Brilon. Das Schulzentrum in Brilon ist PCB-belastet. Frage: Sanierung oder Neubau? Der Rat Brilon traf eine Entscheidung – aber nicht eine erwartete.
Die Entscheidung über die Zukunft des Schulzentrums in Brilon wird der neue Rat treffen. Der zurzeit noch amtierende Rat beschloss am Donnerstagabend einstimmig, das Wirtschaftlichkeitsgutachten, das die Kosten für eine Sanierung und einen Neubau gegenüberstellt, weiter zu konkretisieren. Das wird etwa drei bis vier Monate Zeit in Anspruch nehmen und rund 80.000 Euro weitere Planungskosten verursachen. Die Tragweite der anstehenden Entscheidung ist dem Rat dieser zusätzliche Aufwand wert. CDU-Ratsherr Dieter Henke: „Das Schulzentrum darf nicht die Gorch Fock der Stadt Brilon werden.“
Zur Erinnerung: Die Generalüberholung des 1958 in Dienst gestellten Segelschulschiffs der Bundesmarine war auf 10 Millionen Euro geplant und wird letztlich rund 135 Millionen kosten. Um ganz so viel geht es in Brilon nicht. Hier reicht die Spanne von rund 18 bis 54 Millionen Euro.
30 der 38 Mandatsträger zu der Sitzung gekommen
Vom aktuellen Rat waren nur 30 der 38 Mandatsträger zu der Sitzung in der Gemeindehalle Alme gekommen, allerdings verfolgten schon zahlreiche der neuen Stadtvertreter die Präsentationen.
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Ausführlich stellte Bausachverständiger Dr. Sedat (Essen) noch einmal die Mustersanierung der PCB-belasteten Räume und die sich daraus ergebenden Konsequenzen dar: Um den Grenzwert von 300 Nanogramm PCB pro Kubikmeter Raumluft „auf Jahrzehnte“ sicher zu unterschreiben, muss das Obergeschoss des Schulzentrums auf Rohbauzustand gebracht und der restliche Bereich unterschiedlich intensiv saniert werden, zudem empfiehlt der Fachmann den Austausch sämtlicher Fensterfronten und den Aufbau eines Betondachs. Denn das Mitte der 70er Jahre errichtete Gebäude besitzt ein sogenanntes Trapezblechdach, das über so gut wie keine Masse als Wärmedämmung verfügt. Deshalb schnellen bei erhöhten Temperaturen im Obergeschoss die PCB-Werte so extrem in die Höhe; die Spitzenbelastung lag bei 16.000 ng/cbm.
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Im Schulzentrumsei eine, so Dr. Sedat, „sehr ungünstige“, weil besonders flüchtige PCB-Variante vorhanden, die leicht aus den Primärquellen ausdünstet und sich überall - inklusive des Mobiliars - ablagert. Deshalb seien auch Lufttauscher in den Klassenräumen ratsam.
Rat „vor einer historischen Entscheidung“
SPD-Sprecher Hubertus Weber sagte, dass der Rat „vor einer historischen Entscheidung“ stehe, die man nicht übers Knie brechen soll.
Das in diesem Sommer erstellte Wirtschaftlichkeitsgutachten stellt die Kosten für eine Sanierung denen eines Neubaus gegenüber. Am billigsten ist die kleinteilige Sanierung, bei der nur jeweils etwa zehn Prozent des Unterrichts in Container ausgelagert würde - das aber auf rund vier Jahre. Am teuersten ist mit 54 Millionen Euro der Abriss des Schulzentrums und der Neubau an gleicher Stelle. Während der Bauzeit würde der komplette Unterrichtsbetrieb in Container ausgelagert. Allein das schlägt sich mit neun Millionen Euro in der Kalkulation nieder.
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Die Briloner Bürgerliste (BBL) hat, wie am Mittwoch berichtet, den Bau eines neuen Schulzentrums hinter bzw. vor dem jetzigen ins Spiel gebracht und dabei auch die rund fünf Millionen Euro für den neuen MINT-Trakt auf die Sanierungskosten addiert. Zudem würden dabei weder Grundstückskosten noch die neun Millionen Euro Container-Miete anfallen, so dass es letztlich nicht um die Entscheidung zwischen 18 und Millionen Euro gehe, sondern um eine zwischen rund 30 und 43 Millionen.
Das Wirtschaftlichkeitsgutachten, so Architekt Peter Bee, zeige lediglich „Kosten-Korridore“ auf, in denen man navigiere. Fördermöglichkeiten gebe es kaum, allerdings seien die Zinsen für kommunale Kredite günstig, hieß es von Seiten der Verwaltung.
Sympathien für eine Neubau-Lösung
Neben der BBL zeigte auch die CDU Sympathien für eine Neubau-Lösung. Wolfgang Diekmann bezeichnete die Sanierung als „zu risikoreich“ und als „Flickwerk“. Diekmann verwies, ebenso wie BBL-Ratsherr Loos, auf den beispielhaften Neubau des HSK-Berufskollegs in Hüsten; beide sind Mitglieder des Kreistags. CDU-Sprecher Eberhard Fisch sagte, dass ein Neubau die Attraktivität des Schulstandorts steigern würde.
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Wie berichtet, hat die BBL zwei Standorte für einen Neubau vorgeschlagen: den Bereich mit dem Aschenplatz vor der Kreissporthalle oder aber den Schulhof nebst der zum Mühlenweg hin gelegenen Grünfläche hinter dem Petrinum. In diesem Baufenster ist allerdings ein Höhenunterschied von neun Metern vorhanden, wie Marcus Bange, Leiter des Gebäudemanagements, sagte; das entspreche drei Geschossen. Und der Aschenplatz sei bereits wegen der Neugestaltung des gesamten Sportparks verplant.
Bürgermeister Dr. Christof Bartsch sagte, dass auch Lehrer-, Schüler- und Elternschaft in die Entscheidungsfindung mit einbezogen werden müssten und lud alle an diesem Prozess Beteiligten ein, dabei mitzumachen.