Hallenberg. Kostenlose Corona-Schnelltests für Akteure auf den Freilichtbühnen des Landes - auch in Hallenberg. Das fordern die Bundes- und Landesverbände:

Es ist Frühling. Zumindest innerlich steigt die Freude auf Aktivitäten im Freien. Und die Lust auf Kultur ist nach dem langen Kultur-Lockdown größer denn je. Förmlich mit den Hufen scharren auch die Freilichtbühnen im ganzen Land. Hallenberg hat die Passion bekanntlich zum zweiten Mal vom Spielplan abgesetzt. 2020 blieben Bühne und Zuschauerränge komplett leer, aber in diesem Jahr will der Verein – wenn es irgendwie geht – spielen. Die Bühne wird schließlich 75 Jahre alt. Statt auf zwei Inszenierungen mit großem Ensemble setzt sie diesmal auf drei Stück, in denen jeweils maximal 30 Personen mitspielen. Es werden weniger Zuschauer zugelassen und für den gesamten Bühnenablauf – von den Proben bis zur Aufführung – sollen peinlich genaue Hygiene- und Sicherheitskonzepte gelten.

Klare Ansagen

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Was aber letztlich wann und wie möglich ist und was nicht, steht auf keinem genauen Papier. Daher hoffen die Freilichtbühnen im ganzen Land - vor allem jetzt für die Probenphase - auf klare Ansagen aus Düsseldorf. Doch die stehen noch aus. Eine dringliche Forderung gerade jetzt lautet: Corona-Sofort-Tests in ausreichender Zahl, damit die Spieler zumindest sorgenfrei mit den Proben beginnen können.

„Wir sorgen uns um unsere Mitgliedsbühnen und damit verbunden um die kulturelle Vielfalt im Land“, sagt Heribert Knecht aus Hallenberg. Er ist Vorsitzender des Regionalverbandes Nord der Deutschen Freilichtbühnen, Vizepräsident des Bundesverbandes, Präsidiumsmitglied im Bund Deutscher Amateurtheater und seit Jahrzehnten selbst aktiver Spieler. In einem Brief hat er sich an das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes gewandt. Eine Antwort steht noch aus.

Die Zeit drängt

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„Wegen der durchaus sinnvollen Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie ruhen seit Monaten fast alle Tätigkeiten an unseren Mitgliedsbühnen. Weder die unbedingt notwendigen Proben, noch die erforderlichen Vorarbeiten wie Kostüm, Bühnenbau, Technikaufbau können seit Langem aufgrund der Kontaktbeschränkungen durchgeführt werden.“ In „normalen“ Jahren würden die ehrenamtlich Tätigen an den meisten Bühnen bereits seit Wochen die Sommersaison vorbereiten. Einigen fehle aber die Perspektive, ob sie in diesem Jahr überhaupt eine Produktion unter den vorherrschenden Umständen auf die Beine stellen können. Knecht: „Selbstverständlich ist den meisten Verantwortlichen bewusst, dass niemand eine Aussage für die Zukunft treffen kann beziehungsweise treffen möchte.“. Trotzdem vermissen er und der Verband zumindest das Aufzeigen möglicher Perspektiven.

Finanzielle Erwägungen

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Spätestens mit Ablauf dieses Monats werden sich viele Freilichtbühnen überlegen, ob es überhaupt noch sinnvoll ist, auf weitere politische Entscheidungen zu warten oder ob es besser ist, gleich die Spielzeit für dieses Jahr abzusagen. Knecht: „Im Amateurtheaterbereich spielt der Zeitfaktor eine große Rolle. Fast alle Mitglieder an den Bühnen gehen neben ihrem kulturellen Engagement einem Beruf nach. Das ist hier noch einmal ganz anders als im Profibereich“, so der 70-Jährige. Proben und Vorbereitungen könnten nicht in sechs Wochen durchgezogen und Inszenierungen premierenreif gemacht werden. „Allerspätestens im April müssen Vorstände und Mitglieder wissen, woran sie sind. Ansonsten kann eine Saison aus zeitlichen Gründen nicht vorbereitet, geprobt und anschließend mit Qualität durchgeführt werden.“

Knecht verweist auch auf den finanziellen Aspekt der Theater, die zum Beispiel ihre Neuanschaffungen für immer wachsende Ansprüche im Bereich Technik fast ausschließlich über Erlöse aus den Eintrittskarten finanzieren können. Nachdem die Spielzeit 2020 an allen Bühnen ausgefallen ist, seien die Rücklagen- sofern vorhanden - auf ein Minimum geschrumpft. Knecht: „Trotz der finanziellen Hilfen durch das Land und den Bund befürchten wir, dass einzelne unserer Mitgliedsbühnen bei einem erneuten Komplettausfall der Spielzeit dieses Jahr nicht überstehen werden“. Dies wäre seiner Meinung nach auch für die Kultur im ländlichen Raum, in dem die meisten Bühnen beheimatet sind, eine Katastrophe.

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Für die Mitgliedsbühnen im Verband fordert Knecht daher: „Wir bitten alle politisch Verantwortlichen sich dafür einzusetzen, dass den Freilichtbühnen kurzfristig und in ausreichender Zahl kostenlose Soforttests zur Verfügung gestellt werden. Zusammen mit den von den Bühnen erarbeiteten Hygienekonzepten wären dann Proben und Vorbereitungen zeitnah möglich. Die Mitgliedsbühnen hätten eine Perspektive und könnten eine Spielzeit im Sommer ins Auge fassen.

Übertriebene Abstandsregeln

Unverständnis zeigt der Verband auch im Namen von Spielern und Organisatoren für die seiner Meinung nach übertriebenen Abständen von sechs bzw. drei Metern, die von der Unfallversicherung (VGB) empfohlen werden. Knecht: „Unsere Proben finden schon im Frühjahr auf den Bühnen unter freiem Himmel statt.“ Von einer vermehrten Aerosol-Ansammlung könne hier nicht ausgegangen werden.

Seine Forderung: „Was für alle körpernahen Dienstleistungen gilt, bei denen ein Mindestabstand von 1,5 Metern zum Kunden nicht eingehalten werden kann und das Tragen von Masken nicht möglich ist, aber trotzdem bei Einhaltung von Hygienevorgaben wieder erlaubt wird, muss auch uns mit tagesaktuellen negativen Testergebnissen erlaubt werden. Die Kosten für die dazu erforderlichen regelmäßigen Testungen der Beteiligten kann allerdings von den Bühnen nicht getragen werden.“

Kommentar:

Und jetzt ist aber endlich auch mal die Kultur an der Reihe! Kostenlose Schnelltests für die ehrenamtlichen Schauspieler auf den Freilichtbühnen sind eine berechtigte Forderung. Denn damit das runde Leder weiterhin rollt, wird so ein Test in der 1. und 2. Fußball-Bundesliga an allen Trainings- und Reisetagen ab April zur Pflicht. Warum geht das im Sport?

Damit ist es doch wohl naheliegend, dass so etwas auch für die vielen Akteure vor und hinter den Kulissen der meist ehrenamtlich betriebenen Theatervereine gelten muss. Und wer sich wie das Land NRW die Kulturförderung auf die Fahnen schreibt, der sollte hier mit gutem Beispiel voran gehen. Es wäre schlimm genug, wenn eine Freilichtbühne aufgrund - Gott bewahre! - hoher Inzidenzahlen im Sommer nicht spielen könnte. Es wäre aber mehr als sträflich, wenn sie nicht spielen könnte, weil sie nicht proben konnte, weil kein Geld für Tests vorhanden war. (Thomas Winterberg)