Brilon/Paderborn-Lippstadt. Der Flugbetrieb geht weiter, nur kleiner. Der Flughafen Paderborn-Lippstadt hat am Dienstag einen Insolvenzantrag in Eigenregie gestellt.

Es ist kein schöner Tag für die Mitarbeiter des Paderborn-Lippstadt-Airports: Dr. Marc Cezanne hat am Dienstag in seiner Funktion als Geschäftsführer der Flughafens Paderborn/Lippstadt GmbH beim Amtsgericht Paderborn einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt. Damit steht das in den vergangenen Monaten ausgearbeitete Sanierungskonzept vor seiner Umsetzung.

85 Prozent weniger Passagiere

Dem heimischen Airport wird so eine positive Zukunftsperspektive eröffnet, heißt es in einer Presse-Mitteilung. .„Insbesondere aufgrund massiv rückläufiger Flugbewegungen infolge der Corona-Krise ist eine umfangreiche Unternehmenssanierung notwendig geworden“, so Dr. Cezanne. „Tatsächlich liegen die aktuellen Passagierzahlen um 85 Prozent unter dem Niveau des Vorjahreszeitraumes und es wird voraussichtlich noch einige Zeit dauern, bis die Passagierzahlen wieder annähernd das Vorkrisen-Niveauerreichen.“

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Aber auch bereits vor der aktuellen Krise reichten die Erlöse des Flughafens nicht aus, um die Betriebs- und Investitionskosten zu decken. Der Jahresverlust 2019 führte zu einem Liquiditätsabfluss, der aufgrund beihilferechtlicher Vorgaben in dieser Höhe nicht durch die kommunalen Gesellschafter kompensiert werden durfte. Konsens herrscht darüber, dass die Flughafengesellschaft in Zukunft nur bestehen kann, wenn die Kostenstrukturen an die zu erwartenden Erlöse angepasst werden.

Status „Verkehrsflughafen“ bleibt erhalten

In dem Sanierungskonzept ist vorgesehen, dass der Paderborn/Lippstadt Airport den Status eines Verkehrsflughafens mit Flugsicherung behält und weiterhin 24 Stunden am Tag in Betrieb sein wird. Angesichts der geringeren Flugbewegungen ist es jedoch kaufmännisch nicht vertretbar, die Kapazitäten für die Flugzeugabfertigung im bisherigen Umfang vorzuhalten. Eine allgemeine Reduzierung der Kapazitäten für die Flugzeugabfertigung werde wesentlich zur Kostensenkung beitragen, so die Geschäftsführung.

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Dies bedeute aber nicht, dass zukünftig geplante Flüge abgewiesen werden. Der Flughafen: „Sobald der Bedarf wieder zunimmt, wird es möglich sein, die Infrastruktur des Flughafens sukzessive bis zu ihrer Kapazitätsgrenze von deutlich mehr als 1 Mio. Passagieren jährlich auszulasten.“

Anpassung an Kostenstrukturen

Weniger Flugbewegungen erfordern zwangsläufig auch die Anpassung der Kostenstrukturen durch einen massiven und schmerzhaften Abbau des Personalkörpers. Daher laufen bereits Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen möglichst sozialverträglichen Abbau von Arbeitsplätzen. Einbezogen wurden außerdem die Gewerkschaften zum Abschluss eines Tarifvertrages, um einen 24-Stunden-Dienst für die Flughafenfeuerwehr einführen zu können. Dieser ist unverzichtbarer Bestandteil der Sanierung.

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Das Amtsgericht Paderborn hat dem Antrag auf Sanierung in Eigenverwaltung stattgegeben. Vorausgegangen war die Bestellung eines erfahrenen Sanierungsexperten zum Generalbevollmächtigten des Flughafens. Diese Funktion übernimmt der Bielefelder Rechtsanwalt Dr. Yorck Streitbörger. Mit seiner Unterstützung kann das Management die eingeleitete Restrukturierung fortsetzen und das Unternehmen im Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung finanziell neuaufstellen. Ein Baustein ist hier das von der Arbeitsagentur gezahlte Insolvenzgeld. Dadurch sind die Löhne und Gehälter der 167 Mitarbeiter bis einschließlich November bereits gesichert.

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Finanzierungskonzept

Ein Finanzierungskonzept für die mit der Insolvenz in Eigenverwaltung verbundenen Sanierungskosten liegt bereits vor. Vorgesehen sind unter anderem Zahlungen der Gesellschafter. Dies sind die Landkreise Paderborn, Soest, Gütersloh, Lippe,Hochsauerland, Höxter, die Stadt Bielefeld sowie die Industrie- und Handelskammern Ostwestfalen zu Bielefeld und Lippe. Derzeit befinden sich die Gesellschafter in einem engen Austausch über die zukünftige Eigentümerstruktur und die Beteiligung an den Sanierungskosten.„Die Insolvenz in Eigenverwaltung und die in diesem Rahmen erfolgende Sanierung wird keine negativen Auswirkungen auf Fluggäste und Flughafennutzer haben.

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Die Sanierungsmaßnahmen dienen vielmehr dazu, den für die Region wichtigen Flughafenstandort langfristig zu sichern. Gleichzeitig wird die finanzielle Belastung der Anteilseigner und damit der Städte und Kommunen deutlich gesenkt,“ so Dr.Streitbörger.

Zu unterscheiden sei zwischen den einmaligen Sanierungskosten im Rahmen eines Insolvenzplans und den laufenden Betriebskosten. Letztere müssten zwingend gesenkt werden, weil die EU-Kommission bislang nur Betriebsbeihilfen von 2,5 Mio. Euro jährlich genehmigt hat.

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Es wurde zwar ein Antrag gestellt, diese Beihilfen auf 5 Mio. Euro jährlich zu erhöhen, aber selbst dieser Betrag würde nicht mehr ausreichen, um die laufenden, Corona-bedingt noch einmal deutlich gestiegenen Verluste zu decken. Selbst wenn also die Gesellschafter des Flughafens bereit wären, höhere laufende Kosten zu tragen, so wäre dies beihilferechtlich unzulässig. Kosteneinsparungen sind somit zwingend notwendig.