Hochsauerlandkreis. Für Banken ist die Corona-Krise eine herausfordernde Zeit. Ein Gespräch mit Sparkasse und Volksbank im HSK über Angst, Unsicherheit und Hilfen.

Einzelhandel, Tourismus, Gastronomie – jede Branche hat Corona anders erlebt. Was sie alle verbindet ist der Kontakt zu den örtlichen Banken. Im Interview erzählen Andreas Decker, Vertriebsleiter, Volksbank Brilon-Büren-Salzkotten eG, und Ingo Ritter, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Hochsauerland, wie sie die Krise erlebt haben und welche Sorgen an sie herangetragen wurden.

Wie haben Sie die Krise erlebt?

Andreas Decker (Volksbank): Es war und ist uns wichtig, dass wir jederzeit persönlich für unsere Kunden da sein können. Daher waren die Standorte in Brilon, Büren, Salzkotten, Bad Wünnenberg und Olsberg auch während der gesamten Lockdown-Phase geöffnet. Für die Sicherstellung der Betriebsfähigkeit wurden kritische Bereiche geteilt und die Mitarbeiter auf mehrere Standorte verteilt. Wir haben in der ersten Phase die digitale Kommunikation mit den Kunden stark ausgebaut und uns in der Beratung ausschließlich auf den telefonischen Dialog beziehungsweise Videokonferenzen fokussiert. Nach einigen Wochen haben wir auf ausdrücklichen Kundenwunsch die persönliche Beratung unter Einhaltung von Hygienevorschriften ermöglicht. Die vorausschauenden Investitionen in unser Kunden-Dialog-Center und Business-Center, erweisen sich täglich als richtig und in diesen Zeiten unendlich wertvoll, um mit unseren Mitgliedern und Kunden auch ohne persönliche Begegnung in Kontakt zu bleiben.

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Um den lokalen Einzelhandel zu unterstützen, wurde von unserer Seite die Plattform „VR-ExtraPlus Hilft“ hier in der Region ausgerollt und aktiv beworben. Über diese Plattform können bei den teilnehmenden Händlern und Gastronomen online Gutscheine gekauft werden. Als weitere Unterstützung haben wir kürzlich den regionalen Vereinen, die unverschuldet durch Corona in eine Notlage geraten sind, die Möglichkeit gegeben, sich für eine Spende zu bewerben. Wir fühlen uns in diesen schwierigen Zeiten den Menschen in der Region ganz besonders verbunden. Daher konnten wir den Vereinen und Institutionen mit Volksbank Gewinnsparmitteln in Höhe von insgesamt 100.000 Euro schnell und unbürokratisch helfen. Innerhalb eines Monats haben wir etliche Bewerbungen erhalten, gesichtet und uns dafür entschieden, das Spendengeld nun an rund 100 unterschiedliche Vereine in der Region zu vergeben.

Ingo Ritter (Sparkasse): Partikel des Corona-Virus sind gerade einmal 160 Nanometer groß. Und doch ließen sie über Nacht eine bis dahin boomende Wirtschaft einfrieren. Die rasche Verbreitung des Corona-Virus ist allerdings primär ein medizinischer Schock, der uns allen die Unsicherheit und die Unwägbarkeiten des Lebens und dessen Endlichkeit plötzlich beunruhigend vor Augen führt. Positiv zu werten ist, dass die Corona-Krise eine Reihe von Entwicklungen beschleunigt hat. Veränderungen, die ohnehin anstanden, sind wesentlich schneller als gedacht und mit großer Selbstverständlichkeit Teil unseres Alltags geworden. Am deutlichsten wird das bei der Digitalisierung.

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Im Zuge von Home-Office-Lösungen, dem Ausweichen auf virtuelle Zusammenarbeit, kontaktlose Bezahlverfahren und Online-Banking hat sie einen deutlichen Schub erfahren. Denn mit diesen Maßnahmen lassen sich die in der Pandemie geltenden Abstandsregeln leben und Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen persönliche Kontakte vermeiden wollen, schützen. Selbst die Bargeldverfügungen an den Geldautomaten wurden signifikant weniger. Die Kunden setzten vorrangig aus hygienischen Gründen verstärkt auf bargeldloses Bezahlen per EC-Karte oder mobiles Bezahlen per Handy.

Mit welchen Anliegen und Sorgen sind die Bürger auf Sie zugekommen?

Decker: Ein Großteil der Anfragen an uns drehten sich um das Thema Zahlungsfähigkeit: „Was passiert, wenn ich arbeitslos werde oder in Kurzarbeit gehen muss?“ Wir haben aber auch ein großes Interesse an den Möglichkeiten des Online-Bankings und weiteren Online-Lösungen wie der VR-BankingApp festgestellt, um auch von zu Hause nahezu alle Bankgeschäfte abwickeln zu können. Andere Kunden haben wir mit Informationen zum Kapitalmarkt versorgt.

Ritter: In den ersten Wochen nach dem Lockdown herrschte in Deutschland vielerorts Verunsicherung. Viele Privatkunden und Mittelständler fürchteten um ihre wirtschaftliche Existenz. In dieser Zeit hat die Sparkasse Hochsauerland im Rahmen ihrer Hausbankfunktion und in Zusammenarbeit mit den öffentlichen Förderbanken einen wesentlichen Beitrag dafür geleistet, dass die Hilfsprogramme von Bund und Ländern schnell bei den Kunden ankamen – von Tilgungsaussetzungen für Privatkunden bis hin zu Überbrückungskrediten für Mittelständler.

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Es galt, unseren Kunden möglichst schnell über die aktuellen Entwicklungen bei den Hilfsprogrammen zu informieren, sie bei der Beantragung bestmöglich zu unterstützen und ihre Liquidität zu sichern. Das Ganze haben wir weitestgehend unkompliziert und unbürokratisch hinbekommen. Kurzerhand wurden in eigenen Onlineseminaren durch die Sparkasse alle Infos rasch und übersichtlich erklärt, so dass die Unternehmen alle wichtigen Informationen zu den Förderungen kompetent erhalten haben. Die besondere Herausforderung war, mit der Ungewissheit über den weiteren Verlauf der Pandemie umzugehen. Mit dem eigens eingerichteten Gutschein-Portal „www.helfen.gemeinsamdadurch.de“ konnten inhabergeführte Geschäfte Gutscheine anbieten, die seitens der Kunden liquiditäts-unterstützend gekauft wurden.

Was haben Unternehmer und Geschäftsführer (auch im Hinblick auf inhabergeführte kleinere Geschäfte) für Sorgen an Sie herangetragen?

Decker: Für viele Unternehmen ergaben sich durch die Corona-Krise existenziell kritische Entwicklungen oder Planungsunsicherheit. Die Unternehmer/Selbstständigen hatten hier großen Informationsbedarf zu den Fördermöglichkeiten. In vier Kunden-Webinaren haben sich über 300 Unternehmens- /Firmenkunden bei uns über die Möglichkeiten der aufgelegten Liquidiätshilfeprogramme informiert. Im Dialog mit den Unternehmern und auch kleineren Geschäften ging es im Schwerpunkt um die Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit bzw. der Optimierung der laufenden Kosten. Hier wurden gemeinsam mit dem jeweiligen Bankberater individuelle Lösungen gefunden, um Engpässe im Rahmen der Lockdown-Phase zu überwinden.

Wie lief die Zusammenarbeit mit den Unternehmern? Gab es die Möglichkeit, fällige Zahlungen zu verschieben? Wie flexibel konnte man in der Krise zusammenarbeiten?

Decker: Der partnerschaftliche Austausch zwischen den Unternehmen und uns - ihrer Hausbank - war sehr intensiv und hat dazu beigetragen das Vertrauensverhältnis weiter zu stärken. In Krisenzeiten, in denen kurzfristige und schnelle Abstimmungen erforderlich sind, zahlt es sich einfach aus mit den richtigen Fachleuten vor Ort zusammenzuarbeiten. Neben der gesetzlichen Pflicht der Tilgungsaussetzung haben wir individuelle Lösungen zu den Zahlungsmodalitäten gefunden.

Ritter: Die Beratung erfolgte weitgehend über die digitalen Kanäle – online-Meetings bzw. Telefonkonferenzen. Es fand ein enger Austausch mit Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Unternehmensberatern statt.

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Wir haben individuelle Lösungen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen erarbeitet, insbesondere zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit durch Bewilligung (Förder-)Kredite und Entlastungen in Form von Tilgungsaussetzungen. Bereits im März 2020 hat sich die Sparkasse Hochsauerland entschieden, die Möglichkeiten von Tilgungsaussetzungen bei Darlehen unserer Kunden, die von der Corona-Krise betroffen sind/waren, wesentlich auszuweiten - einfach und unbürokratisch. Auch der im Anschluss folgende gesetzliche Anspruch von Verbrauchern auf Stundung der Zins- und Tilgungsleistungen für die Monate April bis Juni 2020 wurde natürlich von uns ermöglicht. Anzumerken ist, dass ein Schwerpunkt der Finanzierung von Investitionen in der Krise in Bereich Effizienz, Digitalisierung und Automatisierung liegt. Die Summe der Bewilligungen der Förderkredite Corona bei der Sparkasse Hochsauerland beträgt rund 35 Millionen Euro.

Wie sieht das mit Zahlungen von Privatmenschen aus? Gab es auch dort die Möglichkeit, Kredite zu stunden oder Zahlungen zu verschieben?

Decker: Ja, diese Möglichkeiten gab es. Neben der gesetzlichen Pflicht der Tilgungsaussetzung haben wir passende Lösungen für individuelle Situationen gefunden - und das schnellstmöglich.

Ritter: Auch mit Privatkunden wurden für eine Aussetzung oder Stundung von Krediten problemlose, individuelle und schnelle Lösungen gefunden. In den Gesprächen mit unseren Kunden haben wir viele positive Rückmeldungen zu unseren Entscheidungen bekommen.

Haben Sie den Eindruck, dass es jetzt – nach dem Lockdown – wieder vorwärts geht? Wie schauen Sie in die Zukunft?

Decker: Durch den guten Branchenmix und den starken Mittelstand in unserer Region sehen wir mit Zuversicht in die Zukunft. Verstärkt durch die Corona Pandemie, erleben wir einen erhöhten Beratungsbedarf, den die Kunden auf Grund des guten Hygienekonzeptes gerne in Anspruch nehmen. Solidarität, gegenseitige Achtsamkeit und gemeinsame Verantwortung – das macht uns als regionale Genossenschaftsbank aus. Darauf werden wir aufbauen und unsere genossenschaftliche Stärke bei der gemeinsamen Bewältigung der für uns alle schwierigen Situation einbringen. Als regional bedeutendes Unternehmen und starker, partnerschaftlicher Arbeitgeber passen wir uns den veränderten Rahmenbedingungen an, prüfen Optionen ruhig und besonnen und agieren flexibel und zukunftsorientiert. Unsere Strategie als regionaler, digitaler Lebenspartner ist hoch aktuell und gefragt.

Ritter: Das öffentliche Leben wird langsam wieder hochgefahren und kehrt schrittweise zu einer neuen Normalität zurück.

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Glücklicherweise scheint aber nun eine konjunkturelle Bodenbildung einzusetzen. Inzwischen werden wieder Investitionen in unserer vom Tourismus geprägten und wirtschaftlich breit gefächerten Region getätigt Trotzdem muss man die lokalen Ausbrüche beobachten und weiterhin vorsichtig sein. Eine enge Begleitung unserer Kunden ist uns weiterhin sehr wichtig. Es geht vorwärts, aber Einschränkungen werden weiterhin notwendig sein und sind sinnvoll. Wir würden natürlich auch gern wieder Angeboten zu Kunst und Kultur anbieten. Aber, da sind wir vorsichtig. Das Risiko, Infektionen zu fördern, ist uns einfach zu groß. Da möchten wir gern die weitere Entwicklung der Pandemie abwarten. Wichtig ist, sich an die Vorgaben zu halten und andere zu schützen, nicht nur sich selbst. Damit schützen wir nicht nur unsere Gesundheit, sondern mit geringen Neuinfektionen auch die Wirtschaft vor Ort und damit unser aller Arbeitsplätze. Die Sparkasse Hochsauerland wird mehr denn je ihren Fokus auf das Wohlergehen der Region richten und alles in ihrer Kraft Stehende tun, um diese weiter voranzubringen und zu fördern.

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