Marsberg. Der Stadtwald Marsberg ist schwer geschädigt: Dürre, Borkenkäfer und Stürme haben ihm zugesetzt. Doch das Waldsterben bringt neue Perspektiven:

Die aktuell schweren Schäden durch Borkenkäferbefall und Stürme in der Fichte machen auch vor dem Stadtwald Marsberg nicht Halt. Nachdem im Januar 2018 der Sturm Friederike über ganz NRW zog und unzählige Fichten entwurzelte, kam in den darauffolgenden Jahren noch die anhaltende Trockenheit hinzu, die die Massenvermehrungen des Fichtenborkenkäfers auch im Stadtwald Marsberg begünstigte. „Die anhaltende Großkalamität im Stadtwald Marsberg ist auch eine Chance für neue Wege“, sagen Nikolas Osburg, neuer Leiter des Forstamtes Willebadessen und Stadtförster Lars Grothe im Gespräch mit der WP, um welche es sich handelt.

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Geht oder fährt man durch Marsbergs Waldflächen, tut einem das Herz weh. Entweder riesige Flächen mit braunen, abgestorbenen Fichten, oder abgeholzte Flächen mit riesigen Baumstammbansen. Herr Grothe, wie groß ist die geschädigte Fläche insgesamt?

Lars Grothe: Nach der Ernte des absterbenden und bereits toten Fichtenholzes durch örtliche aber auch überregionale Einschlagsunternehmer werden in Zukunft Freiflächen im Stadtwald Marsberg zurückbleiben, welche in ihrer Gesamtheit mehrere hundert Hektar groß sind.

Was geschieht mit dem gefällten Holz?

Nikolas Osburg, neuer Leiter des Gemeindeforstamtes Willebadessen
Nikolas Osburg, neuer Leiter des Gemeindeforstamtes Willebadessen © Gemeindeforstamt Willebadessen

Nikolas Osburg: Neben regionalen Sägewerken nehmen auch überregionale Sägewerke in anderen Bundesländern das Kalamitätsholz der Stadt Marsberg ab und auch der Export nach China stellt derzeit eine Absatzmöglichkeit dar. In Summe ist somit die Holzvermarktung des städtischen Forstbetriebes gesichert, da sich die langjährige Strategie des Gemeindeforstamtes Willebadessen auszahlt, sowohl mit kleinen, mittelständischen als auch mit großen Sägewerken zusammenzuarbeiten.

Haben Sie Pläne für die freigewordenen Flächen?

Auch im Saametholz waren großen Fichtenbestände von Borkenkäfer befallen und mussten gefällt werden. Auf den Freiflächen wurden Eichen angepflanzt.
Auch im Saametholz waren großen Fichtenbestände von Borkenkäfer befallen und mussten gefällt werden. Auf den Freiflächen wurden Eichen angepflanzt. © Lars Grothe

Lars Grothe: Ziel der Stadt ist es, auf den Schadflächen in Zukunft klimastabile, baumartenreiche und multifunktionale Mischwälder zu etablieren. Neben vorwiegend heimischen Baumarten wie Trauben- und Stieleiche, Buche, Ahorn, Vogelkirsche, Lärche, Tanne und Kiefer, werden zum Beispiel neue Baumarten wie Esskastanie, Roteiche, Douglasie und weitere Tannenarten im Marsberger Stadtwald Einzug halten. Neben der aktiven Wiederbewaldung durch Pflanzungen mit den genannten Baumarten wird auch auf die kostengünstige natürliche Sukzession zurückgegriffen. Hierbei wird auf die „Saat“ der Natur gesetzt, dessen Erfolg jedoch vom Standort, der Dichte des Wildbestandes sowie von vorhandenen Saatbäumen abhängig ist.

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Wieso hängt die Dichte des Wildbestandes von dem Erfolg der Wiederbewaldung ab?

Nikolas Osburg: Während das Wildschwein auf der Suche nach Eicheln und Bucheckern den Waldboden durchwühlt und somit die Samen in den Mineralboden einarbeitet, verbeißen Schalenwildarten wie das Rot-, Damm- und Rehwild die auflaufende Naturverjüngung. Insbesondere das Reh ist hier zu nennen, welches ein „Feinschmecker“ unter den Wildtieren ist und immer die Baumarten aus den Naturverjüngung heraussucht und verbeißt, welche am wenigsten im Wald vorkommen. Dieses kann bei überhöhten Rehwilddichten zur Folge haben, dass nicht baumartenreiche, sondern baumartenarme Waldbestände (sogenannte Monokulturen) entstehen können. Da jedoch im Klimawandel viele Baumarten auf einer Waldfläche stehen müssen, kommt den Jägern in Zukunft eine sehr große Verantwortung zu, die Rehwilddichten dem Wald so anzupassen, dass sich alle Baumarten natürlich verjüngen können, damit sich beim Ausfall einer Baumart

Baumsorten im Stadtwald

Der Stadtwald Marsberg hat eine Größe von rund 2.000 Hektar.

Die Baumarten gliedern sich in 31 Prozent Buche, 12 Prozent Eiche, 44 Prozent Fichte, 5 Prozent Lärche sowie in 8 Prozent sonstiges Laub- und Nadelholz.

Das Verhältnis von Laubholz zu Nadelholz betrug vor dem Borkenkäferbefall 52 zu 48 Prozent. Jährlich wird 13.000 Festmeter Laub- und Nadelholz eingeschlagen. In diesem Jahr wurde dazu die gleiche Menge Borkenkäferholz eingeschlagen.

Neben dem Revierleiter Lars Grothe kümmern sich ein Forstwirtschaftsmeister und zwei Forstwirte um den Stadtwald.

Verwaltet wird er vom Gemeindeforstamt Willebadessen.

noch genug andere Baumarten auf einer Fläche befinden.

Was passiert mit den noch stehenden trockenen Fichtenbeständen?

Nikolas Osburg: Aktuelle befinden wir uns noch in der Aufarbeitung, sodass noch einige trockene Fichtenbestände abgeerntet werden, damit diese anschließend wieder aufgeforstet werden können. Teilweise werden sie jedoch auch vereinzelt stehenbleiben, um auch hier zu schauen, wie sich die Natur an diesen Stellen entwickelt. Durch diese unterschiedlichen Strategien der Wiederbewaldung entstehen neue und unterschiedliche Waldbilder, die für den Waldbesucher zunächst ungewohnt sind. Gleichzeitig bieten diese jedoch auch zukünftig die Möglichkeit, den unterschiedlichen Waldfunktionen gleichmäßig gerecht zu werden.

Was zählt zu den wichtigsten Waldfunktionen?

Nikolas Osburg: Zu den wichtigsten Waldfunktionen zählen die Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion, wozu die Lieferung sauberer Luft sowie von Wasser, die CO2- freundliche Bereitstellung des Baustoffes Holz, wertvolle Lebensräume für Tier und Pflanzenarten und Arbeitsplätze sowohl in der Forstwirtschaft als auch in der Holzverarbeitenden Industrie zählen. Damit diese Funktionen auch nachhaltig gesichert werden, setzt der Forstbetrieb der Stadt Marsberg auf eine starke Zusammenarbeit zwischen dem Stadtrat, der Stadtverwaltung, dem Forstbetrieb, den eingesetzten Unternehmern, den Holzkäufern und dem zuständigem Gemeindeforstamt Willebadessen.

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Können sich auch die Bürger irgendwie einbringen?

Revierleiter Lars Grothe
Revierleiter Lars Grothe © Gemeindeforstamt Willebadessen

Lars Grothe: Gerne können sich auch die Bürger der Stadt Marsberg oder ortsansässige Unternehmen, nach Rücksprache mit der Stadtverwaltung, aktiv an der Wiederbewaldung beteiligen. In Giershagen und Westheim, werden mit den jeweils ersten Klassen bereits seit einigen Jahren Bäume auf Schadflächen gepflanzt. Außerdem wird aktuell eine Pflanzaktion im Nachlauf zum Jubiläum der Städtepartnerschaft zwischen der Stadt Marsberg und der französischen Stadt Lillers geplant. Ferner haben einzelne Unternehmen aus Marsberg sowie im Stadtwald arbeitende Forstunternehmer Bäume für die Wiederbewaldung bereitgestellt.