Brilon. Wil Weber eröffnet in Brilon seine Tapas-Bar mitten im Lockdown. Zwischendurch denkt er: „Was haben wir uns da angetan?“ Ein Besuch im Gasthof.

Von der Straße aus lässt sich im Fenster schon die spanische Flagge erkennen und beim betreten der Räumlichkeiten in der Niedere Mauer 1 in Brilon ertönen spanische Lieder. Die Stimmung ist ausgelassen, während in der Küche bereits fleißig gekocht wird. Das liegt auch an Wil Weber. Der Geschäftsführer von „Tapas am Törchen“ ist euphorisch, denn die sinkende 7-Tage-Inzidenz erlaubt es ihm, seine Räumlichkeiten zu öffnen. Die Idee für sein neuestes unternehmerisches Projekt kam zu einem für ihn bestmöglichen Zeitpunkt. Und gleichzeitig zum schlechtmöglichsten.

Unsere Aktion „Zuversicht“

Unsere Zeitung startet die Aktion „Zuversicht“ zur Unterstützung von Einzelhandel, Gastronomie und Kultur in unserer Region.

Journalistisch geht es darum, die Aufbruchstimmung dieser Tage zu begleiten. In den nächsten Wochen stellt die Redaktion deshalb nicht nur mutige Unternehmer, ideenreiche Händler oder findige Wirte vor. Wir befragen auch Experten zu den Handels-Konzepten der Zukunft und stellen Ideen vor, wie sich die Städte modernisieren können.

Natürlich werden wir innerhalb unserer Aktion auch die Probleme benennen, die sich durch die Monate der Pandemie vielerorts noch beschleunigt oder sogar verstärkt haben.

Weitere Texte der Aktion
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Der 57-jährige gebürtige Holländer eröffnete im vergangenen Dezember sein Restaurant. Mitten im Lockdown. Gemütlich Tapas mit Freunden in den zurechtgemachten Räumen essen ging nicht. Stattdessen musste der außer Haus Verkaufdas Geschäft langsam ankurbeln. Eine Tapa ist ein kleines Appetithäppchen, das in Tapas-Bars üblicherweise zu Wein, jedoch auch zu Bier gereicht wird. „Wir haben zu der Zeit schon einkalkuliert, dass es etwas dauern könnte, bis wir richtig öffnen. Aber dass es sieben Monate werden? Da dachten wir zwischendurch auch ‘Was haben wir uns da angetan?’“, erinnert sich Weber und lacht. Aber auf der anderen Seite war klar: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“

Durch Corona den Arbeitsplatz verloren

Denn Weber verlor in der Coronakrise seine Arbeit in den Niederlanden und mit der Idee ein Tapas-Restaurant zu eröffnen, spielten er und sein Geschäftspartner Juan Carlos Diaz Fernandez schon länger. Der Niederländer fragte sich, wer ihn nach der Coronakrise noch einstellen würde und wie lange es überhaupt dauern würde bis das Virus nicht mehr den Alltag bestimmt. Zuhause sitzen und nichts tun, das war keine Option. Unklar war hingegen, wohin die Reise gehen soll. Spanien war eine Überlegung, aber per Zufall stießen die beiden Unternehmer auf die zu der Zeit freie Immobilie in Brilon. Die Stadt kannte Weber aus Urlauben. Beim Ortsbesuch zeigte sich: „Das sieht gut aus. Das Holz, das rustikale Ambiente. Es sieht aus wie eine Bodega. Es passte alles wie die Faust aufs Auge und wir haben uns dafür entschieden.“ Das Angebot an Tapas ist in der Umgebung sehr überschaubar. Ein weiterer Aspekt, der für Brilon sprach. In Spanien hätte das entsprechend anders ausgesehen.

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20 Jahre in Spanien gelebt

Das wissen Weber und Fernandez aus Erfahrung. Weber wohnte selbst 20 Jahre in Spanien, beide arbeiteten unter anderem schon gemeinsam auf mehreren kanarischen Inseln und in Amsterdam. Das Arbeiten am Herd liegt Fernandez aus Andalusien im Blut. Er ist in dritter Generation Koch und kennt sich mit Tapas bestens aus. Die beiden ergänzen sich daher gut. Weber sieht sich mehr auf der unternehmerischen Seite und kümmert sich entsprechend unter anderem um den Papierkram. Und um die Gäste. Darauf freut sich der 57-Jährige besonders. Als die Kunden ihre Bestellungen lediglich mitnehmen konnten, blieb der persönliche Kontakt auf der Strecke. Schade für den extrovertierten Weber. Dafür bekamen er und sein Geschäftspartner so aber bereits einen ersten Eindruck davon, wie ihre Angebote von den Kunden angenommen werden. Bewertungen im Internet, weitere Besuche oder auch Anrufe am nächsten Tag, um zu erklären, wie lecker es war, sind erste Bestätigungen gewesen über die sich Weber sehr freut. „Wir glauben an uns, aber wenn andere uns darin auch noch bestätigen, ist es noch besser.“

Mit der sinkenden Inzidenzsoll der Kontakt noch weiter ausgebaut werden. Endlich mit den Kunden quatschen können, sich austauschen. Über das Essen, die Weine, aber auch das Leben. Er hofft, dass sein Konzept gut angenommen wird. Dafür sucht er noch Unterstützung im Service und in der Küche.

Kein Schnickschnack

Dort wird übrigens alles selbst gemacht. Die Zutaten, wie beispielsweise Schinken, Käse und Kräuter kommen aus Spanien. „Ich mag Tapas, weil es eine simple, ehrliche Küche ist ohne Schnickschnack“, sagt Weber. Das ideale Essen für einen gemütlichen Abend zusammen, weil nicht jeder auf seinen eigenen Teller schaut, sondern überall probiert werden kann. Unterhaltungen entstehen so laut dem Niederländer viel einfacher. „Tapas ist einfach Essen, das verbindet.“