Winterberg. Der befürchtete Ansturm auf das Sauerland ist ausgeblieben. Trotz Winter-Wonderland-Wetter bleibt es in und um Winterberg ruhig.

„Herzlich willkommen“ strahlt wie jedes Jahr als Weihnachtsbeleuchtung über der Innenstadt von Winterberg. Doch in diesen Wochen ist alles anders: Winterberg als einer der bekanntesten Gastgeber in Westdeutschland muss momentan froh über jeden Gast sein, der jetzt im Lockdown nicht kommt. Trotz Neuschnee, Sonne und Dauerfrost wird dieser inständigen Bitte nach den Chaos-Tagen rund um den Jahreswechsel nun scheinbar Folge geleistet. In Winterberg und auch den umliegenden Nachbargemeinden blieb es am Wochenende weitestgehend ruhig.

Schon Ruhe auf den Autobahnen

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Schon früh am Samstagmorgen werden laufend Radiohinweise gesendet, dass die Skigebiete im Sauerland größtenteils gesperrt sind. Auf den Autobahnen herrscht im Gegensatz zu den vergangenen beiden Wochenenden wenig Verkehr, so dass sich schon am Vormittag abzeichnet, dass der Tag entspannt verlaufen könnte. 80 Einsatzkräfte der Polizei, außerdem Mitarbeiter der Stadt, freiwillige Helfer, Sicherheitsdienste und Feuerwehrleute verteilen sich auf ihre Posten an Zufahrten und Parkplätzen, außerdem sind Polizeistreifen überall in der Stadt unterwegs. Deren Verpflegung haben die einheimischen Gastronomen wieder in die Hand genommen.

Nur ein paar Hasenspuren

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Die Skihänge an der Kappe und am Bremberg sind tief verschneit, an den Sesselliften hängen lange Eiszapfen. Zwei Dinge, die an einem solchen Winter-Wochenende eigentlich überhaupt nicht zueinander passen. Noch am vergangenen Wochenende war hier einer der Hotspots des Besucheransturms, jetzt ist weit und breit kaum jemand zu sehen, nur einige Hasenspuren ziehen sich durch die weiße Pracht. Die Straßen in Winterberg sind ungewöhnlich leer. Auch in den Supermärkten und am Bahnhof ist es ruhig, selbst die Randstreifen am Waltenberg sind nicht belegt. Ein Jogger in kurzer Hose läuft mitten über den Fichtenweg.

Zweites Januar-Wochenende in Winterberg verläuft ruhig

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    Normalerweise ist es hier oft rappelvoll; auch vor einigen Tagen war es noch so. Das Skigebiet befindet sich in Laufnähe, es gibt viele Ferienwohnungen, einen Aprés-Skitempel und Gastronomie. Alles hat geschlossen. Aus einem Hotel tönt Baulärm, an einem anderen baumeln noch rote Weihnachtskugeln. Einige Anwohner schieben Schnee, manche Parkflächen sind bewusst nicht geräumt.

    Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes am leeren Großraumparkplatz genießen ihre ruhige Schicht. Vor der Sperrung waren sie für viele gereizte Autoinsassen nach stundenlanger Fahrt wie ein Prellbock, an dem die schlechte Laune wegen der fehlenden Toiletten und Parkmöglichkeiten ausgelassen wurde. Am „Rauhen Busch“ haben zwei Skifahrer das Betretungsverbot missachtet, doch im tiefen Schnee kommen sie kaum vorwärts. Einige Medienvertreter fluchen, weil sie nicht winterfest angezogen sind.

    Auch im Umfeld läuft es reibungslos

    An der Ruhrquelle außerhalb der Stadt ist eine Parkbucht mit Autos hauptsächlich aus dem Ruhrgebiet und Ostwestfalen besetzt. Hier stehen einige Dixieklos. Die Besucher verlieren sich in den weiten Wiesen am Kuhlenberg. Auf der L 740 nach Küstelberg laufen zwei junge Männer mit Schlitten unter dem Arm am Straßenrand etwas orientierungslos entlang, einen Fußweg gibt es hier nicht. An der Abzweigung Richtung Elkeringhausen hat sich ein Polizei-Fahrzeug postiert. Das Skigebiet Schlossberg, das zu Medebach gehört, ist eines der wenigen in der Umgebung, das nicht geschlossen ist, die Zufahrt wird überwacht. Hier und auch in Düdinghausen, wo es vergangene Woche Probleme mit dem Ausweichverkehr von Willingen gab, läuft an diesem Samstag alles reibungslos, wie das Medebacher Ordnungsamt bei seinen regelmäßigen Kontrollen feststellt. Ebenso wie im benachbarten Hallenberg nutzen viele Menschen und vor allem auch Einheimische das herrliche Winterwetter zum Spazierengehen, Schlittenfahren und Langlaufen, doch überall werden die Schutz- und Abstandsregeln eingehalten, wie die Bürgermeister Thomas Grosche und Enrico Eppner auf Anfrage der WP bestätigen.

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    Auch ihr Amtskollege Michael Beckmann in Winterberg ist nach dem bisherigen Verlauf des Wochenendes erleichtert, weil die Appelle und Maßnahmen nun Wirkung gezeigt haben. „Ich verstehe die Menschen, die in dieser Zeit raus und den Schnee erleben möchten. Es tut uns in der Seele weh, dass wir bei diesem Traumwetter nichts öffnen dürfen.“

    Konzept noch einmal überprüfen

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    Beckmann begründete das rigorose Durchgreifen von Stadt und Kreispolizei damit, dass durch den Besucheransturm um den Jahreswechsel und die damit verbundenen Verkehrsprobleme neben der Belästigung der Anwohner Rettungswege blockiert waren und Pflegedienste nicht mehr zu ihren Patienten kamen, so dass die Sicherheit der Bürger gefährdet war. Ähnliche Probleme in der Zukunft, wenn die Corona-Schutzmaßnahmen nicht mehr zu einer Ausnahmesituation wie im Moment führen, erwartet Beckmann nicht. Aus den regulären Wintern habe man Erfahrung mit dem Lenken von großen Verkehrsströmen, auch die in der vergangenen Saison erstmals eingesetzten Displays hätten sich bewährt. Eine kritische Auseinandersetzung mit den aktuellen Ereignissen wird jedoch folgen: „Wir werden unser Konzept noch einmal überprüfen und dabei auch den Kreis mit einbeziehen. Denn es hat sich gezeigt, dass sich Auswirkungen auf die Nachbarorte ergeben, sobald eine Kommune eingreift.“