Referinghausen. Erst stand dort eine Gastwirtschaft, die wurde zur Ruine. Jetzt hat Referinghausen einen multifunktionalen Platz. Man kann sogar Boule spielen.

Mehr Kühe als Einwohner. Das Attribut hat als Alleinstellungsmerkmal längst die Runde gemacht. Jetzt bekommt das „Qualitäts-Kuh-Dorf“ (oder eben Q-Dorf) auch noch den ersten öffentlichen Bouleplatz im Stadtgebiet. Und der befindet sich auf dem neuen multifunktionalen Dorfplatz, der an diesem Samstag ab 14 Uhr offiziell eingeweiht werden soll.

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Wie beim Boule eine ruhige Kugel schieben – das konnten Dorfgemeinschaft und Stadt nicht. Es war ein langer und steiniger Weg bis hierher. Jahrzehntelang war Leben an dieser Stelle, denn dort war einer von drei Gasthöfen im Ort. Nach der Schließung des Betriebes wurde das Haus zwischenzeitlich von einer Immobiliengesellschaft als Kapitalanlage vermarktet; viele Anleger gerieten in die Privatinsolvenz. Seit 2002 stand das Haus leer, verkam und wurde zusehends zum Schandflecken, dessen sich die Dorfgemeinschaft entledigen wollte. Die Nutzung des Hauses war 2011 u.a. auch Bestandteil des Sommerseminars Deutscher Architekten, das in Referinghausen abgehalten wurde. Dadurch inspiriert entwickelte die Dorfgemeinschaft viele Ideen für das Gelände.

Unklare Eigentumsverhältnisse

Bürgermeister Thomas Grosche beschäftigt der „Leerstand Düdinghauser Straße“ seit seinem Amtsantritt. „Wenn ich mal ein Buch schreiben sollte, wird diesem Thema ein eigenes Kapitel gewidmet“, sagt er. Das größte Problem, so Grosche, stellten die Eigentumsverhältnisse dar. Das Haus bestand aus 13 Wohneinheiten, die elf unterschiedlichen Eigentümern gehörten. „Zum Teil mussten wir die Besitzer erstmal ausfindig machen, deren Gläubiger mussten auf Schulden verzichten. Es gab eine Zwangsversteigerung, weil der Eigentümer Steuerschulden bei uns hatte. Schlussendlich hat die Stadt das Gebäude für dreizehnmal einen Euro gekauft – hinzu kamen Kosten für notarielle Beglaubigungen, Löschungsanträge beim Amtsgericht und Ähnliches.“ An einen Anruf beim Finanzamt in Bottrop erinnert sich der Bürgermeister noch zu gut. „Die Beamten dort fühlten sich aufgrund meines Anliegens auf den Arm genommen und dachten, ich sei der Radio-Schreck ,Elvis Eifel’.“

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All das ist inzwischen vergessen: „Ich möchte mich bei allen Beteiligten bedanken. Bei der Stadt und beim Stadtrat, die für unser Anliegen stets ein offenes Ohr hatten, bei unserer aktiven Dorfgemeinschaft, die tatkräftig mit angepackt hat sowie bei unserem Architekten Bernd Weigel, der die Gesamtplanung unentgeltlich gemacht hat“, sagt Ortsvorsteher Reinhard Figgen. Das gesamte Projekt hat nach seinen Angaben einen Wert von rund 300.000 Euro. Darin enthalten sind die Abrissarbeiten, aber auch alle Eigenleistungen und Eigenmittel sowie die Zuschüsse von Stadt und Kreis sowie eine Förderung durch Mittel aus der Dorferneuerung. „Ich wünsche mir, dass dieser Ort als Ort der Begegnung angenommen wird. Als Freiraum, der aktiv genutzt und dadurch lebendig wird“, so Figgen.

Dieses Haus stand vorher auf dem Grundstück
Dieses Haus stand vorher auf dem Grundstück © Thomas Winterberg

Mit kleinem Wasserfall

Auf dem 3000 Quadratmeter großen, nach Norden steil bergauf führenden Gelände befinden sich die Boule-Fläche und Sitzgelegenheiten, eine neue, breitere und für alle Verkehrsteilnehmer sicherere Busspur, Parkflächen, Obstbäume und ein kleiner Wasserfall. Vom Dorf aus kann man nun einen serpentinenartigen Weg laufen, der Bestandteil des Milchpfades ist und ganz neue Aussichten auf das Dorf gewährt. Unterwegs wird an mehreren Stationen die Geschichte der Milcherzeugung anschaulich erklärt. Nachträglich in die Planungen aufgenommen wurde die beiden Objekte „Oberholz“ und „Unterholz“. Dabei handelt es sich um zwei Bestandteile der Open-Mind-Places, die der Architekt Christoph Hesse entworfen hat. Das sind Landmarken zum Innehalten und zum Reflektieren. Auch dieser neue Kulturweg entlang der Orte der offenen Gedanken führt über den Multi-Dorfplatz und ist entsprechend ausgeschildert.

Und Boulespielen kann man eben auch. Um das Kugelspiel zu erklären, wird Samstag ein Fachmann vor Ort sein. Wer Interesse hat, darf es ausprobieren. Aber: eigene Kugeln mitbringen – Corona!