Marsberg-Meerhof. Seit vier Jahren steht der Windpark Himmelreich bei Marsberg von Windbauer Michael Flocke mit 11 Anlagen still. Der Konflikt geht ans Eingemachte

Den ganzen Sommer wurde ordentlich gebaut im Sintfeld zwischen Meerhof und Bad Wünnenberg und wird es jetzt immer noch. Im Altwindpark Meerhof bei Marsberg im Hochsauerlandkreis werden die Windkraftanlagen repowert. Das heißt: 30 neue Anlagen werden gebaut. Sie ersetzten 37 alte Windkraftanlagen, die gleichzeitig rückgebaut werden. Die neuen Superwindmühlen ragen mit der Flügelspitze 200 und 230 Meter in den Himmel hinein. Sie werden viermal so viel Strom produzieren wie die alten, kleineren 37 Windräder. Zehn der neuen Anlagen produzieren bereits fleißig Ökostrom . Ende nächsten Jahres sollen sich alle 30 neuen Anlagen drehen. 150 Millionen Euro haben die Windkraftbetreiber um mehrere Betreibergesellschaften mit den Geschäftsführern Michael Flocke, Josef Dreps und Christoph Luis in das Repowering-Programm gesteckt.

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Die Welt für Windbauer Michael Flocke könnte also in Ordnung sein. Ist sie aber nicht. Vor allem nicht, mit Blick auf seinen Windpark Himmelreich südwestlich von Meerhof. Und wenn er an den Naturschutzverband NABU NRW denkt. Elf Windräder sollten sich im Windpark Himmelreich drehen. Das hat, wie berichtet, der NABU NRW erfolgreich vor Gericht verhindert. Deren Bau hatte der Hochsauerlandkreis zuvor genehmigt. Eines war und ist immer noch betriebsbereit. Bei zwei im Bau befindlichen stehen die halben, unfertigen Türme wie Mahnmale im Windpark. Für acht waren die Fundamente bereits in den Boden gebaut.

Baustopp um Eilverfahren

Da hatte im August 2016 das Verwaltungsgericht Arnsberg im Eilverfahren einen Baustopp auf die Klage des NABU NRW erlassen. Im Februar 2018 hat das Verwaltungsgericht Arnsberg sogar die Genehmigungen für alle Anlagen aufgehoben. Das Gericht in Arnsberg sieht bei dem Windkraft-Projekt Himmelreich einen Verstoß gegen Vorschriften der Umweltverträglichkeitsprüfung, des Bauplanungsrechts und des Naturschutzrechts.

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Die Windparks im Sindfeld mit nahezu 300 Windkraftanlagen hinter Meerhof bis Bad Wünnenberg und Lichtenau gilt als größter Windpark Europas. Etwa drei Viertel der Anlagen stehen auf Paderborner Land, bei Bad Wünnenberg und Lichtenau.

Windbauer Michael Flocke aus Meerhof ist stinksauer. Er wirft dem NABU unbedingte Verhinderungstaktik vor. 
Windbauer Michael Flocke aus Meerhof ist stinksauer. Er wirft dem NABU unbedingte Verhinderungstaktik vor.  © Annette Dülme | Annette Dülme

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster) hatte den Baustopp aus 2016 bestätigt. Der NABU hatte seine Klage damit begründet, dass die Genehmigung aus arten- und landesschutzrechtlichen Gründen nicht zulässig sei. Rotmilane und Wiesenweihe seien durch die Windräder einem erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt und die Brut- und Nahrungsplätze der Weisenweihe, der Wachtel und des Mornellregenpfeifers seien gefährdet. Zudem habe der bei der Erteilung der Genehmigung noch gültige, alte Flächennutzungsplan der Stadt Marsberg dort keine Konzentrationszonen für Windkraft ausgewiesen. Zwischenzeitlich war die Änderung des Flächennutzungsplanes mit Erweiterung der Windkraftzone in Meerhof rechtskräftig geworden.

Das ist jetzt zwei Jahre her. Das Berufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht steht noch aus. Flocke ist mit seiner Geduld am Ende. 13 Mio. Euro hatte er bereits 2016 investiert. Hinzu komme der Ausfall der Einnahmen durch den regenerativ erzeugten Strom, zählt er auf. Nicht nur für ihn, sondern auch der Stadt. „Seit fast vier Jahren könnten die Anlagen laufen“, wettert Flocke. Sie hätten jedes Jahr 110 Mio. Tonnen CO2 reduziert. „Der Nabu hat einen gigantischen Schaden verursacht.“

Nicht nur, dass der Stadt Marsberg Gewerbesteuereinnahmen im sechsstelligen Bereich weggefallen seien, sondern auch die 130 Grundstückseigentümer, mit denen er Nutzungsverträge abgeschlossen hat, hätten gewaltige finanzielle Ausfälle. Ganz zu schweigen von den Bürgern aus Oesdorf und Essentho. Auch sie hätten von einem günstigen Stromtarif profitieren sollen, ähnlich wie die Bürger in Meerhof. Wie berichtet, übernehmen die Windkraftbetreiber die Betriebskosten von sieben Cent pro Kilowattstunde. Die Stromnebenkosten bleiben den Stromkunden.

NABU: Die Stimme der Natur

Dass der Nabu obendrein formale Fehler wegen der bei der Baugenehmigung noch nicht gesicherten Änderung des Flächennutzungsplan der Stadt Marsberg anführt, nennt Flocke „einen Tanz auf dem Drahtseil“ mit Blick auf die Folgen, falls der neue Flächennutzungsplan für ungültig erklärt würde. Was habe „ein angeblicher Naturschutzverband eigentlich das Planungsrecht zu rügen“, empört er sich und ist davon überzeugt, dass es nur darum gehe, mit allen Mitteln den Windpark Himmelreich verhindern zu wollen, auch deren Naturschutzgründe nennt er „in Wirklichkeit vorgeschoben“. Denn laut Gutachten sei die Wiesenweihe 2015 das letzte Mal in Meerhof gesichtet worden. Bei Rotmilan und die Wiesenweihe sei belegt, dass 70 Prozent ihrer Flüge unterhalb von 60 Metern liegen würden. Die geplanten elf Windräder hätten aber eine Bodenfreiheit von 90 Metern.

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Flocke fordert den NABU auf, sofort die Klage zurückzuziehen, um den Weg freizumachen, im Sinne der Klimaschutzzielsetzung der Bundesregierung.

„Ich bin als Landesvorsitzende des NABU NRW mehr als überrascht, das gegenwärtig auf verschiedenen Ebene Verständigungsversuche bei der Lösung der Zielkonflikte Windkraft und Artenschutz von verschiedenen Akteuren in der Region initiiert werden, gleichzeitig jedoch offenbar öffentlich in die Klamottenkiste der undifferenzierten Vorurteile gegriffen wird, um die berechtigten Interessen des Naturschutzes zu diskreditieren. Der NABU versteht sich als Stimme der Natur, die selbst keine Stimme erheben kann, um gegen mögliche Eingriffe vorzugehen. Wir vertrauen dabei auf den Rechtsstaat und die rechtsstaatlichen Verfahren, die es in Deutschland gibt“, sagt Dr. Heide Naderer, Landesvorsitzende NABU NRW, auf Nachfrage der WP.