oder aber aus einem Beton- und einem Stahlrohrsegment bestehende Hybridtürme.

139 Windräder „in der Pipeline“

Im HSK sind derzeit 107 Windräder in Betrieb, 63 sind genehmigt und weitere 76 beantragt.

Das älteste Windrad ist das Ende 1991 genehmigte Gittermastrad in der Keffelke bei Brilon, eine 51 Meter hohe Nordex-Anlage mit 200 kW.

Heutige Anlagen sind, wie die zehn östlich von Marsberg-Oesdorf geplanten, auf 5,5 MW ausgelegt.

Bei der Wahl einer Anlage, so sagt mit Axel Reuber, Chef der Stadtwerke Brilon und des gemeinsam mit der Energie Waldeck Frankenberg zwischen Brilon und Altenbüren betriebenen Windparks, komme es für den Investor vor allem auf eines an: auf die Verfügbarkeit. Ein Windrad werde im Komplettpaket aus Gondel-Spezifikation, Rotor und Turm-Modell angeboten und bestellt. Grundlage für die Auswahl des Herstellers und des Typs bilde das Windgutachten. Für die jeweiligen Windhöffigkeiten gebe es, so Reuber, „eine ganze Bandbreite“ an unterschiedlichen Windrad-Konfigurationen.

Betonbauteile von bis zu 17 Tonnen

Das Besondere an der eingestürzten, rund fünf Millionen Euro teuren Anlage in Haltern: Sie bestand aus einem sogenannten polygonen Hybridturm, einer achteckige Betonkonstruktion, auf die eine Stahlrohr aufgesteckt wird. Entwickelt und hergestellt wurde er von einem Betonbauunternehmen aus dem Siegerland. Dabei werden Fertigbauplatten in Kletterbauweise aufeinander montiert und miteinander verzahnt.

Hier in Haltern waren die Betonteile nach Angaben des Windpark-Betreibers bis auf eine Höhe von 98,5 Metern zusammengesetzt, darauf befanden sich zwei 28,5 m bzw 35 m lange Stahlrohr-Segmente. Das größte verbaute Betonsegment hat ein Gewicht von 17 Tonnen, das Gesamtgewicht des Turmes beträgt rund 1200 Tonnen. Das Windrad war auf einem 2100 Tonnen schweren Fundament installiert. Seit über zehn Jahren sind diese Türme nach Herstellerangaben im Einsatz.

Im Hochsauerlandkreis gibt es zehn dieser Türme, wie HSK-Sprecher Martin Reuther auf Anfrage der WP sagte. Allerdings handele es sich hierbei um eine andere Baureihe, nämlich die sogenannte „Revision 4“. Der in Haltern eingestürzte Turm gehöre zur „Revision 6“. Diese Konstruktionsart, so Stadtwerke-Chef Reuber, habe beim Transport der Turmelemente und beim Aufbau gewisse Vorteile gegenüber den wesentlich größeren und sperrigen tonnenschweren Betonschalen oder Stahlrohren.

Lesen Sie auch: Das kostet jetzt ein Corona-Schnelltest

Für die Fa. Nordex kommt es jetzt auf die Auswertung der sogenannten Bottom-Box an. Solange noch keine bestätigten Ergebnisse vorliegen, so Nordex-Sprecher Losada, könne und wolle man sich nicht zu möglichen Ursachen äußern. Ein interdisziplinäres Team aus internen und externen Experten habe mit den nächsten Schritten der Ursachenanalyse vor Ort begonnen, teilt das Unternehmen mit.

Polygone Türme hat auch Windkraft-Investor Michael Flocke („Westfalenwind“, Meerhof) in seinen Parks errichtet, aber: „Wir nehmen jetzt wieder runde Türme.“