Brilon. Vor Gericht klären ließen die Stadt Brilon und die Propsteigemeinde Brilon die KAG-Kosten der Altenbriloner Straße. Mit Folgen für alle Anlieger.

Für sie war es ohnehin am preiswertesten, jetzt wird es sogar noch günstiger. Gerade einmal 2,36 Euro pro Grundstücks-Quadratmeter brauchen die Anlieger der Altenbriloner Straße in Brilon noch als KAG-Obolus entrichten. Sie kommen als eine der ersten in den Genuss der im vergangenen Jahr in Kraft getretenen Reform der Straßenausbaubeiträge. Die nimmt Anliegern die Hälfte der Kosten ab. Dasgilt auch für die Anlieger der Rixener Straße und der Südstraße in Brilon, die jüngst erst umfassend saniert worden sind.

Dabei hätten die Anwohner der Altenbriloner Straße um ein Haar sogar noch mehr als jene 4,15 Euro zahlen sollen, die die Stadt ihnen ausgerechnet hatte. Denn hinter den Kulissen gab es zwischen der Stadt Brilon und der Briloner Propstei-Gemeinde einen handfesten Rechtsstreit. Die Kirche weigerte sich, für ihre gesamte Friedhofsfläche zu den Anliegerbeiträgen herangezogen zu werden - und das Verwaltungsgericht gab ihr Recht.

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13 Flurstücke und drei Eigentümer

Denn was sich vor Ort auf dem sogenannten Neuen Friedhof wie eine große homogene Fläche von rund vier Hektar darstellt, sind insgesamt 13 verschiedene Flurstücke. Davon befinden sich sieben im Eigentum der Stadt und sechs gehören „der Kirche“. Die Gänsefüßchen sind bewusst gesetzt. Denn auch für die sind im Grundbuch zwei verschiedene Eigentümer eingetragen: zum einen ist das die „Katholische Pfarrkirche“ und zum anderen die „Katholische Pfarrkaplanei“.

Entlastung für Rixener Straße und Südstraße

Mit der Halbierung der KAG-Anteile können auch die Anlieger der Südstraße (18,24 Euro/qm) und der Rixener Straße (11,56 Euro/qm) rechnen.

Beide Maßnahmen wurden laut Stadt nach dem Stichtag 1. Januar 2018 beschlossen.

Für beide Maßnahmen liegt für die Stellung des Förderantrags erforderliche Schlussabrechnung noch nicht vor.

Dass die Anlieger der Altenbürener Straße so gut wegkommen, liegt an dem Umlagesystem. Denn ihnen gehören an dem rund 170 Meter langen Ausbau-Stück auf der Friedhofsseite rund 4300 und gegenüber rund 4900 Quadratmeter. Unterm Strich hatte die Stadt von den rund 467.000 Euro beitragsfähigen Baukosten 106.000 Euro auf 24.871,65 Quadratmeter Fläche aufgeteilt.

Was zwar nicht die Stadt, wohl aber die Juristen des Erzbistums auf dem Schirm hatten: Die drei Grundstücke aus dem Bestand der „Pfarrkirche“ dürfen gar nicht zu den Straßenausbaubeiträgen herangezogen werden. Sie liegen im hinteren, zum Hasselborn (Obi und Hit) hin gelegenen Friedhofsbereich. Die haben, so musste die Stadtverwaltung einsehen, von der Altenbriloner Straße aus „zwar einen tatsächlichen, aber keinen rechtlichen Zugang“. Konkret: Es gibt kein Wegerecht, wie das Gericht beiden Seiten in einer „ausführlichen Hinweisverfügung“ dargelegt hatte.

Vorderliegergrundstücke und Hinterliegergrundstücke

Die Grundstück sind sog. Hinterliegergrundstücke und für die, so hat das Verwaltungsgericht Arnsberg festgestellt, „entsteht eine Beitragspflicht nur bei einer gesicherten Möglichkeit der Inanspruchnahme der abgerechneten Straße über das Vorderliegergrundstück.“ Das wären die Friedhofsflächen aus dem Grundbesitz-Portfolio der „Katholischen Pfarrkaplanei“. Doch ein zugunsten der Hinterlieger eingetragenes Wegerecht ist nicht nachweisbar. „Damit“, so die Stadtverwaltung auf Anfrage der WP, „können die drei Grundstücke der Pfarrkirche nicht abgerechnet werden.“ Nach dem Hinweis des Gericht legten Stadt und Propsteigemeinde den Streit bei.

Neues Kommunalabgabengesetz

Konsequenz: Die zur Berechnung heranziehbare fiktive Grundstücksfläche verringert sich um diese 2.871,80 Quadratmeter auf nun 21.999,85 Quadratmeter. Was exakt 57 Cent Mehrkosten pro Quadratmeter ausmacht. Doch auch den wegen der riesigen Friedhofsfläche immer noch günstige Ausbauanteil von jetzt 4,72 Euro brauchen die Anlieger nur zur Hälfte tragen. Das Anfang 2020 in Kraft getreten neue Kommunalabgabengesetz sieht eine Übernahme der Anliegerkosten durch das Land von 50 Prozent vor.

Für Propst Dr. Reinhard Richter stellt sich eine grundsätzliche Frage: „Der Friedhof ist ein Dienst an der Allgemeinheit. Da sollte man der Kirche nicht eine zusätzliche Belastung durch Gebühren auflegen.“