Altkreis Brilon. Pro Kopf steht den Einwohnern von Winterberg der meiste Wohnraum zur Verfügung. Dort wurde auch am meisten neu gebaut. Da hat Brilon Probleme.
In Winterberg sind die Wohnungen kreisweit am kleinsten, allerdings hat dort jeder den meisten Platz für sich. Die durchschnittliche Wohnfläche in dem Wintersport- und Touristenhochburg liegt bei exakt 100 Quadratmeter. 1,6 Personen teilen sich dort die vielzitierten ‘vier Wände’, was pro Kopf 63,9 Quadratmeter macht. Kreisweit, das teilte am Montag IT-NRW mit, leben im Schnitt zwei Personen auf 103,6 Quadratmetern.
Was die Statistik allerdings nicht verrät: Mehr als ein Viertel der Wohnungen in Winterberg, exakt 2139, sind Zweitwohnungen. Hinzu kommen, so Rabea Kappen von der Stadtpressestelle, 550 beitragspflichtige Ferienwohnungen und -häuser in der Kurgebietszone sowie darüber hinaus weitere privat vermittelte Ferienwohnungen und -häuser.
Wohnen auf kleinem Raum
Winterberg: 112 Ein- und 812 Zwei-Zimmer-Wohnungen (11,5 Prozent des Bestandes).Olsberg: 50 Ein- und 436 Zwei-Zimmer-Wohnungen (6,6 %),.Brilon: 175 Ein- und 666 Zwei-Zimmer-Wohnungen (6,4 %).Marsberg: 116 Ein- und 382 Zwei-Zimmer-Wohnungen (5,2%).Medebach: 13 Ein- und 181 Zwei-Zimmer-Wohnungen(4,8 %).Hallenberg: 7 Ein- und 92 Zwei-Zimmer-Wohnungen (4,4 %).
Winterberg hat im Zehn-Jahres-Vergleich kreisweit auch den prozentual höchsten Zuwachs an neuen Wohnungen vorzuweisen. Auf dem Dach des Landes stieg die Anzahl der Wohnungen von 2010 bis 2020 von 7503 auf 8010 - ein Anstieg um 6,8 Prozent. In Brilon nahm die Zahl der Wohnungen im gleichen Zeitraum um 662 auf 13.039 zu, ein Plus von 5,3 Prozent.
Neues Seniorenheim treibt Zahl der Ein-Zimmer-Appartements in die Höhe
Ein auffälliger Unterschied: Während in Brilon wegen der Inbetriebnahme eines weiteren Alten- und Pflegeheims im Jahr 2013 von den 662 neuen Wohnungen gleich 115 auf Ein-Zimmer-Appartements entfallen, legte Winterberg bei den großen Wohnungen mit fünf und mehr Wohnungen - sprich: Einfamilienhäusern - mit 6,8 Prozent zu. Das ist die Top-Quote im HSK, der es in diesem Segment auf 3,8 Prozent bringt.
Gleich 507 dieser großen Wohnungen kamen in den vergangenen zehn Jahren in Winterberg hinzu. In Brilon waren es im gleichen Zeitraum 237 oder 3,4 Prozent.
Kritik: Bevölkerungsprognose nicht stimmig
Und das offenbart ein Problem, an dem die Stadt des Waldes gerade in diesen Tagen arbeitet: Das Angebot an Bauplätzen kann die Nachfrage bei weitem nicht decken. Einfach Flächen ausweisen geht nicht, da spielt die Bezirksregierung nicht mit. „Eine auf Einzelmaßnahmen ausgerichtete Bauleitplanung genüge nicht und sei nicht mit den Zielen der Raumordnung konform“, hat Arnsberg die Stadt Brilon wissen lassen.
Deshalb ist Brilon gerade dabei, mit Hilfe eines Fachbüros aus Dortmund eineWohnbaulandbedarfsanalyseerstellen zu lassen. Am Dienstag (13. Juli) steht das Thema im Bau- und Planungsausschuss (17.30 Uhr, Kolpinghaus) auf der Tagesordnung, am Donnerstag (15. Juli) befasst sich der Rat damit. Die Vorstellungen von Stadt und Bezirksregierung liegen weit auseinander.
Während Arnsberg meint, neun Hektar neues Bauland reiche, geht die Stadt von 29 Hektar aus. Die Rechnung der Bezirksregierung basiere auf falschen Annahmen. Zum einen, so die Stadtverwaltung, sei auf die Prognosen von IT.NRW zur Bevölkerungsentwicklung kein Verlass, da die sich in der Vergangenheit als nicht zutreffend erwiesen haben. Für das Jahr 2018 zum Beispiel weist das Einwohnermeldeamt 25.887 Einwohner aus, die Statistiker hinken um 470 Köpfe hinterher.
250 Baulücken in der Briloner Kernstadt
Und zum anderen lasse die Bezirksregierung außer Acht, dass sich die rund 600 Baulücken - davon rund 250 in der Kernstadt - eben nicht, wie gefordert, „prioritär aktivieren“ lassen. Grund: Die Eigentümer wollen schlicht und einfach nicht verkaufen.
Bis zum Jahr 2035, so rechnet es die Wohnbaulandbedarfsanalyse hoch, werden in Brilon 551 zusätzliche Wohnungen benötigt. Davon könnten etwa 100 in Form von „verdichteten städtischen Wohnformen“ in der Kernstadt realisiert werden. Bekannt sind die Projekte neben dem Hotel am Kurpark, an den Galmeibäumen und im Müggenborn. Parallel dazu gibt es demnächst einen neuen Kriterienkatalog, nach dem die raren städtischen Bauplätze an Kaufinteressenten vergeben werden.