Winterberg. Einst gewann Udo Keune aus Bochum bei einer Tombola Urlaub in Winterberg. Nun tritt als FDP Bürgermeister-Kandidat an. Seine Ziele überraschen.
Noch ist er im Rennen um das Bürgermeisteramt der relativ Unbekannte: Udo Keune aus Bochum tritt für die Freien Demokraten an. Fremd in der Stadt ist der 1953 geborene Mann aus dem Revier aber nicht: Seit er 1980 eine Woche Winterberg-Nebensaison-Urlaub bei einer Tombola gewonnen hat, ist er regelmäßig dort. Die WP trifft ihn coronakonform auf dem Balkon der Ferienwohnung in der Kernstadt, die ihm und seiner Frau seit 1989 gehört.
Damals, erinnert er sich, dauerte die Anfahrt aus Bochum über zwei Stunden und die Heizung in der Ferienwohnung brauchte eine Vorlaufzeit. Bis es warm genug wurde, setzte sich das Ehepaar deshalb in eine nahe gelegene Kneipe – „so knüpften wir eine Menge Kontakte und Winterberg wurde eine Art zweite Heimat.“ Regelmäßige Besuche des Schützenfestes und Mitgliedschaft im Verein inbegriffen.
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Dass er viele Jahre später als Bürgermeister kandidieren würde, konnte damals niemand vorhersehen. „Ich war so leichtsinnig zu sagen: Wir können drüber reden, wenn es euch gelingt, mit der FDP alle Wahlkreise zu besetzen und wenn Werner Eickler nicht mehr kandidiert.“
Transparentere Entscheidungen
Seitdem der Diplom-Finanzwirt 2016 pensioniert wurde, hat Keune etliche Ratssitzungen als Zuschauer miterlebt und dabei Dinge festgestellt, die ihm nicht gefallen. „Ich hatte oft den Eindruck, dieser Rat ist eine Veranstaltung von zwei, drei Leuten plus Publikum. Oft vermisse ich Erklärungen, warum etwas nicht weitergeht – und bin zugleich erstaunt, wie schnell manche Entscheidungen fallen, nach denen es dann heißt: Das ist jetzt so und nicht mehr zu ändern.“ Kurzum, ihm fehle oft eine offene Diskussionsgrundlage und ein Mitnehmen der Bürger im Vorfeld.
Was wäre bei einem Wahlerfolg sein zentrales politisches Anliegen? „Wirtschaftsförderung.“ Neuansiedlungen von bestenfalls familiengeführten Betrieben seien nötig – um geeignete Maßnahmen vorzuschlagen, brauche er aber zunächst eine Bestandsaufnahme. Neuansiedlungen brauchen auch neue Gewerbeflächen. Diese sollten auch außerhalb der Kernstadt und auf bereits versiegelten und Brachflächen entstehen, denn auch Ökologie sei ein immens wichtiges Thema. „Wir müssen den Bestand halten und aufforsten; es wurde schon zu viel kaputtgemacht.“ Um die Stadt für neue und bestehende Firmen attraktiver zu machen, befürwortet Keune eine Senkung des Gewerbesteuer-Hebesatzes auf 400 Prozent [derzeit liegt er bei 450 Prozent, d.Red.].
Für die Entwicklung des wichtigsten Wirtschaftszweigs der Stadt hat Keune deutlich andere Vorstellungen als seine Mitbewerber. Der Tourismus sei zu „einer Monokultur“ geworden, der man zu viel geopfert habe. Als ein Beispiel nennt er den Bau des neuen Ferienparks auf dem ehemaligen Freibadgelände. „Entsetzt“ sei er gewesen, dass das „fantastische Freibad“ nicht erhalten wurde, sagt der passionierte Schwimmer, der sich als junger Mann zwischen einer Laufbahn in der Verwaltung oder als Schwimmtrainer entscheiden musste.
Mehr Kur- und Gesundheitstourismus
Keune stellt sich die künftige Entwicklung des Tourismus unter seiner Person anders vor: „Deckel auf die Kapazitäten, sanfterer Tourismus und zurück zu mehr Kur- und Gesundheitsangeboten.“ Diese Sparte wieder verstärkt zu beleben, darin sieht er eine lohnende Option für die Stadt. Für die Gäste, vor allem aber für die Einwohner sei auch der Erhalt des Krankenhauses und eine gute ambulante und hausärztliche Versorgung unverzichtbar.
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Auch beim großen Thema Parken – hier holte Winterberg mit einer 3,42 seine schlechteste Heimatcheck-Note – will er weniger Nachsicht mit den Touristen walten lassen (siehe Randspalte). „Ich kann nicht verstehen, warum es keine Anwohnerparkplätze gibt und vermisse, dass tatsächlich abgeschleppt wird, egal ob gelbes oder weißes Kennzeichen. Auch bei Touristen muss man dafür sorgen, dass sie vernünftig parken.“
Thema öffentlicher Nahverkehr: Als Ferienwohnungsbesitzer zahle er 72 Euro Abgaben im Jahr. Dafür könnten er und seine Frau umsonst den Nahverkehr nutzen. „Und wenn wir Kinder hätten, dürften auch diese umsonst fahren. Da frage ich mich, wie die Kosten-Nutzen-Rechnung aussieht. Und wenn so etwas für Touristen finanzierbar ist – warum nicht auch für die Bürger selbst?“ Welche Projekte in Winterberg wären in der Vergangenheit nicht umgesetzt worden, wenn Keune etwas zu sagen gehabt hätte? Da fallen ihm gleich mehrere ein: „Das 365-Tage-Osterei [das Oversum, d.Red.], der Landal-Park, der Upland-Park auf dem alten Freibadgelände und die neuen Ferienwohnungen auf dem ehemaligen Hotel-Claassen-Gelände. Dieses Grundstück hätte ich seitens der Stadt zu einem früheren Zeitpunkt kaufen lassen.“
Keine Skepsis gegenüber freier Schule
Als Bürgermeister werde er sich nicht scheuen, Bürgerversammlungen abzuhalten und sich im Vorfeld von Projekten kritische Fragen gefallen zu lassen. Zum Beispiel beim Thema Grundschulen: „Wenn Eltern ihre Kinder auf eine freie Schule schicken möchten, will ich sie daran nicht hindern“, nimmt Keune Stellung zur Diskussion um die mögliche Gründung einer Grundschule in freier Trägerschaft.
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Die bisherige Stadtspitze steht dem Ansinnen skeptisch gegenüber, da sie um den Fortbestand der städtischen Grundschulen fürchtet. Ein Argument, das für Keune nicht zählt: „Wenn wir es verhindern, gründet sich eine solche Schule eben anderswo, mit den gleichen Effekten für Winterberg. Alles, was passiert, ist Elternwille. Und wenn dadurch für eine staatliche Schule die Anmeldungen nicht mehr reichen, dann ist das so.“
>>> Udo Keune zu den Ergebnissen des WP-Heimatchecks
Beim Thema Parken hat Winterberg seine schlechteste Schulnote (3,42) im WP-Heimatcheck bekommen. FDP-Bürgermeisterkandidat Udo Keune liegt dieses Thema ganz besonders am Herzen. Im Juni hatte die Stadt die Parksituation als „im Großteil des Jahres durchaus komfortabel“ bezeichnet.
Keune sieht das anders und äußert sich im Hochsommer schriftlich so dazu: „Betrachten wir das Thema doch einmal anhand eines praktischen Beispiels: Ein Hotel bewirbt aus Wettbewerbsgründen immer öfter seinen günstigsten Übernachtungspreis, das bedeutet, dass in der Werbung ein Preis für die Übernachtung (ohne Frühstück) ausgewiesen wird. Das ist eine wirtschaftlich vernünftige Entscheidung. Bekanntlich unterliegt diese Leistung der Umsatzsteuer mit dem ermäßigten Steuersatz von zur Zeit 5 Prozent.
Gäste meiden teures Hotelparken
Aber warum sollte es im Steuerrecht so einfach sein: Sofern in diesem Preis auch Nebenleistungen (zum Beispiel die Nutzung von Sauna, Schwimmbad, Fitnessraum, unentgeltlicher Parkplatz, Telefon, Minibar) enthalten sind, unterliegt dieser Anteil der Umsatzsteuer zum vollen Steuersatz von zur Zeit 16 Prozent.
Verständlicherweise möchte der Hotelier die im Übernachtungspreis enthaltenen Nebenleistungen so gering wie möglich halten. Das gelingt, wenn zum Hotel Parkflächen gehören, die nur mit Zugangsberechtigung genutzt werden können. Hier wird ein gesonderter Preis für die Nutzung der Parkfläche im Kleingedruckten zusätzlich zum Übernachtungspreis ausgewiesen.
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Obwohl die Parkplatznutzung obligatorisch sein sollte, entscheidet der Gast: Entgeltlicher Hotelparkplatz oder gratis Nutzung des öffentlichen Parkraums. Wie würden Sie sich als Gast entscheiden?
Vorschlag: Parkverbote
Wie sich einige Gäste der Ferienparkanlage Hapimag entscheiden, kann man Am Dumel bestaunen. Laut seiner Webseite erhebt Hapimag von seinen Gästen eine obligatorische Parkgebühr für die Nutzung des Parkhauses von 7 Euro am Tag. Gleichwohl nutzen viele Gäste allem Anschein nach die Jakobusstraße als unentgeltlichen Parkraum.
Wie kann man das Problem Am Dumel lösen? Mit einer vernünftigen Parkraumbewirtschaftung durch die Stadt. Spätestens beim ersten Schneefall ist das vollständige Chaos vorprogrammiert – wie soll der Winterdienst räumen?
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Mein Vorschlag lautet: ein absolutes Halteverbot zwischen 22 und 6 Uhr einrichten. In der übrigen Zeit: Parken auf der Straßenseite bergab für maximal zwei Stunden erlauben, aber nicht auf dem Bürgersteig. Anwohnern bei Bedarf einen kostenlosen Parkausweis ausstellen, der das Parken auch für mehr als zwei Stunden erlaubt. Strikte Überwachung des Parkraums und Ahndung der Verstöße.
Nicht nur am Dumel, sondern im gesamten Stadtgebiet muss man die Parkplatzsituation umgehend objektiv beurteilen und, wo erforderlich, Maßnahmen treffen“, fordert Keune abschließend.