Winterberg. Bilden sich Schlangen? Wie klappt es mit dem Abstand, und wie mit dem Ticketkauf? Redakteur Falk Blesken hat es mit seiner Familie getestet.

Dieser Blick ist erleichternd. Er schweift nach dem Ausstieg aus der Sesselbahn Poppenberg nach links, nach rechts, geradeaus. Überall fällt er auf Schnee, der augenscheinlich perfekt zum Skifahren präpariert ist.

Bereits die Vorfreude darauf lässt mein Grinsen unter dem Mund-Nasen-Schutz breiter und breiter werden. Seit den letzten Schwüngen mit Freunden im österreichischen Schladming ist über ein Jahr vergangen. Die Corona-Pandemie… sie ist aber auch an diesem Morgen in Winterberg allgegenwärtig. Und plötzlich zerstört etwas die Erleichterung.

Auch interessant

Unsere kleine Skigruppe besteht aus meiner Frau, meinem zehnjährigen Sohn und meiner achtjährigen Tochter. Für sie liegen die letzten Abfahrten fast zwei Jahre zurück. Als Ischgl längst noch nicht als Coronavirus-Verteilzentrum für Europa verschrien war, genossen wir dort die breiten Pisten, die tollen Schneeverhältnisse. Selbst steile rote Abfahrten? Sie waren kein Problem für die Kinder.

Der Ausstieg aus dem Sessellift am Poppenberg ist zwar angenehm flach. Aber er ist ein Problem – für meine Tochter. „Ich kann nicht bremsen“, ruft sie panisch. Zwei Jahre ohne Ski fordern, zugegeben nicht komplett unerwartet, ihren Tribut. Die erleichternden Gedanken an schöne Schwünge hinab zur nächsten Liftstation stellen sich zuvor dennoch ein und sind jetzt: weggekreischt.

Kein Stau weit und breit

Bis zu diesem Zeitpunkt läuft alles wie am Schnürchen. Zwei Tage vor dem Trip nach Winterberg werden die vier Skipässe online gebucht und bezahlt, der Termin im Skiverleih wird telefonisch abgesprochen. Das alles ist der Corona-Pandemie geschuldet.

Denn nur aufgrund eines Hygiene- und Sicherheitskonzeptes erlaubt das Land Nordrhein-Westfalen dem Skigebiet im Hochsauerland überhaupt, die Lifte zu öffnen. Zwischen 2000 und 2500 Tickets stehen aktuell täglich zur Verfügung. In normalen Zeiten sind es wohl fast zehnmal so viele. „Wir dürfen nur vier Personen gleichzeitig in unseren Verleih lassen“, erklärt zudem der Herr am Telefon.

Auch interessant

Der Ski-Tag beginnt routiniert. Skischuhe, Helme und weitere Utensilien landen im Kofferraum. Los geht’s lieber ein Viertelstündchen früher. Die Radiodurchsagen vom Stau vor Winterberg an Top-Ski-Tagen sind schließlich im Ohr. Und ein solcher ist vorhergesagt mit etwas Sonnenschein sowie erst zum Nachmittag einsetzenden Schauern. Stau? Gibt es aber nicht.

Umso mehr Zeit bleibt, am Fuße des Poppenberghangs einen Blick auf die Autokennzeichen zu werfen. Die angrenzenden Kreise sind bereits morgens vertreten, jedoch ist die Sehnsucht nach Skifahren offensichtlich auch im Ruhrgebiet und in Ostwestfalen groß. Fast 200 Kilometer Anreise dürften es in dem einen oder anderen Fall gewiss sein – und wer erst kurz vor Mittag eintrifft, kann sich nicht mehr darauf verlassen, entspannt einen Parkplatz zu ergattern.

Das Risiko Spontankauf

Vier Personen im Skiverleih – entspannter geht es kaum. Scheiben an den Kassen, Mund-Nasen-Schutz und Kommunikation auf Abstand sorgen zudem für ein Gefühl der Sicherheit vor diesem lästigen Virus. Außerdem dauert es so keine Viertelstunde, bis wir ausgerüstet wieder vor der Tür stehen. Ebenso schnell klappt es an der Skipass-Kasse. Die ausgedruckten Voucher übergeben, die Skipässe empfangen – fertig. Pech hat ein Mann vor uns, dessen Spontankauf nicht klappt: ausverkauft!

Das spiegelt sich bereits am Einstieg zum Sessellift wider. Die Schlange der Skifahrer ist bei Weitem nicht so lang wie in normalen Zeiten, aber es gibt eine. Abstand, Mund-Nasen-Schutz – die Vorschriften sind offenbar den meisten geläufig. Also steigt mit jedem Meter, den uns der Lift höher transportiert, dieses erleichternde Gefühl, endlich wieder Ski zu fahren. Bis zum Gekreische. „Ich kann nicht bremsen!“

Auch interessant

Nach der einen oder anderen „Pizza“-Abfahrt zum Förderband weiß das Kind wieder, wie gebremst wird – und es geht weiter. Die Schlangen zum Beispiel am Sessellift Brembergkopf oder am Büre-Bremberg X-Press sind zwar ebenfalls lang, aber Liftpersonal weist auf das Einhalten der Abstände und den korrekten Sitz des Mund-Nasen-Schutzes hin, was auch ab und an nötig ist!

Etwas fällt auf

Der (Kunst-)Schnee? Super. Die geöffneten Pisten? Top präpariert. Lediglich am Ende des Weges zur Talstation des Schneewittchen-Lifts könnte ein wenig geklagt werden. Aber: geschenkt.

Wir fahren gut zwei Stunden, sehen, wie mitgebrachte Snacks oder am Außenverkauf der Hütten erworbene Speisen auf Bänken oder im Schnee sitzend verzehrt werden. Mal mit mehr Abstand, mal mit weniger. Auffallend: Der Mund-Nasen-Schutz, der während des Liftens getragen werden muss, bleibt häufig auch auf der Piste im Gesicht der Skisportler.

Für meinen gilt das auch, entsprechend verschwitzt ist er. Das Gefühl, ihn kurz vor dem Einstieg ins Auto in die Mülltonne zu werfen, ist erleichternd. Der spätere Blick im Auto auf die Rücksitze ist hingegen amüsant. Der sonst so muntere Nachwuchs ist vom Skifahren erschöpft – ausgebremst.