Hochsauerlandkreis. Derzeit jagen häufig Bundeswehr-Kampfjets mit bis zu 800 km/h im Tiefflug über den HSK. Das Luftfahrtamtes der Bundeswehr zum Grund der Einsätze.

Die Bundeswehr bestreitet Zunahme von Tiefflügen über dem Sauerland. Rein gefühlt waren es in den vergangenen Jahren allerdings schon einmal weniger Tiefflieger unterwegs. Momentan sind es wieder mehr. Ein Telefongespräch auf dem Balkon war neulich Vormittag nicht mehr möglich: Aus dem Nichts tauchte der Kampfjet am Himmel auf und jagte mit ohrenbetäubendem Getöse über das Dorf. Sogar abends gegen kurz vor 21 Uhr flogen die Düsenjäger letztens über die Dächer.

Und immer wenn die Tiefflieger mit ohrenbetäubendem Lärm über das Sauerland fliegen, werden Erinnerungen wach. Erinnerungen an jenen 23. Juni 2014. Damals kollidierte ein Learjet der Gesellschaft für Flugzieldarstellung aus Schleswig Holstein mit einem Eurofighter Typhoon aus Nörvenich. Der Learjet geriet in Brand und wurde zerstört. Beide Insassen kamen ums Leben. Das Hauptwrack schlug nur wenige Meter neben der Wohnbebauung in Olsberg-Elpe auf. Einzelne andere Teile trafen auf einer Linie von drei Kilometern Länge vor dem Hauptwrack auf den Boden.

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Wir wollten wissen, ob es nur eine persönliche Wahrnehmung ist oder ob das Sauerland wieder vermehrt Zielgebiet für militärische Übungsflüge ist. Auf eine schriftliche Anfrage antwortete ein Sprecher des Luftfahrtamtes der Bundeswehr wie folgt:

Werden in letzter Zeit wieder vermehrt Übungsflüge über dem Hochsauerland gemacht?

Grundsätzlich ist über dem gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland militärischer Flugbetrieb zulässig. Informationen über ein spezielles Übungsvorhaben im Hochsauerland, das zu einer vermehrten Anzahl an militärischen Flugbewegungen führen könnte, liegen nicht vor.

Werden Flurouten z.B. über das Sauerland langfristig geplant oder kommt die Gegend im Rahmen des Fluges kurzfristig aufs Tapet?

Militärischer Tiefflugbetrieb am Tage ist nicht an bestimmte Streckenführungen gebunden, sondern erfolgt im Rahmen der freien Streckenwahl durch die jeweiligen Verbände. Die Planung des täglichen Routineflugbetriebs ist von mehreren Faktoren, wie z.B. der vorherrschenden Wetterverhältnisse, Ausbildungsvorhaben der Verbände sowie der technischen Verfügbarkeit der Luftfahrzeuge abhängig. Eine Vorhersage, wann und wo diese Übungs- und Ausbildungsflüge durchgeführt werden ist somit nicht möglich.

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Wie tief und wie schnell sind die Maschinen unterwegs?

Die für den Tiefflug von Kampfflugzeugen einzuhaltende Mindestflughöhe beträgt 1000 Fuß. Das entspricht etwa 300 Metern über Grund. Diese Mindestflughöhe darf nach vorheriger Anmeldung in wenigen aber unverzichtbaren, festgelegten Ausnahmen bis auf 500 Fuß (ca. 150 m über Grund) unterschritten werden. Beim Überflug von Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern ist für Kampfflugzeuge eine Mindesthöhe von 2000 Fuß (ca. 600 m über Grund) einzuhalten. Die durchschnittliche Geschwindigkeit der Kampfflugzeuge beträgt hierbei etwa 800 km/h.

Gibt es zeitliche Beschränkungen von wann bis wann und in welcher Minimal-Höhe Übungsflüge erlaubt sind?

Grundsätzlich ist militärischer Flugbetrieb an 24 Stunden am Tag zulässig. Militärischer Übungsflugbetrieb ist grundsätzlich von Montag bis Freitag im Zeitraum von 7 bis 24 Uhr zulässig. An Wochenenden und gesetzlichen Feiertagen ruht der militärische Übungsflugbetrieb.

Von wo starten die Maschinen, die hier über das Sauerland fliegen?

Allen in der Bundesrepublik Deutschland Flugbetrieb durchführenden Verbänden steht grundsätzlich das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung.

Ermittler der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) untersuchen am 24.06.2014 auf einer Wiese bei Elpe (Nordrhein-Westfalen) die Absturzstelle eines Learjets.
Ermittler der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) untersuchen am 24.06.2014 auf einer Wiese bei Elpe (Nordrhein-Westfalen) die Absturzstelle eines Learjets. © dpa | Matthias Balk

Werden solche Übungsflüge wie damals in Olsberg-Elpe, bei denen Flugsituationen mit einem Learjet geübt wurden, heute noch gemacht?

Bei dem vermutlich angesprochenen Flugunfall handelte es sich um einen Übungsabfangeinsatz. Diese Einsätze sind Bestandteil der fliegerischen Ausbildung und werden nach wie vor durchgeführt.

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Bürgertelefon der Bundeswehr zu Militärflügen

Die Bundeswehr hat eigens ein Bürgertelefon eingerichtet, das man unter 0800 8620730 kontaktieren kann, sofern einem ungewöhnliche militärische Flugbelastungen auffallen.

Es ist übrigens möglich, jeden Flug nachzuverfolgen. Erreicht das Luftfahrtbundesamt der Bundeswehr eine Anfrage zu einer konkreten Flugbeobachtung, können dort die gespeicherten Radardaten untersucht werden. Flugroute, Flughöhe und Geschwindigkeit der betreffenden Luftfahrzeuge werden genau auf einem elektronischen Kartenhintergrund rekonstruiert. Dabei werden auch die dazugehörigen Informationen aus dem Flugplan, die vorherrschenden Wetterbedingungen und die allgemeine Luftraumstruktur berücksichtigt. Die Fachleute sprechen von „Tracing“ (to trace = „nachspüren, ausfindig machen).

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Die Hauptaufgabe dieser Abteilung liegt in der Nachverfolgung militärischer Flugbewegungen. Alle diese Daten werden zusammengetragen, bewertet und vor dem Hintergrund geltender Vorschriften beurteilt. Anschließend werden die Ergebnisse zusammengefasst und schriftlich der Person oder Institution erläutert, die zur Flugbeobachtung eine Anfrage gestellt hat. Sollte bei der Auswertung festgestellt werden, dass geltende Regeln oder Vorschriften durch die Luftfahrzeugbesatzungen nicht beachtet wurden, wird dieser mutmaßliche Verstoß weitergehend untersucht.

Falls in der Folge schuldhaftes Verhalten nachgewiesen wird, kann dies zu einer disziplinaren Ahndung führen. „Tracer“ wird ebenfalls einbezogen, sobald vermehrt Anfragen zu militärischen Flugbewegungen, zum Beispiel über das Bürgertelefon, aus einer einzelnen Region eingehen. Durch Flugdichte-Analysen können dann Schwerpunkte im militärischen Flugbetrieb erkannt werden. Diese werden der zuständigen Kommandobehörde übermittelt, um daraus Empfehlungen an die fliegenden Geschwader zur Verlagerung des Flugaufkommens zu veranlassen. Die Veränderung bestehender An- und Abflugrouten im Bereich von Flugplätzen setzt allerdings immer die technisch-physikalische und fliegerische Umsetzbarkeit voraus.

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