Referinghausen. Reisen in Zeiten von Corona? Warum Maria und Josef aus der Kirchenkrippe in Referinghausen auf Herbergsuche sind.

Reisen ist in diesen Tagen untersagt. Und ein Beherbergungsverbot herrscht auch. Corona. Trotzdem machen sich am nächsten Dienstag zwei „Personen“ auf den Weg. Vom 1. bis zum 24. Dezember werden sie jede Nacht in einer fremden Wohnung verbringen. Immer abends lassen sie für sich an einer anderen Haustür klopfen und um ein Quartier bitten. Es sind keine Bettler und keine Hausierer. Es sind genügsame Gäste, die weder Frühstück noch Vollpension brauchen. Sie heißen Maria und Josef und sie sind aus Holz. Die beiden Krippenfiguren der Pfarrgemeinde Sankt Nikolaus zu Referinghausen gehen auf Wanderschaft, um ein wenig Vorfreude auf das Weihnachtsfest zu verbreiten.

Kreativität gefragt

„In Zeiten, in denen so viele adventliche Veranstaltungen abgesagt werden, wird man echt kreativ. Diese Idee war eine von vielen anderen aus einem Ideenpaket des Dekanatsbüros in Brilon“, sagt Ulrike Becker vom Referinghauser Pfarrgemeinderat (PGR). Ein lebendiger Adventskalender, wie er seit Jahren regelmäßig im Dorf veranstaltet wurde, kann in Zeiten des Abstandhaltens nichts umgesetzt werden. Daher hat die Aktion mit den Krippenfiguren einen besonderen Charme. Sie ist relativ einfach umzusetzen, hat große Symbolkraft und bedarf nur etwas Gastfreundschaft.

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Damals in Bethlehem klopfte das Heilige Paar spontan und unverhofft an viele Türen. Der Gedanke, einem Fremden ganz unvorbereitet Obdach zu gewähren, hat seinen Reiz. Und in Süddeutschland, wo diese Wanderung von Maria und Josef weit verbreitet ist, wird das Brauchtum genau so ohne Voranmeldung gepflegt. In Zeiten von Corona muss aber alles etwas anders laufen.

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Daher hat der Pfarrgemeinderat schon vor Wochen einen Aufruf gestartet, wer als Gastgeber mitmachen möchte. Momentan wird die exakte Reiseroute innerhalb des Dorfes geplant. „Es sind noch nicht alle Termine vergeben. Wir würden uns freuen, wenn noch einige mitmachten. Wenn wir keine 24 Herbergen finden sollten, dann müssen die beiden zur Not hier und da zweimal übernachten“, sagt Ulrike Becker.

Paar reist mit Handgepäck

Das Heilige Paar reist übrigens mit kleinem Gepäck und in einer großen Jute-Tasche an. Darin befindet sich eine Box mit Desinfektionstüchern, um die Figuren vorsichtig abzuwischen. Außerdem haben Maria und Josef eine Kerze für dunkle Stunden und einzeln verpackte Schokoladentäfelchen als Reiseproviant dabei. Die Kerze darf man anzünden, an der Schokolade naschen und schön wäre es, wenn jede Gastgeberfamilie ein paar Sätze ins Reisetagebuch schreiben und/oder ein Foto vom Besuch machen und an den PGR übermitteln würde. Wer will, kann einen schriftlichen Gruß hinterlassen und den Proviant wieder auffüllen.

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Auch der Reiseplan steckt in der Jute-Tasche, so dass immer ein verbindlicher Übergabe-Termin für die nächste Station vereinbart werden kann. Schließlich sollen die Gäste aus Bethlehem ja nicht vor eine verschlossene Tür kommen. Für den Fall, dass potenzielle Gastgeber nicht mehr gut zu Fuß sind, würde der Pfarrgemeinderat auch den Transport von Haustür zu Haustür übernehmen. Und die Übergabe der Reisenden erfolgt selbstverständlich kontaktlos und unter Einhaltung der Hygieneabstände.

Brauchtum aus dem Alpenraum

In Süddeutschland und im Alpenraum ist dieses Brauchtum weit verbreitet. In manchen Regionen geht nur die Gottesmutter auf Reisen. Dort spricht man vom „Marientragen“ . In Altenbüren sind die Messdiener 2011 auch schon einmal mit den Krippenfiguren auf Herbergsuche gegangen.

In einem handschriftlich überlieferten Gedicht heißt es u. a.: „Ich klopfe an im heiligen Advent und stehe vor der Tür! O selig, wer des Hirten Stimme kennt und eilt und öffnet mir. Ich werde Nachtmahl mit ihm halten, ihm Gnade spenden, Licht entfalten. Der ganze Himmel wird ihm aufgetan - ich klopfe an!“

Ende einer Reise

Die Reise durch Referinghausen endet übrigens für die Holzfiguren am 24. Dezember. Dann soll – unter Vorbehalt - vor der Kirche ein Krippenspiel stattfinden und Maria und Josef werden ihren angestammten Platz bei Jesus, den Hirten sowie bei Ochs und Esel einnehmen.

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Zum Verkauf werden kleine Kerzen mit dem Friedenslicht aus Bethlehem angeboten. Das Heilige Paar hat nach der Reise bestimmt viel zu erzählen. Aber nicht, dass in den Herbergen kein Platz für sie war...