Hochsauerlandkreis. Dr. Klaus Schmidt ist stellvertretender Leiter des Gesundheitsamts. Er spricht über den möglichen weiteren Verlauf der Corona-Pandemie im HSK.

Die Corona-Inzidenz im HSK steigt über 20. Erstmals seit Wochen entwickeln sich die Fallzahlen wieder stabil nach oben. Was erwartet uns in den kommenden Wochen und Monaten? Dr. Klaus Schmidt ist stellvertretender Leiter des Gesundheitsamts im Hochsauerlandkreis. Er spricht über Reiserückkehrer, den Herbst und die Inzidenz als künftigen Gradmesser der Pandemie in Brilon, Winterberg, Meschede, Arnsberg und Co.

Portugal, Spanien, Niederlande: Die Liste der Corona-Hochinzidenzgebiete wächst. Was bedeutet das für die Mitarbeiter im HSK-Gesundheitsamt?

Dr. Klaus Schmidt: Wir reden hier über zwei Bereiche, die betroffen sind. Zum einen die Kontaktnachverfolgung. Momentan steigen die Fallzahlen wieder – allerdings auf einem niedrigeren Niveau. Höhere Fallzahlen bedeuten auch mehr Arbeit für die Mitarbeiter im Gesundheitsamt. Mehr Arbeit gibt es auch für Mitarbeiter im zweiten betroffenen Bereich. Diejenigen, die sich um Reiserückkehrer kümmern und insbesondere Fragen beantworten, die sich jetzt für viele Menschen stellen, wenn sie aus dem Ausland zurückkehren. Auch hier steigt die Arbeitsintensität – allerdings auch noch auf einem recht niedrigen Niveau.

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Stichwort steigende Fallzahlen: Die Inzidenz steigt derzeit im HSK wieder. Woran liegt das?

Im Hochsauerlandkreis können wir derzeit 50 Prozent der Fälle mit Reiseaktivitäten in Zusammenhang bringen. Da häufig Familien verreisen, folgt daraus, dass bei einer Corona-Infektion die u. U. in der Folge die gesamte Haushaltsgemeinschaft betroffen ist. Entweder, weil die anderen Personen selbst infiziert sind oder weil sie in Quarantäne müssen.

Dr. Klaus Schmidt, stellvertretender Leiter des Kreisgesundheitsamtes im HSK .
Dr. Klaus Schmidt, stellvertretender Leiter des Kreisgesundheitsamtes im HSK . © HSK

Laut RKI-Chef Wieler hat die vierte Corona-Welle bereits begonnen. Stehen wir wirklich am Anfang einer neuen Welle?

Das ist aus meiner Sicht zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu beurteilen. Wir haben wieder eine steigende Tendenz bei den Fallzahlen. Die Erfahrung aus 2020 zeigt, dass die Zahl der Infektionen nach der Urlaubszeit wieder steigen kann. Aber im letzten Jahr gab es noch keine Impfungen. Inwieweit jetzt die Impfungen Einfluss auf die Fallzahlentwicklung haben muss abgewartet werden.

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Gesundheitsminister Jens Spahn sagt, die Inzidenz könnte auf 800 gehen im Herbst, weil Delta so viel ansteckender ist. Was glauben Sie, wie sieht der Herbst im HSK aus?

Das kann sein. Aber es ist reine Spekulation zum jetzigen Zeitpunkt. Man kann auch in diesem Fall die Auswirkungen der Impfungen auf das Infektionsgeschehen nicht vorhersagen. Da Delta eine ansteckendere Variante ist, ist es natürlich möglich, dass die Zahlen steigen. Der Pandemieverlauf insgesamt wird von der weiteren Impfbereitschaft abhängig sein.

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Die Höhe der Inzidenz galt bislang als der Indikator für Beschränkungen und Lockerungen. Ist das auch Ihrer Sicht bei steigenden Impfquoten noch sinnvoll? Welche weiteren Indikatoren könnte man heranziehen?

Das wird schlussendlich die Politik entscheiden müssen. Bei einer weiter steigenden Impfquote ist zu erwarten, dass es unter den vollständig Geimpften u. U. vor allem leichtere Fälle gibt, sollte es zu einer Infektion kommen. Dann stellt sich natürlich die Frage, ob eine hohe Inzidenz tatsächlich der einzige Gradmesser sein sollte. Denn alle Einschränkungen hatten zum Ziel, die Gesundheitssysteme nicht zu überlasten und die vulnerablen Gruppen zu schützen. Ein Mix aus Inzidenz mit dem Blick auf schwere Verläufe beziehungsweise der Belegung von Intensivstationen könnte mehr Aufschluss darüber geben, ob sich eine Pandemielage zuspitzt oder nicht. So ein Mix erschwert natürlich die Übersichtlichkeit.

Rund 10.000 nachweislich Infizierte, 201 Todesfälle im Zusammenhang mit Corona: Wie ist der HSK aus Ihrer Sicht bislang durch die Pandemie gekommen?

Ich denke wir sind bundesweit in einem guten Mittelfeld. Wir haben werden bei den Infektionszahlen, noch bei den schweren Verläufen oder den Sterbefällen Ausreißer nach oben oder unten. Von dem Standpunkt aus gesehen, was wir vor Ort tun konnten, haben wir das erreicht, was möglich war. Die Krankenhäuser waren zu keinem Zeitpunkt überlastet und die Impfkampagne funktioniert bei uns.

Man überlegt, wie man bisher Ungeimpfte noch überzeugen kann. Stichwort kostenpflichtige Tests. Was halten Sie davon, den Druck auf Ungeimpfte zu erhöhen?

Ich denke, dass man mit zusätzlichem Druck nicht viel erreicht. Man kann Ungeimpfte am besten überzeigen, wenn man ihnen zeigt, welchen Benefit eine Impfung für sie persönlich hat. Wir sollten diese persönlichen Vorteile hervorheben und zeigen, welche Beschränkungen für Geimpfte und Genesene wegfallen.