Hochsauerlandkreis. Coronazahlen und Erkältungszahlen steigen und der Grippeimpfstoff wird knapp. Fünf Ärzte im HSK blicken auf den Winter – mit gemischten Gefühlen:
Die Corona-Zahlen im HSK steigen, der Kreis wird zum Risikogebiet. Spätestens jetzt ist klar, dass der Winter ein anderer wird. Mit Besorgnis schauen die Menschen auf die Erkältungssaison, die nun vor der Tür steht. So auch die Hausärzte im Altkreis Brilon. Wie ist die aktuelle Lage? Gibt es genug Grippeimpfstoff? Und wie schauen die Ärztinnen und Ärzte auf die kommende Erkältungssaison? Ärzte aus dem HSK geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Dr. Tim-Henning Förster aus Medebach
„Schon jetzt ist das Patientenaufkommen höher als in den Vorjahren“, sagt Dr. Tim-Henning Förster, Facharzt für Allgemeinmedizin in der Sauerlandpraxis Medebach. „Wir haben aktuell einen speziellen, externen Raum in dem wir Abstriche durchführen und erkältete Patienten untersuchen können ohne sie mit den „normalen“ Patienten zu vermischen.“ Für die Wintermonate plane die Sauerlandpraxis eine spezielle Infektsprechstunde, in der ausschließlich Infekte behandeln werden sollen. „Durch gute Koordination schaffen wir es noch, die Wartezeiten relativ gering zu halten. Es droht aber eine längere Wartezeit auf Termine für infektunabhängige Erkrankungen.“
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Mit einem knappen Grippe-Impfstoff sei zu rechnen, da schon Anfang des Jahres für die kommende Grippesaison vorbestellt werden müsse. Schon jetzt werden die Impfdosen knapp. „Wir hoffen auf eine Nachlieferung im November“, so Tim-Henning Förster. „Impfungen sind ein adäquates Mittel gegen Infektionskrankheiten, ein Großteil unserer Patienten hat die Möglichkeit bereits wahrgenommen, leider werden die Impfungen knapp, wir bemühen uns aber noch Nachschub zu bekommen.“
Dr. Stefan Hüttemann aus Olsberg
„Es häufen sich die Fragen nach einer Impfung gegen Influenza“, bestätigt Dr. Stefan Hüttemann, Teil der Gemeinschaftspraxis Medicus Olsberg. „Ich persönlich versuche zunächst, die Patienten dahingehend aufzuklären, dass es sich bei einer Erkältung um eine ganz normale Umstellung des Körpers von Sommer auf Winter handelt, bei der eine Impfung nutzlos ist.“ Vordergründig sei vitaminreiche Ernährung, Sport, eventuell Bettruhe oder ähnliches zur Stärkung des Immunsystems wichtig. „Allerdings bleibt zu berücksichtigen, dass sich Patienten über 60 oder bei Vorliegen einer Chronischen Erkrankung oder geschwächtem Immunsystem unbedingt gegen Influenza impfen lassen sollten“, sagt Stefan Hüttemann. In seiner Praxis würden sich derzeit verhältnismäßig viele Menschen gegen Grippe impfen lassen. „Da wir zu viert in einer Praxisgemeinschaft tätig sind, haben wir früh genug eine entsprechend große Menge an Impfstoff geordert und sind in der Lage, ohne große Wartezeiten für die Patienten, hiervon Gebrauch zu machen.“
Aktuell werde in der Praxis auf eine konsequente Einhaltung der Hygienemaßnahmen geachtet, führt Dr. Christoph Hüttemann weiter aus, der ebenfalls in der Olsberger Gemeinschaftspraxis arbeitet. Entsprechend sollen Patienten einen Mindestabstand einhalten und eine Händedesinfektion durchführen. Ohne Verwendung einer Schutzmaske darf kein Patient in die Praxis kommen. Von Vorteil ist es, wenn Patienten möglichst ohne Angehörige in die Praxis kommen. „Gegebenenfalls muss man sich auf eine Wartezeit außerhalb der Praxis einstellen, zum Beispiel im privaten PKW.“
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Aktuell sei ein deutlich erhöhtes Aufkommen in der Praxis zu beobachten. Dieses liege zum Einen daran, dass eine große Verunsicherung in der Bevölkerung herrsche, zum Anderen bestehe aber auch eine sehr hohe Nachfrage nach einer Grippeschutz-Impfung. Der Praxisansturm könne deutlich verringert werden, wenn der Praxisbesuch nicht unbedingt an einem Montag oder Dienstag Vormittag stattfinden müsse – ausgenommen akute Beschwerden. „Im privaten Umfeld appellieren wir an die Vernunft jedes einzelnen Patienten. Häufig beobachten wir aktuell, dass sich Patienten auf Hochzeiten, Geburtstagen etc. anstecken“, fügt Christoph Hüttemann hinzu.
Dr. med. Hans Günter Bäuerlein aus Brilon
„Es ist nur eine Frage der Organisation“, antwortet Dr. med. Hans Günter Bäuerlein aus Brilon auf die Frage, wie er sich auf die Erkältungssaison vorbereitet. Es sei jetzt schon ein wenig voller in seiner Praxis, da jeder mittlerweile mit einem Schnupfen zum Arzt geschickt werde.
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„Die Wartezeit kann sich schon verlängern, der Grippe-Impfstoff ist jetzt schon ausverkauft, es kommt aber noch eine Charge.“ Die Patienten sollten wie immer kurz vorher anrufen, dann könne man gemeinsam planen, wie ein Ansturm der Patienten auf die Praxis verhindert werden könne. Hans Günter Bäuerlein bereitet sich persönlich auf die Erkältungssaison mit gesundem Essen, viel Bewegung und „positivem Denken“ vor.
Dr. Thomas Kretzschmar aus Brilon
„Für den Winter ziehe ich mich warm an“, sagt Dr. Thomas Kretzschmar, Hausarzt aus Brilon. „Es wird gewöhnlich ab Herbst unruhiger. Während der ersten COVID-Welle blieben die Patienten eher die Praxis für Bagatellen, die häufig viel Arbeit machen. Daher erwarte ich keinen unlösbaren Ansturm.“ Zur Zeit herrsche eine gewisse Unruhe, weil jeder, der Erkältung habe, einen Abstrich machen wolle. „Das ist nicht so vorgesehen. Insofern macht der Telefondienst ziemlich Stress“, sagt der Arzt offen. „Da wir grundsätzlich Termine vergeben, ist die Wartezeit bei uns eher im Viertelstundenbereich, selten mehr. Notfälle können natürlich den Terminplan sprengen.“ Grippeimpfstoff sei noch genug vorrätig, allerdings werde es langsam enger.
Dr. med. Rikardo Mihalić aus Winterberg-Siedlinghausen
In den letzten drei Wochen hat Dr. med. Rikardo Mihalić aus Winterberg-Siedlinghausen so viel Grippeimpfstoff geimpft, wie in der gesamten letzten Saison. „Schon im April haben wir vorausschauend eine zweite Charge bestellt. Auf die warten wir gerade“, sagt er. „Wir haben mittlerweile unsere Routine in der Praxis gefunden, aber jeder Arzt handhabt das anders“, erklärt er.
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Manche würden einen Drive-In für die Abstriche anbieten, andere würden die Patienten dabei anleiten, den Abstrich selbst durchzuführen. In seiner Praxis in Siedlinghausen würden die Patienten bisher die Abstriche selbst durchführen. Für den Winter und die drohende Erkältungssaison mit einer erhöhten Abstrich-Zahl durch die zweite Welle, rüstet sich Rikardo Mihalić allerdings neu. So will er vor der Praxis einen Pavillon aufstellen, an dem er ebenfalls einen Drive-In für Corona-Tests anbieten wird. Durch eine Doppelgarage sollen die Patienten im Zweifelsfall ebenfalls für einen Abstrich oder eine Impfung geleitet werden, auf der einen Seite hinein, auf der anderen hinaus. „Das ergibt sich einfach dadurch, dass wir mehr Menschen haben, die einen Abstrich benötigen“, erklärt er. In dem neuen Pavillon soll auch das Wartezimmer ausgelagert werden – mit Heizpilz, für kältere Tage. „Wer zu früh zu einem Termin erscheint, wird wieder aus der Praxis geschickt. Wir haben unser Wartezimmer abgespeckt, statt zwölf Sitze bieten wir nur vier an und versuchen trotzdem, diese so leer wie eben möglich zu halten. Zum Schutz meines Teams und der Patienten.“ So sollen in Zukunft die Patienten entweder draußen oder in ihren Wagen warten. Jeder Patient bekäme einen Pager, ein kleines Gerät, der klingelt, wenn er die Praxis betreten dürfe. In der Praxis habe man einen Windfang mit Luke umgebaut, durch die die Patienten mit dem Praxis-Personal sprechen können – alles auf Abstand. „Wir sind Gott sei dank räumlich sehr flexibel und unabhängig von der Zahl der Patienten. Wir haben die Praxis nun gut gerüstet“, sagt Rikardo Mihalić.
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