Hallenberg. Umarmen verboten! Proben auf Abstand: Was die Freilichtbühne Hallenberg alles tut, damit die Saison in ihrem Jubiläumsjahr nicht ins Wasser fällt.
Die Stückauswahl steht fest. Zwar hat Corona zum zweiten Mal die geplante „Passion“ einkassiert. Aber die Freilichtbühne Hallenberg will spielen. Gerade in ihrem Jubiläumsjahr. Denn 75 Jahre ist es her, dass erstmals draußen in einem aufgelassenen Steinbruch Theater gemacht wurde: „Dreizehnlinden“. Mit Hacke, Schüppe, Schubkarre und Idealismus wurde das „Steinknäppchen“ zum Bühnenareal hergerichtet. Die Zutaten sind geblieben, das Theater ist größer geworden und mit der Pandemie leider auch die Sorgen. Noch hält die Bühne daran fest, dass „Charleys Tante“, „Die Drei von der Tankstelle“ und „Der gestiefelte Kater“ gespielt werden. Die Hoffnung stirbt schließlich zuletzt.
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Casting per Zoom
Haben Spielausschuss und Bühnenversammlung im Herbst erstmal die Stückauswahl festgelegt, geht es in der Regel mit dem Casting los. Daran hat sich nichts geändert. Dass diesmal drei Stücke im Programm stehen, ist ein Novum, das praktische Gründe hat und nicht zuletzt auch Corona geschuldet ist. „Wir werden drei Ensembles mit maximal je 30 Spielerinnen und Spielern haben. Niemand, der beim Kinderstück mitspielt, darf auch beim Erwachsenenstück dabei sein und umgekehrt. Es geht leider sogar so weit, dass auch keinerlei Durchmischung von Helfern hinter den Kulissen aus zwei Stücken möglich ist“, erklärt Bühnensprecher Georg Glade. Das heißt z.B.: Haben Tochter oder Sohn im „Gestiefelten Kater“ eine Rolle, können Vater, Mutter oder Geschwister nicht bei „Charleys Tante“ mitspielen. Selbst die Techniker, die manchmal in beiden Inszenierungen aktiv sind, dürfen nur bei jeweils einem Stück mitmachen. Jede auch nur erdenkliche Form der Begegnung soll vermieden werden.
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Zusammenhalt und Spielfreude
Wer weiß, welch geselliges Völkchen die Theaterleute sind und wie gerne sie in den Pausen hinter der Bühne zusammensitzen und sich gegenseitig bei den Stücken aushelfen, der mag erahnen, was das für den Zusammenhalt und die Spielfreude bedeutet. Abstand, Masken, Testen. Mancher wird in diesem Jahr schweren Herzens auf eine aktive Teilnahme verzichten, um einem anderen aus der Familie das Spielen zu ermöglichen. Egal. Das nehmen die Freilichtbühnenleute gern in Kauf. Außerdem werden hinter den Kulissen mehr Helfer als sonst gebraucht – beim Platzeinweisen, beim Durchsetzen des Hygienekonzeptes. Mancher hat aber auch Sorge, weil er sich oder andere nicht gefährden möchte und macht diesmal gar nicht mit.
Drei Premieren sind geplant
„Charleys Tante“ macht am 24. Mai (Pfingstmontag) den Premierenanfang. Danach steht das Stück bis zum 14. August noch zehnmal auf dem Spielplan.
„Der gestiefelte Kater“ will sich ab dem 6. Juni die Stiefel anziehen und ist dann bis zum 29. August hoffentlich noch zehnmal zu sehen.
Erstmals eine Samstagabendpremiere ist für den 19. Juni mit „Die Drei von der Tankstelle“ geplant. Auch hier stehen bis zum 4. September zehn Termine im Spielplan.
Weitere Infos gibt es unter www.freilichtbuehne-hallenberg.de oder in der Geschäftsstelle, 02984 929190.
Zurück zum Casting: Ganze Wochenenden wurden dafür in der Vergangenheit eingeplant. Die Rollen-Bewerber hatten feste Zeiten, zu denen sie vom Regisseur, Spielleiter, Chor- oder Tanz-Coach auf Herz und Nieren geprüft wurden. Mehrere Aspiranten für eine Rolle mussten miteinander kleine Szenen durchspielen und manchmal wurde der Petrus hinterher zum Judas oder die Pippi Langstrumpf zur Annika. So lief das diesmal nicht. „Wir wurden online über Zoom gecastet. Das ist natürlich viel schwieriger, wenn man vor einem Computerbildschirm sitzt und dann auf Anhieb agieren muss, während Regisseur oder Choreografen einem aus der Ferne zuschauen“, sagt Georg Glade. Die Bekanntgabe, wer welche Rolle bekommen hat, gab’s nicht im Rahmen einer großen Versammlung, sie kam per Mail.
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Die falsche Tante ist schon recht weit
„Charleys Tante“ ist probenmäßig schon relativ weit. Das Stück war ursprünglich als Winterstück der Freilichtbühnen-Jugend geplant, hatte daher mehr Vorlauf und hat nun seinen Platz im Sommer-Spielplan bekommen. Hier führen die gestandenen Hallenberger Bühnenprofis Manuela Senger und Stefan Pippel Regie. Beim Familienstück hält wieder Bärbel Kandziora die Fäden in bewährter Hand. Aber sie alle warten darauf, vis-a-vis und mit mehreren Leuten auf der Bühne proben zu dürfen. Doch bislang haben Überlegungen zum Probenbetrieb für Amateurkunst und für Open-Air Veranstaltungen keinen Eingang in die aktuelle NRW Corona-Schutzverordnung gefunden, so dass ein echter Probenbetrieb zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich ist.
Beine ausreißen
Dabei reißen sich die Bühnen mehr als ein Bein aus, um einen Spielbetrieb möglich zu machen. „Es gibt ein Hygienekonzept, das wir nach und nach weiter fein justieren“, sagt Georg Glade. Von den sonst üblichen 1400 Sitzplätzen wird höchstens ein Drittel buchbar sein. Sobald ein Platz reserviert ist, sind alle anderen Plätze im Radius von 1,50 Meter automatisch blockiert, um die Mindestabstände zu garantieren. Es ist angedacht, ganze Blöcke aus dem Saalplan herauszunehmen, die Bühnen-Gaststätte wird nicht geöffnet sein. Vielleicht ist es möglich, dass ein Caterer-Wagen in der Pause durch die Gänge fährt.
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Optimistisch bleiben
Der Freilichtbühne bleibt nichts anders übrig, als optimistisch nach vorn zu blicken. Die Proben laufen über Zoom, sprachlich kann man sich der Inszenierung schon gut nähern. Aber irgendwann kommt der Punkt, wo die Spieler in die Szene müssen. Auch der Bühnenbau – für den auch die Abstandsregeln gelten – muss ran und die gesamte Technik muss aus dem Winterlager an die frische Luft. „Ich habe die Ehre, vermutlich eine der wenigen Inszenierungen dieses Jahres machen zu dürfen. Wir sind ein wahnsinnig motiviertes Team und ich werde alles dafür tun, dass wir eine corona-konforme Inszenierung hinbekommen, die allen viel Spaß machen wird“, sagt Florian Hinxlage, der bei „Die Drei von der Tankstelle“ Regie führen wird. Und wenn es keine anderen Möglichkeiten geben sollte wird er - wie vorgeschrieben - zu zweit proben: Regisseur unten und ein Akteur oben auf der Bühne.
Die bekannte Liedzeile des Stücks ist in diesen schwierigen Zeiten für die Akteure vor und hinter den Kulissen mehr als nur ein Gassenhauer und auch für das Publikum ein Appell zur Treue: „Ein Freund bleibt immer Freund, auch wenn die ganze Welt zusammenfällt… ein Freund ein guter Freund, das ist der größte Schatz, den’s gibt.“