Winterberg. Eine Frau wird in Winterberg angefahren – scheinbar mit Absicht. Das Oper ist querschnittsgelähmt. Weshalb es nie ein Verfahren geben wird.
Eine Touristin wird in Winterberg angefahren und schwer verletzt. Sie bleibt querschnittsgelähmt. Die Ermittlungsbehörden gegen zunächst sogar von einem versuchten Totschlag aus. Denn das Opfer wurde vermeintlich absichtlich überfahren. Der Vorfall schockiert viele Menschen im HSK. Nun sind die Ermittlungen beendet – und es wird kein Verfahren eingeleitet. Weder wegen versuchtem Totschlag, noch wegen fahrlässiger Körperverletzung. Dass der Unfall ohne strafrechtliche Konsequenzen bleibt, ist ungewöhnlich. Rechtsanwalt Oliver Brock aus Brilon erklärt, weshalb der Rechtsstaat in diesem Fall so handelte.
Was ist geschehen?
Am 1. Dezember 2019 kommt es zu einem schweren Verkehrsunfall auf der Straße Am Waltenberg. Eine damals 78-jährige Fußgängerin aus Oberhausen wird bei einem Zusammenstoß mit einem Auto auf dem Gehweg schwer verletzt.
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Die Autofahrerin ist auf der Straße in Richtung Innenstadt unterwegs. „Auf gerader, trockener Strecke geriet das Auto nach links von der Fahrbahn ab, überfuhr einen Park- und Grünstreifen und stieß gegen die Fußgängerin. Vor einer Mauer blieb das Auto schließlich stehen“, heißt es seinerzeit in einer ersten Meldung von Staatsanwaltschaft und Polizei. Die schwer verletzte Seniorin wird mit einem Rettungshubschrauber in ein Krankenhaus geflogen.
Was ist den Ermittlern vor Ort aufgefallen?
Bei der Unfallaufnahme gibt die Fahrerin, eine Frau aus dem Hochsauerland, an, absichtlich gegen die Seniorin gefahren zu sein. Sie macht auf die Beamten einen verwirrten Eindruck. Die Frau wird in ein Krankenhaus eingewiesen, eine Blutprobe wird entnommen und ihr Pkw sichergestellt. Die Staatsanwaltschaft leitet Ermittlungen wegen versuchtem Totschlags ein.
Welche Folgen hat das Unglück?
Rechtsanwalt Oliver Brock aus Brilon vertritt die schwer verletzte Seniorin aus dem Ruhrgebiet. „Meine Mandantin ist seit dem Unfall ab dem Bauch abwärts querschnittsgelähmt.“ Sie ist an einen Rollstuhl und das Bett gefesselt. Die Fahrerin wurde in eine psychiatrische Einrichtung zur Untersuchung und Behandlung eingewiesen.
Welche Ermittlungsergebnisse sind nun abschließend bekannt?
„Die Unfallfahrerin war zum Unfallzeitpunkt wohl psychisch krank“, erklärt Oliver Brock. So sei durch ein von der Staatsanwaltschaft Arnsberg eingeholtes fachpsychiatrisches Sachverständigengutachten festgestellt worden, dass die Frau zum Tatzeitpunkt schuldunfähig gewesen ist. Die Unfallfahrerin wurde nach dem Vorfall in eine fachpsychiatrische Klinik überstellt.
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Dort sei eine medikamentöse Einstellung eingeleitet worden. Rechtsanwalt Brock erklärt weiter, dass laut Gutachten von der Unfallfahrerin jetzt keine Gefahr für weitere Straftaten ausgehen würden. Die Staatsanwaltschaft Arnsberg stellte auf dieser Grundlage das nach dem Unfall eingeleitete Verfahren ein, so Rechtsanwalt Brock weiter. „Dieses Ergebnis ist in der Öffentlichkeit und auch insbesondere meiner Mandantin gegenüber nur sehr schwer zu vermitteln. Anlässlich des eingeholten Gutachtens hat die Staatsanwaltschaft Arnsberg jedoch das Verfahren gegen die Unfallfahrerin einstellen müssen“. Dabei handele es sich um eine juristische Ausnahmesituation. Üblicherweise folge auch bei Straftaten, die im Zustand einer Schuldunfähigkeit oder erheblich verminderten Schuldfähigkeit begangen wurden, eine Anklageerhebung mit Hauptverhandlung. Sofern dann von einem Angeklagten weitere Straftaten zu erwarten sind, erfolgt durch das Gericht eine Einweisung in den Maßregelvollzug (Psychiatrie). Nur in Ausnahmefällen – wie in diesem – bei dem zwar eine Schuldunfähigkeit zum Vorfallszeitpunkt vorlag, jedoch keine weiteren Gefahren mehr von der beteiligten Person ausgehen, erfolge eine Verfahrenseinstellung, so Brock weiter.
Welches Problem zieht das Fehlen eines Verfahrens nach sich?
Es habe Schwierigkeiten mit der Versicherung der Unfallfahrerin gegeben, so Brock. Da eine lange Zeit nicht klar war, ob es sich um ein Verkehrsunfallgeschehen oder eine Straftat (versuchter Totschlag) handelt, hat die Haftpflichtversicherung der Unfallfahrerin die Regulierung der Schadenersatzansprüche der querschnittsgelähmten Frau zurückgestellt. Dabei braucht die Seniorin Pflegehilfen, wie ein Bett oder den Rollstuhl und auch das Haus des Ehepaares musste vollständig umgebaut werden. Mit Vorlage der strafrechtlichen Einstellungsmitteilung der Staatsanwaltschaft Arnsberg hat die Versicherung der Unfallfahrerin auf Drängen von Rechtsanwalt Brock nunmehr erste Beträge bezahlt. Anlässlich der Schwere der Verletzungen ist dieses umso wichtiger, so Brock. Anderenfalls verbliebe nur der Weg über die Verkehrsopferhilfe, um die berechtigten Schadenersatzansprüche der Fußgängerin durchzusetzen.
Info:
Die Haftpflichtversicherung deckt nicht nur Unfälle, sondern auch Personenschaden ab, der anderen zugefügt wird – sofern der Versicherte dies nicht absichtlich getan hat, wie es bei einem versuchten Totschlag der Fall gewesen wäre. Personenschäden sind alle Schäden, die durch die Verletzung, Gesundheitsschädigung oder den Tod von Personen entstehen.
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