Winterberg/Lichtenfels. In einem Waldstück bei Medebach wird ein Hirsch enthauptet. Das Entsetzen ist groß. Das ist über die grausame Tat und die Täter bekannt:

Es ist eine Belohnung in ungewöhnlicher Höhe: 10.000 Euro werden in einer Kleinanzeige in der Westfalenpost ausgelobt für Hinweise auf Wilderer im Grenzgebiet von Südwestfalen und Hessen nahe Medebach im Hochsauerlandkreis. Dort hat ein Wilderer offenbar einen Hirsch geschossen und den Kopf abgeschlagen.

Dort sei im Revier der Forstverwaltung Faust der Kadaver eines gewilderten Hirschs gefunden worden. Der oder die Täter hätten das Tier getötet, seinen Kopf abgetrennt und den Rest des Körpers liegen gelassen. „Wahrscheinlich ging es dem oder den Tätern um die Trophäe“, vermutet Rechtsanwalt Matthias Rappel aus Winterberg. Sein Name und seine Kontaktdaten stehen unter der Anzeige; er vertritt die Revierinhaber, die nicht selbst in der Öffentlichkeit auftreten möchten.

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An welchem Ort genau der Kadaver gefunden wurde, ist dem Rechtsanwalt nicht bekannt – die Wälder der Forstverwaltung Faust liegen laut Internetrecherche auf Lichtenfelser Gebiet, unmittelbar jenseits der Stadtgrenze von Medebach.

Angeblich schon mehrere Vorfälle

Es ist nicht nur die unrechtmäßige Tötung des Hirschs, die Rappels Mandanten wütend macht. „Wertvolles Wildfleisch von rund 100 Kilogramm wurden achtlos im Wald liegengelassen und verweste“, heißt es in der Anzeige. Erschwerend kommt hinzu, dass das Ganze nicht zum ersten Mal passiert sein soll: Seit mehreren Jahren schon trieben der oder die Unbekannten in der Gegend ihr Unwesen.

Jagdwilderei

Jagdwilderei ist ein Straftatbestand (§292 des Strafgesetzbuches). Sie wird mit Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren bestraft.

In besonders schweren Fällen liegt die Strafe bei drei Monaten bis fünf Jahren Freiheitsstrafe. Als besonders schwer gelten Fälle, in denen gewerbs- oder gewohnheitsmäßig, nachts, in der Schonzeit, mit Schlingen oder auf andere unfachmännische Weise gewildert wird. Auch wenn mehrere Beteiligte gemeinschaftlich mit Schusswaffen ausgerüstet waren, kann das als schwerer Fall gelten.

Wie oft genau es dort schon ähnliche Vorfälle gegeben haben soll, war am Donnerstag (5.11.) allerdings nicht herauszufinden. Die 10.000 Euro Belohnung sollen an denjenigen ausgezahlt werden, der Hinweise geben kann, die „zur Überführung und rechtskräftigen Verurteilung des Täters führen“.

Wilderei – das klingt nach lang vergangenen Zeiten, Heimatfilmen und romantischem Rebellentum. Tatsächlich war das verbotene Jagen in früheren Zeiten auch im Sauerland und im angrenzenden Wittgenstein ein großes Problem, über das in den vergangenen Jahren mehrere Bücher veröffentlicht wurden. So gab der heimische Theologe und Schriftsteller Peter Bürger 2018 sein Werk „Krieg im Wald“ heraus, in dem er zahlreiche tragische Beispiele aus dem Altkreisgebiet beschreibt, die sich im 19. und 20. Jahrhundert ereignet haben.

Über 900 Fälle jährlich

Doch auch im Wald des 21. Jahrhunderts wird unerlaubt gejagt. Allerdings geht es vielen Wilderern heute nicht mehr um billiges Fleisch oder gar die Rettung der hungernden Familie, sondern um Trophäen. Die Geweihe und Köpfe der Tiere sind begehrter Schmuck.

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Die Polizei erfasste im vergangenen Jahr deutschlandweit 907 Fälle von Jagdwilderei. Die Zahl dieser angezeigten Vorfälle ist im Durchschnitt der vergangenen 25 Jahre gesunken – 1996 war das Jahr mit den meisten Fällen in diesem Zeitraum: 1502.

Neben dem Verlust von Wildfleisch und Trophäen beklagen rechtmäßige Jäger und Jagdverbände auch die oft unfachmännische Tötung der Tiere durch Wilderer. So komme es nicht selten vor, dass diese das Wild nur verletzten und dieses dann zugrunde gehe. Auch vor geschützten Arten machen Wilderer oft nicht halt und nehmen keine Rücksicht auf Schonzeiten.

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Um als Wilderer angeklagt und verurteilt zu werden, muss man das Tier allerdings nicht töten – es ist bereits verboten, gefundene Geweihe mitzunehmen, die im späten Winter oder im Frühling von den Hirschen abgeworfen wurden. Der Fachbegriff für solche Funde lautet Abwurfstangen; sie stehen demjenigen zu, der im betreffenden Revier das Jagdrecht ausübt. Für Rechtsanwalt Rappel gehört Wilderei nicht zu den alltäglichen Fällen in seiner Kanzlei. Er sichert zu, Hinweise zum Fall des gewilderten Hirschs vertraulich zu behandeln.

Hinweise an Rechtsanwalt Matthias Rappel, E-Mail: rappel@sbr-winterberg.de