Winterberg. Eine Frau aus Winterberg ist zum zweiten Mal Corona-positiv. Zwischen den Infektionen liegen Monate. Wie sie damit umgeht und was Experten sagen.

„2020 ist einfach nicht mein Jahr“, sagt Anna Mayer* aus dem Großraum Winterberg . Im April, als die Fallzahlen zum erstem Mal stark gestiegen waren, ist sie heftig an Corona erkrankt und hatte drei Wochen lang Covid-19-Symptome. Ein Coronatest beim Arzt ist positiv. In der vergangenen Woche, Ende Oktober, beginnt dann der Kopf zu schmerzen, die Nase zu laufen, Fröstelgefühle treten auf. „Wie bei einer Grippe“, überlegt sie. Obwohl das eigentlich nicht passt, denn sie hat sich kürzlich noch dagegen impfen lassen. Corona kann es ja nicht schon wieder sein, denn es heißt doch allgemein, dass man immun sei, wenn man die Krankheit einmal durchgemacht hat. Außerdem waren die ersten Symptome im Frühjahr ganz anders, da hatte sie den markanten trockenen Husten gehabt. Doch bei ihrem Hausarzt erlebt Anna Mayer eine Überraschung. Sie ist zum zweiten Mal mit dem Coronavirus infiziert.

Wegen Vorerkrankungen zählt Anna Mayer zur Risikogruppe

Weil ihre Tochter positiv auf Corona getestet wird, geht Anna Mayer vorsichtshalber am nächsten Morgen direkt zu ihrem Hausarzt und lässt dort auf eigene Kosten einen Schnelltest machen.

Auch interessant

Sie zählt aufgrund drei unterschiedlicher Vorerkrankungen zur Risikogruppe und will außerdem sichergehen, dass sie ihre Familie und Kollegen nicht gefährdet.

Zwei Tests: Ergebnis eindeutig: Zum zweiten Mal Corona-positiv

Nach 15 Minuten färben sich zwei Streifen auf dem Test: Ganz klar corona-positiv. Auch der Hausarzt kann das Ergebnis kaum glauben und nimmt einen weiteren Abstrich, der im Labor untersucht wird. Zwei Tage später erhält sie als erstes über die Corona-Warn-App die Nachricht, dass sie eindeutig wieder infiziert ist.

Das Gesundheitsamt ruft kurz darauf an, lobt sie für ihr umsichtiges Verhalten und geht mit ihr die Anweisungen durch, die sie ja schon kennt. Einziger Unterschied: Nach zwei Wochen Quarantäne braucht sie nicht wie im April einen neuen Test machen, der negativ sein muss, sondern kann wieder arbeiten, wenn keine Symptome mehr da sind.

Krankheitsverlauf ist dieses Mal milder

Der Krankheitsverlauf ist dieses Mal milder, erzählt Anna Mayer. Fieber hat sie beide Male nicht gehabt. Schlimmer als die körperlichen Begleiterscheinungen sind jedoch die Gedanken, die im Kopf kreisen. Wieder mindestens zwei Wochen oder länger alleine in der Wohnung eingesperrt sein. Dazu nagt jetzt im Hinterkopf die Befürchtung, dass vielleicht ihr Immunsystem schwächer ist und durch die Vorerkrankungen nicht genug Antikörper bilden kann. Falls ihre Vermutung stimmen sollte, könnte sie dann auch künftig anfälliger für die Corona-Viren sein?

Auch interessant

Das Gefühl der Sicherheit, dass sie nach der ersten Erkrankung immun wird, ist weg. Und wenn sie selber anfällig für Ansteckungen wäre – bedeutet das, dass sie auch für ihr Umfeld ein Risiko sein würde? „Am Sonntag habe ich stundenlang geheult“, sagt sie traurig. Und FFP2-Masken für sich bestellt, die noch sicherer sein sollen, als die normalen Mund-Nasen-Bedeckungen.

Das sagen Virologen über Corona-Reinfektionen

Die Frage zur Immunität nach einer Corona-Erkrankung und den sogenannten Reinfektionen ist in der Forschung noch ungeklärt. Bislang sind Einzelfälle aus Hongkong, USA, Ecuador, den Niederlanden und Belgien dokumentiert. Bei allen zeigten Tests, dass andere Virussequenzen gefunden wurden als bei der ersten Infektion, berichtet der Deutschlandfunk Ende Oktober. Bei drei Patienten verlief die zweite Erkrankung milder, bei den anderen beiden heftiger. Bei Studien an Probanden zeigte sich, dass die Zahl der nach einer Infektion gebildeten Antikörper im Laufe der Zeit abnehmen könnte. Neben den Antikörpern spiele jedoch auch das individuelle Immunsystem jedes Menschen eine Rolle, heißt es in dem Bericht. „Entscheidend ist nicht, ob sich jemand erneut infiziert, sondern ob jemand bei erneuter Infektion erkrankt“, erklärt der Virologe Thomas Mertens vom Uniklinikum Ulm in einem ZDF-Interview. Bei vielen Virenarten sei eine erneute Infektion sowohl nach einer natürlichen Erstinfektion als auch nach einer Impfung möglich.

Auch interessant

Eine Reinfektion müsse nicht schlecht sein, sie ermögliche unter Umständen den Erhalt der Immunität. Auch eine Impfung solle zunächst nur die Erkrankung verhindern und nicht unbedingt die Infektion, zitiert das ZDF. Bei SARS-CoV-2 wisse man jedoch noch nicht genau, ob bei Patienten nach einer Reinfektion nennenswerte Virusausscheidungen erfolgten, in welchem Maße sie also erneut ansteckend seien. Das Robert-Koch-Institut sage, dass es derzeit noch unklar sei, „wie regelhaft, robust und dauerhaft“ die Immunität nach einer Infektion sei.

Auch Deutschlands derzeit bekanntester Virologe Prof. Dr. Christian Drosten äußerte sich in seinem Podcast vom 9. September zu Reinfektionen: „Das sind Raritäten. Aber das wird wahrscheinlich epidemiologisch jetzt für die Pandemie, für die Verbreitung und für die Gefährlichkeit nicht ins Gewicht fallen.“

Noch ist vieles unsicher. So fühlt sich auch Anna Mayer: „2020 ist einfach nicht mehr Jahr“, wiederholt sie. „Mal sehen, wie 2021 wird.“

*Name geändert, der richtige Name ist der Redaktion bekannt.