Medebach/Olsberg. Reporter Thomas Winterberg begleitet seine Mutter ins Impfzentrum Olsberg. Ein Erlebnisbericht für alle, die den Besuch noch vor sich haben.

Glück gehabt. Meine Frau hat bei der Lotterie zur Termin-Vergabe gleich zweimal ins Schwarze getroffen. Zwar gab es keine Möglichkeit, mit Mutter (85) und Schwiegermutter (80) gemeinsam zur Corona-Schutzimpfung nach Olberg zu fahren. Das bemängeln auch viele Ehepartner. Aber in Zeiten, wo andere zwei Wochen am Telefon nach einem Termin suchen, darf man nicht wählerisch und muss auch mal dankbar sein. Immerhin waren die beiden Mütter nun an zwei aufeinander folgenden Tagen im Corona-Impfzentrum Olsberg und haben den ersten Piks hinter sich. Der Anfang ist gemacht; ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu hoffentlich bald wieder mehr Alltag, Normalität und mehr Kontaktmöglichkeiten.

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Fragen im Vorfeld

„Was bin ich froh, dass Du mich hier durchgeschleust hast. Ich glaube, alleine wäre ich nicht klar gekommen.“ Meine Mutter (85) ist sichtlich geschafft. Seit Tagen lieg ihr dieses Datum im Magen. Klappt alles, finden wir uns zurecht, vertrage ich das? Mehrfach wurde gecheckt: Ist die Versichertenkarte da? Ja. Kommen wir auch mit dem seit acht Wochen abgelaufenen Personalausweis durch? Ja. Brauche ich meinen Impfpass, kostet das was? Nein. Müssen wir die Befreiungskarte von der Zuzahlung auch mitnehmen? Nein. Wir sitzen entspannt in der Konzerthalle und warten nun nach der Impfung, ob irgendwelche Reaktionen auftreten.

Das Impfzentrum Olsberg.
Das Impfzentrum Olsberg. © WP | Jana Naima Schopper

Unsere Gedanken schweifen ab. Mutter hat hier schon mehrfach die Stars der Volksmusik live auf der Bühne erlebt. Ich denke wehmütig an die Show mit Hunde-Versteher Martin Rütter oder so manches schöne Konzert. Wann das wohl wieder möglich sein wird? Jetzt sitzen hier viele Senioren; fast alle mit einer Begleitperson, alle maskiert und alle froh, dass sie heute ihren Termin hatten.

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Anreise und Start

Dabei hätten wir fast abgesagt. Pünktlich um 14 Uhr setzt der Eisregen ein. Ich weiß nicht, ob wir überhaupt bis 15.30 Uhr heil von Medebach nach Olsberg kommen. Aber wir versuchen es, fahren frühzeitig los, finden einen Parkplatz und gehen schon um 14.40 Uhr langsam in Richtung Impfzentrum. Es regnet in Strömen. Mutters Brille beschlägt. Zum Verschnaufen müssen wir ein paarmal Halt machen. Beim Versuch, die Schutzmaske zu richten, fluppt fast das Hörgerät raus und die Kapuze fliegt vom Kopf. „Hallo, guten Tag! Haben Sie einen Termin?“ Gleich am Eingang kontrolliert ein Security-Mitarbeiter den Ausdruck mit dem Nummerncode und wir dürfen in den Plexiglas-Tunnel, wo es im Zickzack-Kurs weiter Richtung Eingang geht. Das hat was von Flughafen-Terminal – nur kleiner.

Die Hände haben wir schon desinfiziert. Kurz vor dem Eingang zur Halle machen wir das noch mal. Da ich links Mutter am Arm halte und rechts ihre Handtasche, gelingt meine Hand-Desinfektion nur drittklassig. „Na? Das geht aber doch auch gründlicher“, mahnt die Dame am Eingang freundlich. Okay, ich versuch’s nochmals. „Sorry, ich trage so selten Handtasche“, gestehe ich kleinlaut. Die Dame lacht und sagt: „Damit hätten wir das auch geklärt.“

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Datencheck

Endlich sind wir im Foyer der Konzerthalle. Kapuze ab, Brille gereinigt. Jetzt wird Fieber gemessen. Jeder muss die Stelle, an der sonst an der Hand der Puls gefühlt wird, etwa in Augenhöhe an ein Thermometer halten: 36,2. Alles gut. Weiter. Hinter einer Plexiglasscheibe sitzen mehrere Mitarbeiter in gebührendem Abstand. Sie kontrollieren Impfbenachrichtigung und Personalausweis. Ich habe unterdessen die Krankenkassenkarte ins Lesegerät geschoben. Alles Bingo. Wir bekommen eine Laufmappe, einen Kugelschreiber und dürfen weiter vorrücken.

Immer den Pfeilen nach

Überall auf dem Boden sind Pfeile, so dass man die Laufrichtung nicht verfehlen kann. Und bei dem vielen Gemecker in Sachen Corona muss man sagen: alle Leute sind hier sehr freundlich und aufmerksam. Ein hilfesuchender Blick reicht und schon steht jemand zur Seite, der seine Unterstützung anbietet. Wir haben die Impfunterlagen zum Großteil schon zu Hause ausgefüllt. Daten zur Person, chronische Krankheiten, Unverträglichkeiten, Allergien. „Das sieht schon sehr gut aus“, sagt ein Helfer, der einen prüfenden Blick auf die Akte wirft und die Zettel sortiert. „Nur noch hier zweimal unterschreiben, und dann müsste alles stimmen.“

Dort, wo zu Konzertzeiten die Garderobe ist, stehen wieder Helfer/innen und kontrollieren erneut unsere Mappe. Alles o.k. Wir betreten die Halle. Wie in einem großen Kaufhaus reiht sich hier vermeintliche Umkleidekabine an die nächste. Shoppen gehen wäre auch mal wieder schön…

Zum Arzt

Alle Vorhänge sind zugezogen; wir müssen keine Minute warten. Dann heißt es schon; „Bitte hier entlang!“ Dort sitzt ein Arzt, dem wir die Unterlagen aushändigen. „Winterberg aus Medebach?“, lächelt er. Ja, der Gag ist alt, aber immer wieder ein Eisbrecher, um ins Gespräch zu kommen. Meine Mutter und ich haben im Vorfeld über das Impfen gesprochen und brauchen kein intensiveres ärztliches Gespräch. Ob sie sich in den letzten Tagen krank gefühlt habe, ihr irgendwie unwohl sei. Nein! Passt.

Piks und fertig!

Wir kommen uns vor, wie in einem kleinen Dorf aus Zelten und dürfen in die nächste Kabine. „Hallo, guten Tag. Sind Sie Rechts- oder Linkshänder?“, fragt eine junge Dame. Und Mutter möchte die Spritze lieber in den rechten Arm bekommen. Jacke aus, Ärmel hoch, auf den Stuhl setzen. „Auf los geht’s los. Pikt jetzt gleich ein wenig“, sagt sie und ehe wir uns versehen, ist die Nadel auch schon wieder raus. „Das war’s! Alles Gute und auf Wiedersehen.“ Das waren keine 30 Sekunden.

Immer der Markierung nach gehen wir zum Wartebereich und Mutter merkt nach zwanzig Minuten, dass sie nichts merkt. Das ist gut so. Für den Fall der Fälle stehen aber auch überall Sanitäter und Helfer. Wir gehen Richtung Ausgang und ich blicke wehmütig auf die Bühne. Von mir aus auch Egerländer, hauptsache live...Noch einmal müssen Ausweis und Krankenkassenkarte vorgelegt werden, die gesamten Unterlagen werden kopiert und dann heißt es: „Tschüss, bis in drei Wochen!“

Bis dahin sind die Straßen hoffentlich frei von Eis und bis dahin muss sich auch niemand mehr Gedanken oder Sorgen machen. Wir wissen ja jetzt, wie es geht!