Brilon/Paderborn-Lippstadt. Nach dem Antrag auf Insolvenz müssen der HSK und andere Anteilseigner Farbe bekennen. Wer steht zum Airport Paderborn-Lippstadt? Die Analyse:
Die Flüge nach Mallorca und auf die Kanaren wurden coronabedingt eingestellt. Auch der Lufthansa-Shuttle nach München soll vorübergehend bis Ende Oktober ruhen. Für den Paderborn-Lippstadt-Airport kommt es momentan knüppeldick. Am Dienstag hatte Geschäftsführer Dr. Marc Cezanne beim Amtsgericht Paderborn einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt. Damit steht das in den vergangenen Monaten ausgearbeitete Sanierungskonzept vor seiner Umsetzung. Wichtig: der Airport soll als Verkehrsflughafen mit 24-Stunden-Betrieb erhalten bleiben – nur alles etwas kleiner.
Einige steigen aus
Aber wollen überhaupt alle Gesellschafter auch in Krisenzeiten zum „Heimathafen“ stehen? Der Kreis Paderborn ist (mit bisher 56,38 Prozent) größter Anteilseigner. Mit im Boot saßen bislang außerdem Soest (12,26 Prozent), Gütersloh und Lippe mit je 7,84 Prozent, der Hochsauerlandkreis und Höxter mit je 3,92 Prozent, die Stadt Bielefeld (5,88) sowie die IHK Bielefeld (1,57) und die IHK Detmold (0,39).
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Einige haben bereits das Handtuch geworfen und ihre Anteile abgegeben. So will Bielefeld zum Beispiel seine Anteile an den Kreis Paderborn abtreten. Der Kreis kommt damit auf eine Beteiligung von 62,25 Prozent. Wie sich der Hochsauerlandkreis verhalten wird, ist eine politische Frage, die am 30. September im Wirtschaftsausschuss und am 9. Oktober im Kreistag beraten und verabschiedet werden soll. An den Sanierungskosten müssen sich die „Aussteiger“ aber auch beteiligen.
Flughafenbetreiber sind optimistisch
Nach aktueller Vertragslage steuert der Hochsauerlandkreis entsprechend seinem Gesellschafteranteil jährlich bis zu 100.000 Euro zu den Betriebskosten bei.
In der Phase der Restrukturierung gilt bislang eine bis zum Jahr 2022 befristete höhere Zahlung mit bis zu jährlich 200.000 Euro. Das hatte der Kreis noch vor wenigen Wochen mitgeteilt. Die Restrukturierung verfolgt das Ziel, die betrieblichen Abläufe kurzfristig so zu gestalten, dass der unverändert als Verkehrsflughafen agierende Airport den von den Gesellschaftern aufzubringenden Finanzierungsbedarf danach dauerhaft so begrenzt, das der vom Hochsauerlandkreis zu tragende Anteil maximal bei 100.000 Euro pro Jahr liegt. Der Paderborner Kreistag hat unterdessen beschlossen, zur Deckung des Liquiditätsbedarfes außerplanmäßig 13,7 Millionen Euro bereit zu stellen.
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Die Flughafenbetreiber sind optimistisch, dass dem heimischen Airport gerade durch das Insolvenzverfahren eine positive Zukunftsperspektive eröffnet werde, heißt es in einer Presse-Mitteilung . „Insbesondere aufgrund massiv rückläufiger Flugbewegungen durch Corona ist eine umfangreiche Unternehmenssanierung notwendig geworden“, so Dr. Cezanne. Tatsächlich liegen die aktuellen Passagierzahlen um 85 Prozent unter dem Niveau des Vorjahreszeitraumes und es wird voraussichtlich noch einige Zeit dauern, bis die Passagierzahlen wieder annähernd das Vorkrisen-Niveau erreichen.
Schon vor der Coronakrise Geld knapp
Aber auch bereits vor der aktuellen Krise hatten die Erlöse des Flughafens nicht ausgereicht, um die Betriebs- und Investitionskosten zu decken. Der Jahresverlust 2019 war so hoch, dass er aufgrund beihilferechtlicher Vorgaben in dieser Höhe nicht mehr durch die kommunalen Gesellschafter kompensiert werden durfte. In entsprechenden Leitlinien der EU heißt es u. a., dass die Gesellschafter nur maximal 2,5 Millionen Euro zuschießen dürfen.
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Es wurde zwar ein Antrag gestellt, diese Beihilfen auf fünf Millionen Euro jährlich zu erhöhen. Aber selbst dieser Betrag, so der Airport in einer Pressemitteilung, „würde nicht mehr ausreichen, um die laufenden, corona-bedingt noch einmal deutlich gestiegenen Verluste zu decken. Das heißt: Selbst wenn die Gesellschafter des Flughafens bereit wären, höhere laufende Kosten zu tragen, wäre das beihilferechtlich unzulässig. Die EU-Kommission vertritt die Auffassung, dass Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften ihre Betriebskosten in der Regel selbst tragen sollten.
PB bleibt Verkehrsflughafen
In dem Sanierungskonzept ist vorgesehen, dass der Paderborn/Lippstadt Airport den Status eines Verkehrsflughafens mit Flugsicherung behält und weiterhin 24 Stunden am Tag in Betrieb sein wird. Angesichts der geringeren Flugbewegungen ist es jedoch kaufmännisch nicht vertretbar, die Kapazitäten für die Flugzeugabfertigung im bisherigen Umfang vorzuhalten. Eine allgemeine Reduzierung der Kapazitäten für die Flugzeugabfertigung werde wesentlich zur Kostensenkung beitragen, so die Geschäftsführung.
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Dies bedeute aber nicht, dass zukünftig geplante Flüge abgewiesen werden. Der Flughafen: „Sobald der Bedarf wieder zunimmt, wird es möglich sein, die Infrastruktur des Flughafens sukzessive bis zu ihrer Kapazitätsgrenze von deutlich mehr als 1 Million Passagieren jährlich auszulasten.“
Massiver und schmerzhafter Personalabbau
Weniger Flugbewegungen erfordern zwangsläufig auch die Anpassung der Kostenstrukturen durch einen . Daher laufen bereits Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen möglichst sozialverträglichen Abbau von rund 100 Arbeitsplätzen auf nur noch 65. Einbezogen wurden außerdem die Gewerkschaften zum Abschluss eines Tarifvertrages, um einen 24-Stunden-Dienst für die Flughafenfeuerwehr einführen zu können. Dieser ist unverzichtbarer Bestandteil der Sanierung.
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Das Amtsgericht Paderborn hat dem Antrag auf Sanierung in Eigenverwaltung stattgegeben. Vorausgegangen war die Bestellung eines erfahrenen Sanierungsexperten zum Generalbevollmächtigten des Flughafens. Diese Funktion übernimmt der Bielefelder Rechtsanwalt Dr. Yorck Streitbörger. Mit seiner Unterstützung will das Management die eingeleitete Restrukturierung fortsetzen und das Unternehmen im Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung finanziell neuaufstellen. Ein Baustein ist hier das von der Arbeitsagentur gezahlte Insolvenzgeld. Dadurch sind die Löhne und Gehälter der 167 Mitarbeiter bis einschließlich November bereits gesichert. Ein Finanzierungskonzept für die mit der Insolvenz in Eigenverwaltung verbundenen Sanierungskosten liegt bereits vor. Vorgesehen sind unter anderem Zahlungen der Gesellschafter.
Standortsicherung
„Die Insolvenz in Eigenverwaltung und die in diesem Rahmen erfolgende Sanierung wird keine negativen Auswirkungen auf Fluggäste und Flughafennutzer haben. Die Sanierungsmaßnahmen dienen vielmehr dazu, den für die Region wichtigen Flughafenstandort langfristig zu sichern. Gleichzeitig wird die finanzielle Belastung der Anteilseigner und damit der Städte und Kommunen deutlich gesenkt,“ wird Dr. Streitbörger in einer Presse-Info des Airports zitiert.